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NACHWUCHSSPEZIAL TEIL III - PHILOSOPHIEFRAGEN

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Leipzig - (24.02.2014) Wie bilden die Akademien internationaler Talentschmieden ihren Nachwuchs aus und welchen Weg schlägt die Jugendarbeit von RB Leipzig ein? Im dritten Teil unseres Specials versuchen wir, Antworten zu geben.

"Immer mehr 1.Liga und 2.Liga Vereine haben erkannt, dass Jugendabteilungen Profitcenter in ihren Vereinen sind", Thomas Albeck (RB Leipzig), als Sportlicher Leiter des NLZ vom VfB Stuttgart.

Sei das Zitat und der erste Teil der Reihe Ausgangspunkt, so zeigt sich, dass die Talentwerbung und Entwicklung einem stärker werdenden Wettbewerb folgt. Dabei heißt es das eigene Angebot besser zu gestalten als die Konkurrenz. Doch was macht die Konkurrenz, mit welchen Philosophien wird an den Topadressen ausgebildet? Der folgende Teil soll einen Blick auf die Eliteakademien werfen und dabei schauen, welcher Weg für Leipzig möglich wäre.

Als Raphael Varane mit 18 Jahren von Lens nach Madrid ging, wechselten 10 Millionen Euro den Besitzer, für den 19-jährigen Isco nahm das vor zwei Jahren noch potente Malaga 6 Millionen Euro in die Hand, um ihn zwei Jahre später für 30 Millionen Euro weiterzuverkaufen. Illarramendi verließ für 30 Millionen San Sebastian und Rekordtransfer Gareth Bale (für 91 Mio zu Real Madrid) war Tottenham einmal 15 Mio Euro Ablöse an Southhampton wert. Die Tendenz ist klar: Talentschmieden sollen nicht mehr nur Kicker für die eigenen Mannschaften ausbilden, sondern auch eine Einnahmequelle sein. So verstehen sich heute schon viele Klubs als Ausbildungsverein, welche Talente ausbilden und sie dann wieder verkaufen. Klubs wie eben Lens (20,3 Mio Euro Transfereinnahmenin den letzten 3 Jahren durch Eigengewächse), Sporting Lissabon (23 Mio.) oder Ajax Amsterdam (31 Mio), aber auch viele weitere Vereine in ganz Europa. Wenn so hohe Summen fließen, dann gibt es Vereine, die bereit sind, tief in Tasche zu greifen, um gut ausgebildete Spieler zu verpflichten. Nicht selten wird dabei gerade von der UEFA hingeschaut, ob diese Zahlung noch im Verhältnis stehen. Um dieses Verhältnis genauer in den Fokus zu setzen, schlug der europäische Verband einen neuen Weg ein und führte 2010 das Financial Fairplay (FFP) in die Fußballwelt ein.

Dieses FFP soll Ablösen und Gehälter von Profispielern ins Verhältnis mit zu Einnahmen eines Vereins setzen. Überzieht der Verein dabei ein bestimmtes Defizit (derzeit 45 Mio Euro), drohen Sanktionen. Dabei definiert die UEFA genau, was relevante Einnahmen und Ausgaben sind. In dem Artikel 58 (Seite 33 bzw Seite 38 des PDFs) der UEFA Regularien für die Lizensierung ist die Nachwuchsarbeit explizit von der Bewertung ausgenommen und so kann davon ausgegangen werden, dass vor allem die Sünder, auf die die UEFA ein Auge geworfen hat, zukünftig versuchen werden, eben in diesem Bereich mit horrenden Summen zuzuschlagen. Bis 2018 gilt die aktuelle Formulierung, dann will sich die UEFA erneut zusammensetzen und sich vermutlich zu schärfen Regeln entschließen. Es könnte dann sein, dass die Nachwuchsarbeit und Infrastruktur die einzigen Posten sind, welche frei von finanziellen Restriktionen betrieben werden können. Die betreffenden Vereine (so fern nicht schon geschehen) werden zum einen die besten Talente schon vor dem Profialter binden wollen, um eben die Ablösen als Nachwuchsarbeit abzustempeln und zum anderen durch Talentverkauf Bilanzen ausgleichen, die durch einen Einkauf unausgeglichen wurde. Da aber Geld eben nicht allein Spieler ausbildet, werden die Talente, Eltern und Berater bei den Nachwuchsakademien genau hinschauen, wie ausgebildet wird. Dabei wird als Quelle die Arbeit einer Arbeitsgruppe genutzt, die sich neben dem Vorsitzenden Rummenigge (Bayern München) unter anderem noch aus Maarten Fontein (AZ Alkmaar), Bodo Menze (FC Schalke 04), Liam Brady (Arsenal FC), Konstantin Kornakov (Heart of Midlothian FC) und Jan Skýpala (FK Teplice) zusammensetzt. Diese Nachwuchs "Task Force" (ECA) vergleicht wertungsfrei die Nachwuchsarbeit von mehreren Teams in Europa und fasst die Ergebnisse im "REPORT ON YOUTH ACADEMIES IN EUROPE" zusammen.

