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Die Spieler in der Einzelkritik – VfL Wolfsburg

Die Spieler in der Einzelkritik – VfL Wolfsburg

Ausverkaufte Hütte, toller Pokalfight und ein abgebrühter Gegner, dessen Topstürmer gegen unsere Leipziger wenig zur Geltung kam. Wie schlugen sich die Einzelspieler im Mittwochshighlight und war Rangnicks leichte Kritik nach Spielende gerechtfertigt?

Ein aufregender Pokalabend liegt hinter uns, am Montag wartet bereits der KSC in der Liga. Trotzdem bleibt noch etwas Zeit, die Leistungen der Rasenballer im El Plastico einzuordnen, ehe das Tagesgeschäft Zweite Liga ruft.

Ein Großteil der Stadionbesucher ging trotz Niederlage zufrieden nach Hause. Sicher gab es auch hier und da einige kritische Stimmen, aber vor allem eine stach besonders heraus, kam sie doch aus dem Munde des Sportdirektors, der letzten Endes unzufrieden ob der verpassten Chancen und leichten Fehler war, die zum Sieg der Wölfe führten. Dies ist, gerade gemessen an Rangnicks Erfolgsdenken, natürlich eine zulässige Betrachtungsweise. Insgesamt zeigte Wolfsburg jedoch die reifere Spielanlage und legte mit einer starken Defensive (63% Zweikampfquote!) und präzisen Gegenstößen (wenn auch größtenteils ungenauen Abschlüssen) die Probleme der Spielanlage Leipzigs offen. Einer Spielanlage, die sich in den letzten Spielen positiv von den finalen Auftritten unter Alex Zorniger abhebt. Weiterentwicklung sehr wünschenswert!

Zuständig für den neuen Wind unter den Schwingen ist Achim Beierlorzer, der den flügellahmen neues Leben eingehaucht hat. Dabei hatte er es zuletzt nicht gerade leicht. Auftaktniederlage, Unentschieden in Braunschwieg mitsamt Torchancenflut der Gastgeber und erzwungener Dauerumstellungen des einzigen Mannschaftsteils, der in der Hinrunde konstante Leistungen brachte.

Gerade dies sollte auch gegen die Wölfe ein, wenn nicht sogar DER entscheidende Faktor werden. Compper weiterhin durch grippalen Infekt außer Gefecht, Hoheneder immer noch nicht bei den erforderlichen 100%, Defensiv-Stabilisator Khedira (trotz seiner Offensivschwächen ein wichtiger Faktor als MF-Abräumer!) für vier Wochen verletzt und letztlich kurz vor dem Spiel auch noch Teigl mit Hüftproblemen raus. Als wäre das noch nicht genug, folgte die frühe Verletzung Sebastians als "Sahnekirsche" obendrauf – nicht gerade die besten Voraussetzungen, um einer der besten Offensivreihen der Bundesliga Paroli zu bieten, insofern kann man dem Team im Spiel gegen die Wölfe keine großen Vorwürfe machen.

Das neue alte Mittelfeld funktionierte insgesamt reibungslos und Kimmich knüpfte wieder an seine guten Hinrundenleistungen an, immerhin war er der bestimmende Antreiber des Leipziger Spiels. Im Sturm setzt sich die Abschlussproblematik jedoch weiter fort (wobei die Defensive um Naldo nun auch nicht gerade einfach zu knacken ist, wenngleich sie zuletzt natürlich einige Gegentore zuließ). Trotzdem gelang es der Dreierreihe bzw. dem Sturmduo und Forsberg als hängende Spitze insgesamt ähnlich viele Torchancen zu erspielen wie der Bundesligazweite.

Sicher ist es gerade in so einem besonderen Spiel kein einfaches Unterfangen, die Einzelleistungen zu bewerten, trotzdem soll es in gewohnter Form im Folgenden hier versucht werden.

