LVZ 08.01.2011 "Ein unglaubliches Geschenk"

Presseberichte zu RB Leipzig
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Maradona
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LVZ 08.01.2011 "Ein unglaubliches Geschenk"

Beitrag von Maradona » Sa Jan 08, 2011 12:43 am

Red-Bull-Trainingszentrum: Club investiert 30 Millionen am Cottaweg und nicht nur OBM Burkhard Jung ist happy

Leipzig. Als diese Zeitung am 31. August 2010 den Cottaweg als künftige RB-Trainingsstätte outete, dementierten Club und Rathaus schnell und heftig. Das waren, nun ja, Notlügen. Verständliche Notlügen. Die Gemengelage war und ist eine sensible, auf der neuen Weide der Roten Bullen wehen schon vorm Spatenstich böige Winde. Es geht um Flora und Fauna, Naturschutz, Vertreibungen aus dem Paradies, vermeintliche Verabredungen im stillen Kämmerlein. Und es geht um schrecklich viel Geld.
Von Guido Schäfer
Seit gestern ist es offiziell: Der von Red-Bull-Milliardär Dietrich Mateschitz, 66, flott gemachte Bundesliga-Verein in spe richtet sich häuslich ein, wird runde 30 Millionen Euro investieren. In Sichtweite zur Red-Bull-Arena, am Cottaweg. Vom Ja-Wort des Stadtrates ist eingedenk der in Saal 405 des Neuen Rathauses verbreiteten Euphorie unbedingt auszugehen.
Damit auch jeder die epochale Bedeutung des RB-Einstiegs verinnerlicht, spannte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) einen historischen und wirtschaftlichen Bogen. In L.E. steht die DFB-Wiege, der erste Deutsche Meister kommt aus Leipzig, ein WM-Stadion ist auch da. Die jüngere Fußball-Vergangenheit sei aber: desaströs. "Red Bull ist für Leipzig ein unglaubliches Geschenk. Das ist eine Wirtschaftsansiedlung im größeren Stil. Wenn RB in der Bundesliga spielt, sind 4000 bis 6000 neue Arbeitsplätze entstanden." Pulverschnee von morgen. Der heutige ist viertklassig, matschig.
Eckdaten des Mega-Deals: Im März rollen die Bagger an, im Sommer sollen vier der sechs Fußballplätze stehen/liegen, Container als Umkleiden dienen. 2012 erfolgt der Startschuss für den zweiten Bauabschnitt. Internat, Umkleidetrakt, Büroräume, verkehrstechnische Anbindung. 2013 fällt der Hammer. Das Projekt umfasst 92 000 Quadratmeter, RB zahlt 30 000 Euro jährlich Erbpachtzins an die Kommune. Der Erbpachtvertrag läuft 50 Jahre. Am Vertragsende wäre Herr Mateschitz 116 Jahre alt. Ob er dann noch Lust und Zeit hat? Wie RB-Fußball-Boss Dietmar Beiersdorfer mitteilt, ist das Leipziger Vorhaben "eine langfristige Unternehmens-Investition", unabhängig von Lust, Laune und Vitalität des Red-Bull-Gründers. Prädikat wertvoll: Die heimische Wirtschaft profitiert. "Wir müssen die Bauaufträge als privater Investor nicht ausschreiben", sagt RB-Geschäftsführer Dieter Gudel, "werden das aber trotzdem tun. Die ansässigen Unternehmen rund um Leipzig sollen eingebunden werden."
Die von Jung, Bürgermeister Heiko Rosenthal (Linke), Beiersdorfer und Gudel gereichte Botschaft sollte eine Völkerverbindende sein: Es waren keine geheimen Männerbünde am Werk, der Vertrag zwischen Club und Stadt trägt allen Problemzonen Rechnung. Ja, Natur- und Landschaftsschutz-Gebiet werden tangiert. Mit grünem Daumen und in Abstimmung mit der Umweltbehörde, die laut Rosenthal "keine erheblichen Auswirkungen auf das Auen-System" sieht. Unvermeidbare Beeinträchtigungen werden vor Ort oder an anderer Stelle ausgeglichen. Auge um Auge, Baum um Baum also. Eine Eingriffs-/Ausgleichsbilanz wird durch die Fachämter überprüft. Kleinmesse, BSV Schönau, Motodrom und der TC Grün-Weiß müssen nicht weichen. Insgesamt kommen auf die Stadt Planungskosten von 60 000 Euro zu. Ein überschaubarer Beitrag.
Die Macher von RB Leipzig (Trainer Tomas Oral bat gestern zum ersten Training 2011) haben den aktuell realitätsfernen Aufstieg in die dritte Liga nicht ad acta gelegt. Letztes Indiz: Im Februar wird ein neuer, 150 000 Euro teurer Rasen in der Arena verlegt. Auf diesem Teppich soll endlich die fußballerische Klasse zum Tragen kommen. Bliebe nur noch ein Problemfeld: die Auswärtsspiele. © Standpunkt
Standpunkt
Leipzig sollte damit leben können

Von Winfried Wächter

Eine Investition von etwa 30 Millionen Euro ist kein Freibrief, aber sehr wahrscheinlich in jeder deutschen Stadt willkommen. Wer ein solches Engagement ablehnt, muss gute Gründe haben.
Leipzig hat sie nicht - ohne die Sorgen der Naturschützer und Anwohner gering zu schätzen. Wenn an dieser Stelle, an der nun das RB-Trainingsgelände entstehen soll, seit Jahr und Tag Sport getrieben wird, bislang auch Motorradlärm der benachbarten Speedwayfahrer kein Grund zur Be­anstandung war, dann sollte eine ­solche Anlage möglich sein. Zumindest so, wie sie gestern vorgestellt wurde: Mit (nur) sechs Plätzen und ohne Verbindung zur Erich-Köhn-Straße. Letztere vor allem wurde befürchtet, womit ein neuer Anschluss zur Merseburger Straße und damit zur Autobahn direkt durch Lindenau führen würde. Das wurde von den Verantwortlichen ebenso ausgeschlossen wie eine spätere Erweiterung des Trainingszentrums. Damit sollte Leipzig leben können.

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