Eine der berühmtesten Nachwuchsakademien der Welt ist La Masia. Die Talentschmiede des FC Barcelona beziffert die jährlichen Kosten für den Betrieb des Nachwuchses einschließlich der U23 auf 20 Millionen Euro. 36 Trainer, an welche keine Bedingung bezüglich der Erfahrung gestellt werden sollen, betreuen rund 250 Spieler, die sich zu 70% aus Katalanen, 20% aus Spaniern und 10% ausländischen Talenten zusammensetzt. In La Masia wird schon im Alter von 8 Jahren mit dem taktischen Training begonnen, die Arbeit an den Gewichten startet jedoch erst mit 17. Trainiert werden die U13 Spieler dreimal die Woche, in höheren Altersklassen viermal für anderthalb Stunden. Mit dabei ist immer der Ball, so dass der Fokus auf Pass- und Abfangübungen liegt. Ab der U8 nehmen die Spieler in La Masia an den Ligawettkämpfen teil. Bis zur U13 mit 7 gegen 7, danach bereits mit 11 gegen 11. Abseits der Fakten will La Masia die "Mehr als nur ein Club" (mes que en club) Philosophie an die Spieler weitergeben. Dabei soll jedem Nachwuchsspieler dieselbe Aufmerksamkeit wie einem Profi gegeben werden. Es lässt sich noch vieles über diese berühmte Akademie schreiben, aber das Erwähnte reicht und umfasst die Kernpunkte. 

Der nächste Blick geht in die Niederlande zur Nachwuchsakademie von Ajax Amsterdam. Die auf 6 Millionen Euro bezifferte Nachwuchsarbeit umfasst 13 Trainer, die ehemaliger Spieler sein und auch ausreichend Erfahrung mitbringen sollen, und um die 200 Spieler, die zu 95% Niederländer und zu 5% aus einem anderen Land sind. Die taktische Arbeit soll mit 12 Jahren beginnen und die Arbeit mit Gewichten ist keine Pflicht und soll auch nur maximal 30 Minuten am Tag umfassen. Die Trainingsanzahl ist gleich mit der von La Masia (dreimal U12, viermal darüber), die Trainingsdauer umfasst jedoch zwei Stunden. Im Kern der Trainingseinheiten soll immer ein Ball sein und die Übungen bei höhstem Tempo absolviert werden. Der Fokus liegt dabei auf Ballbesitz, Positionsspiel und T.I.P.S. (Technique, Insight, Personality and Speed/ zu deutsch: Technik, Verständnis, Persönlichkeit und Tempo). Auch in der Amsterdamer Akademie wird mit 8 Jahren im Ligabetrieb angetreten. Während der Entwicklung wird der Spieler immer wieder anhand des T.I.P.S. bewertet. Damit bedienen sich die Amsterdamer Verantwortlichen einem einheitlichen Werkzeug, um die jungen Talente zu bewerten. Genügt ein Spieler diesen Kriterien nicht, dann wird er die Akademie verlassen müssen. Dieser Druck auf die Nachwuchskicker soll auf spätere Drucksituationen vorbereiten. Die Fußballidee kann man gut mit einem Zitat zusammenfassen: "Ergebnisse ohne Schönheit sind langweilig und Schönheit ohne Ergebnisse ist sinnlos." (Johan Cruyff)

Eine weitere namhafte Adresse im Nachwuchsfußball ist Arsenal London mit dem von Arsene Wenger ausgegebenen Motto: "Der Fokus liegt nur auf Qualität." Das mit 3 Millionen Euro angegebene Nachwuchszentrum beschäftigt 18 Trainer, die ehemalige Spieler mit einem gewissen Maß an Erfahrung aus höheren Spielklassen, und um 180 Spieler die zu 5% aus dem Ausland kommen. Die taktische Schulung beginnt im Alter von 14 Jahren, das Gewichttraining mit 15 (zweimal die Woche). Der Fokus liegt dabei auf Talent, Intelligenz und Motivation. Ein Fakt, der Arsenal von den Schulen in Amsterdam und Barcelona unterscheidet ist die späte Teilnahme an einem Ligabetrieb. So wird erst ab der U18 in einer organisierten Liga über eine Saison gespielt. Unterhalb dieser Altersklasse nehmen die Mannschaften auschließlich an Turnieren und Freundschaftspielen ohne jede Wertung teil. Im Fokus steht der Spieler und seine eigenen Fähigkeiten. Nachwuchsleiter Liam Brady formuliert der Philosophie folgend dazu: "Schlüsselfaktor für den Erfolg: Fokus auf den Spieler, nicht die Mannschaft."