Achim Beierlorzer: Für Neutrainer Beierlorzer war das Spiel trotz Niederlage ein wichtiger Baustein auf dem Weg zurück in die Erfolgsspur. Publikum und Team vereint, die Abwehr obgleich der erzwungenen Umstellungen gegen eine sehr gute Offensive stabilisiert und das Offensivspiel erneut variabel eingestellt. Gemessen an den Vorzeichen (Formschwächen, Niederlagen, Zorniger-Abgang, Unerfahrenheit) kein leichtes Unterfangen, das Beierlorzer insgesamt sehr souverän anging und gefühlt auch mit seiner neuen Aufgabe stetig wächst (Stichwort Seitenlinienaktivität und in-game-coaching). Unrealistische Aufstiegsszenarien hin oder her, die daheim (fast) unschlagbaren Karlsruher werden eine erneute Nagelprobe dieser Entwicklung sein, und in nur drei Tagen ist es schon soweit…

Fabio Coltorti: Man kommt nicht umhin, diverse Wackler des Eidgenossen in letzter Zeit zu bemerken. Angefangen beim schlimmen Aussetzer gegen den FSV, über die eher ausbaufähige Spieleröffnung (47% Passquote) und das ein oder andere sicher nicht ganz unhaltbare Gegentor (siehe das 2:0). Natürlich zeigt Fabio auch immer wieder, dass er über ausgezeichnete Reflexe verfügt, aber eine Ablösung seitens Bellot gerade im Hinblick auf die Kaderentwicklung scheint nicht mehr gänzlich unmöglich. Wobei sich hier – neben der Grundsatzfrage, ob Benni derzeit eine Verbesserung darstellen kann – zwei Fragen anschließen: Kann bzw. sollte Beierlorzer der Defensive weitere Umstellungen zumuten und hat Bellot abseits der ewigen Nr.2 auch die Chance auf den Platz zwischen den Pfosten, die die Welt bedeuten, lohnt sich also die Entwicklung.

Tim Sebastian: Der Pechvogel des Spiels, musste mit einer Kapselverletzung bereits vor der Pause unter aufmunterndem Applaus ausgewechselt werden. Einer weiterer Abwehrroutinier der somit ausfällt. Seine ruhige Art der Spielführung (86% Passquote) könnten wir in den nächsten Wochen vermissen. Gegen Wolfsburg war sicher bis zu seiner, durch Dost herbeigeführten, Verletzung nicht alles Gold (siehe Zweikampfquote von 25% und das im Verbund mit Kaiser nicht gut verteidigte Gegentor), aber so langsam gehen uns die Optionen aus und brechen die bisherigen Abwehrhierarchien weg - #GuteBesserungTim!

Rodnei: Der erste Einsatz des Neuzugangs mit der langen Leidensgeschichte. Gerade unter diesen Voraussetzungen, war es ein gelungener Einstand von Rodnei, der sich besonders im Eins gegen Eins auszeichnete und quasi der Meister der gepflegten Grätsche auf dem Feld war (62% Zweikampfbilanz waren bereits RBL Spitzenwert, Naldo als bester Wolfsburger übrigens schlanke 30% besser). Schwächen gab es vor allem im Antritt, der Abstimmung und besonders in der Spieleröffnung, nicht grundlos hatte er neben Heidinger die schlechteste Passbilanz der Abwehrakteure (67%), hier griff er unüblicherweise noch auf den älteren Zornigeransatz zurück. Könnte unter den gegebenen Umständen doch noch ein wichtiger Winterneuzugang werden. Wobei ein zu starker Fokus auf Grätschen natürlich ein hohes Risiko mit sich bringt ( die Schiris pfeiffen bekanntlich besonders korrekt gegen uns).

Lukas Klostermann: Am Mittwoch vielleicht der solideste Abwehrspieler, agierte Klostermann zuerst als rechter Außenverteidiger, um danach Sebastians Platz einzunehmen. Die aktuelle Erfolgsgeschichte der Ex-Bochumers geht also weiter und war so zuletzt unter Zorniger nicht zu erwarten. Momentan wird er von Spiel zu Spiel besser. Sicher immer noch mit viel Luft nach oben (38% Zweikampfbilanz), aber immerhin mit der möglichen Führung auf dem Schuh und einem engagierten Auftreten gegen Dost und Bendtner sowie guter Spieleröffnung (79% Passquote).

Anthony Jung: Auf ihn hatte sich Rangnick nach dem Spiel ein wenig eingeschossen. Sicher war sein Ballverlust in der Vorwärtsbewegung vor dem 1:0 recht blauäugig, danach war jedoch noch genügend Platz, um Caligiuri zu stellen (Kaiser bspw.), ein Tor sicher nicht die zwingend logische Folge. Als zweitbester Passgeber der Abwehr nach Sebastian, zweitbester Zweikämpfer des Teams nach Rodnei und dazu zwei Torschussvorlagen – zweifellos nicht der schlechteste Tag des Anthony Jung. Derzeit nicht zu ersetzen, ein LV dürfte im Sommer trotzdem auf Rangnicks Einkaufszettel stehen.

Diego Demme: Nach dem Ausfall Khediras zurück im Abwehrverbund und schon gegen Union mit einer guten Leistung. Auch gegen Wolfsburg durchaus solide, wenngleich er als Sechser die schnellen Gegenstöße auch nicht verhindern konnte. War sich trotzdem für keinen Zweikampf zu schade, auch nicht Luftduellen gegen Dost und stand de Bruyne oft gut auf den Füßen, was letzteren ordentlich nervte. Hat im Defensiv- und Offensivbereich trotzdem noch Luft nach oben, ohne ihn gab es gegen solide runterspielende Wolfsburger auch keinen Zusammenbruch, wird aber wohl weiter in der Rolle des DM bleiben.

Dominik Kaiser: Vier Torschussbeteiligungen, drei davon eigene Torschüsse. Immerhin 42% Zweikampfquote und 79% Passquote. Ein gutes Spiel des Mittelfeldfürsten, der nach Kimmich treibende Kraft war. Allerdings muss Kaiser bzw. RBL insgesamt endlich die Standardausführungen wieder verbessern (siehe der erquickliche Anteil von Toren nach Standards in Liga 3 oder das Wolfsburger Tor zum 2:0). Was in diesem Bereich, gerade von Kaiser angeboten wurde, war nicht auf Zweitliganiveau, jedoch leider auf dem Stand der letzten Spiele. Insgesamt wirkt Kaiser nach seiner kurzen Schaffenspause endlich körperlich wie auch mental frischer und befindet sich auf einem guten Weg. Beim 1:0 lässt er sich recht leicht von Caligiuri überlaufen, sonst aber engagiert in den Zweikämpfen. Offensiver Höhepunkt sicherlich die Flanke auf Klostermann, die selbiger leider nicht im Kasten Benaglios unterbringen kann.

Joshua Kimmich: Überall zu finden, im Mittelfeld der beste Akteur RBLs und schwer vom Ball zu trennen. Defensiv sicher hier und da noch zu überhastet (29% Zweikampfquote), zeigt Kimmich wie auch schon gegen Union nun langsam wieder, warum Pep ihn nach München holen wird. Zum Unterschiedspieler reichte es gegen die Wölfe noch nicht ganz, aber die Anlagen (Übersicht, Beweglichkeit, Ballkontrolle, Genialität) hat er auf alle Fälle. Nach der Verletzungs- und Formdelle zum Ende der Hinrunde nun auch endlich wieder mit ansteigendem Trend.

Emil Forsberg: Über 90 Minuten gesehen der umtriebigste Offensivspieler der Rasenballer. Seinen Offensivaktionen fehlt es leider noch an Effizienz, aber sieben Torschussbeteiligungen und 50% Zweikampfquote sind die Topwerte unter den Stürmern. Die freie Interpretation des neuen/alten 4312 durch Forsbergs und die Stürmer, bietet viel Raum für Rochaden und ist bestens geeignet die gegnerischen Abwehrspieler zu verwirren. Das weitere Einspielen dieser Variante hat durchaus das Potenzial in den nächsten Partien für Tore zu sorgen, vielleicht gelingt dann endlich auch dem jungen Schweden ein Treffer.

Omer Damari: Wurde leider durch seine Verletzung ausgebremst. Bis dahin mit einem guten Spiel und einer der besten Torchancen für eine etwaige Leipziger Führung. Mit 87% weiterhin extrem passsicher für einen Stürmer. Gerade das hat uns in der Hinrunde gefehlt (wenngleich Frahn auch relativ passsicher war, aber mit deutlich weniger Spielanteilen), in diese Lücke stößt Damari. Gegen Union an allen drei Treffern beteiligt und auch gegen Wolfsburg offensiv ein Lichtblick, bleibt zu hoffen, dass er bis zum Spiel in Karlsruhe am Montag wieder fit ist.