Es ließen sich noch einige Akademien mit anderem Fokus aufzählen mit häufigerem Training, Fokus auf Athletik oder mit reinem Mannschaftsgedanken. Die Grundidee ist klar. Jede Nachwuchsakademie hat ihren Fokus und bildet passend zur eigenen Spielidee aus. Sollen die bisherigen Philosophiepunkte auf RB Leipzig übertragen werden, dann muss die Spielidee formuliert werden: Hoher Ballgewinn durch gruppentaktisches Pressing und schnelles Spiel zum Tor. Die Anforderung an die Nachwuchshoffnungen werden also vor allem im Bereich Athletik und Spielverständnis/Schwarmintelligenz liegen. Die Umsetzung dieser Philosophie würde dabei sicher nicht nur mich interessieren. Leider hält man sich bei RB Leipzig noch zurück mit Informationen zur Ausbildung, Struktur und Organisation des Nachwuchsleistungszentrumes. Ein Versäumnis, was hoffentlich bald nachgeholt wird, denn eine Talentschmiede braucht auch Werbung für sich selber. Wenn die Gegenwart kaum Aufschluss gibt, dann soll die Vergangenheit herhalten. In dieser waren Albeck und Schrof die Leiter der Akademie in Stuttgart, welche sich in einer Powerpointpräsentation (Stand 2011) des VfB Stuttgart vorstellt. Die Schwaben beschäfitgten zu jenem Zeitpunkt 23 hauptberufliche und 45 nebenberufliche Mitarbeiter und umfasst ca. 200 Spieler. Dabei wird hier ähnlich wie in London erst mit einem reinen Freundschaftsspiel/Turniermodus bis zur U14 gearbeitet. Erst danach nehmen die Mannschaften an einem regulären Ligabetrieb teil. Die Nachwuchskicker sollen dann Spielsysteme gelehrt bekommen, welche mit mindestens zwei Angriffsspitzen (möglich ein 4-4-2, 4-3-1-2 oder auch 4-3-3) agieren. Die Spieler sollen dann über das System auch die eigenen Fähigkeiten entwickeln und so das System stärken. Und so soll eine Mannschaft am Ende der Ausbildung die folgenden Punkte beherrschen:

Alle VfB Mannschaften spielen offensiv, ballsicher, dominant, mutig, aggressiv, laufintensiv sowie mit ständiger Angriffsbereitschaft.

Wir spielen zielstrebig und mit hoher Ballsicherheit. Alle Spieler sind an der Torerzielung beteiligt.

Wir agieren ballorientiert. Alle Spieler sind an der Torverhinderung beteiligt.

Unser Ausbildungskonzept sichert die Umsetzung unserer Spielphilosophie.

Sicherlich ist hier auch viel Eigenwerbung dabei, aber die Tendenz deckt sich mit der Philosphie Zorniger/Rangnicks. Um die Talente zu bewerten, greift dabei auch der VfB Stuttgart auf ein Bewertungssystem zurück. Zur Talentbewertung bei Sichtung werden dabei mehrere Modelle benutzt. TIPS, wie von Ajax Amsterdam bekannt, das "Stiffness Model" (Steifigkeitsmodell) welches Beweglichkeit, kognitive Fähigkeiten und Aktionsdynamik bewertet und allgemeine Kriterien, wie die Veranlagung. Diese sogenannten Prädiktoren (oder Prognosedaten) werden dann in der Talentdiagnostik ausgewertet. 

Natürlich ist eine Nachwuchsakademie noch viel mehr als nur die Summe der Spielklassen und der Qualifikation der Trainer. Am Cottaweg werden viele Kinder und Jugendliche durch die prägensten Jahre ihrer Entwicklung gehen und so ist natürlich eine sehr gute pädagogische Betreuung genauso wichtig, wie die Möglichkeiten zu einem zweiten Standbein wie einer Ausbildung oder dem Studium. Die Trainer, Betreuer und Verantwortlichen werden also nicht nur Fußballer formen, sondern auch die Persönlichkeit und den Charakter jedes einzelnen Spielers beeinflußen. Solche Aufgaben kann ich weder in Worte fassen, noch in Vergleich stellen und so bleibt der Fokus weiter auf dem rein sportlichen, wenngleich auch klar ist, dass eben Nachwuchsarbeit mehr als Sport ist.

Als Fazit bleibt, dass es viele wohlunterscheidbare Philosophien gibt, die jede für sich auf das Ziel des "Wie will ich Fußball spielen" abgestimmt ist. RB Leipzig wird sich dabei durch Rangnick und dem Duo Schrof/Albeck im Nachwuchsbereich prägen lassen. Da es keinen Grund zur Annahme gibt, dass die Verantwortlichen von dem bisherigen erfolgreichen Weg in Stuttgart abrücken, wird das Ziel  sein als Mannschaft geschlossen zu attackieren und zu verteidigen und dabei aggressiv und laufintesiv zu Werke zu gehen. Dabei ein Profil zu entwickeln, dass eben die Akademie am Cottaweg eine Marke wird, wie La Masia in Barcelona oder De Toekomst in Amsterdam wird viele Jahre dauern und nur über eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit und Durchlässigkeit möglich sein. Da Leipzig über eine sportwissenschaftliche Fakultät verfügt, hat auch die Messestadt die Möglichkeit auf dem Gebiet der Forschung sich voranzuarbeiten und vielleicht auch einen Weg zu finden, um nicht genutzte Potentiale zu erschöpfen oder sogar neue Wege zu gehen. Um diese Potentiale und Wege soll es im vierten Teil gehen.

Teil I
Teil II

crank


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