Yussuf Poulsen: Der gescholtene, seine Leistungen werden in letzter Zeit immer kritischer beäugt, allerdings wird dabei oft ein anderer Maßstab angelegt (ähnlich den Erwartungen an den baldigen FCB Spieler Kimmich oder Mittelfeldfürst Kaiser). Insgesamt mit leicht besseren Werten als das Duo Damari/Rebić (Ballbesitz, Zweikampfquote, Torschussbeteiligungen), einzig in der Passquote hinter den beiden. Insgesamt auch mit weniger Bemerkungen Richtung Schiedsrichter und nur einem Foulspiel (Saisondurchschnitt ca. 3), was Youssi jetzt braucht, ist ein Erfolgserlebnis, also ein Tor. Wobei auch vorgebracht werden könnte, dass seine Hinrundentorausbeute möglicherweise ein statistischer Ausreißer in seiner bisherigen Karriere war. Insofern sollte die Erwartungshaltung mal wieder an das Normalmaß herangeführt werden und das besagt leider, trotz Trainerwechsel und Verbesserungen im Offensivbereich, dass Stürmertore aktuell von keinem Startelfkandidaten geschossen werden. Mit seinem Einsatzwillen und der im Team einmaligen Physis gehört Poulsen für mich weiter ins Team.

Sebastian Heidinger: Kam für den verletzten Sebastian ins Spiel und hatte bei den schnellen Kontergegenzügen der Wolfsburger seine liebe Mühe. Ausbaufähig auch die Situation die zur Ecke mit anschließendem 2:0 führte, sowie sein Einfluss auf das Offensivspiel. Heidi zeigt insgesamt, warum er derzeit nur die dritte Wahl hinter Teigl und Klostermann ist, dürfte im Sommer eng für den Aufstiegshelden werden, der sich in Liga 3 zu einem der besten Außenverteidiger gemausert hatte.

Ante Rebić: Wurde in der Halbzeit für den präsenten Damari ins Spiel gebracht, der nach muskulären Problemen nicht weitermachen konnte. Hatte ein paar spektakuläre Aktionen, aber ohne den nötigen Nachdruck auf Benaglios Tor, der allerdings auch ein sehr gutes Spiel machte. Dazu im Spiel gegen den Ball weiter ausbaufähig. Ein glücklicher Ausgang der Causa Rebić ist derzeit nicht zu erwarten, zu gering sein Einfluss auf den Spielausgang, gemessen an der aufgerufenen Ablöse. Trotzdem zweifelsohne mit ansteigender Formkurve.

Yordy Reyna: Sollte im Schlussdrittel statt Demme nochmal für Offensivaktionen sorgen. Schnell, guter Raumdeuter und stark am Ball, allerdings mit physischen Problemen im Eins gegen Eins, gerade gegen die Wolfsburger Kanten. Gleichwohl bleibt Reyna ein Spieler, von dem man gerne mehr sehen würde.

Fazit: Ein verdienter Sieg für Wolfsburg, zumindest an dieser Bewertung gab es über 90 Minuten nichts zu rütteln und damit die erste Heimniederlage in einem RBL-Märzspiel. Ob  daran eine "das Glas war halb leer/voll" Bewertung anschließt hängt stark vom Betrachtungspunkt ab. Gemessen an den Einkäufen und eigenen Ansprüchen Rangnicks, waren die Gegentore sicher etwas zu leicht eingefangen und eine Führung und damit ein anderer Spielverlauf möglich. Dazu gesellt sich die Einschätzung, dass dieser Truppe der Aufstieg und damit auch grundsätzlich ein Bundesliganiveau zugetraut wurde. Auf der anderen Seite sprachen die letzten Ergebnisse beider Teams nicht gerade für einen Favoritensturz, zu abgebrüht gaben sich die Wölfe in der Liga und bei RBL fiel das Verletzungspech auf den Beginn des positiven Trends, den es jetzt in der Liga zu stabilisieren gilt. Während einige sich am eigenen Schopfe aus der Formkrise zogen (Kaiser, Kimmich) oder verheißungsvolle Ansätze zeigten (Klostermann, Rodnei, Damari), durchschritten andere weiter ihr Formtal (Coltorti, Poulsen, Heidinger). Hier gilt es jetzt anzusetzen, um mit voller Pulle im Montagsspiel in Karlsruhe für einen Auswärtsdreier zu sorgen. Das dies ein extrem scheres Unterfangen wird, zeigt die Formkurve der Gastgeber.

Datenquelle: kicker.de

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