EIN ANALYTISCHER KOMMENTAR DES SOMMERTRANSFERFENSTERS

Leipzig - (17.09.2023) Freitag, 01.09. 18:00 Uhr – Das Wechselfenster für Transfers in die deutschen Profiligen endete. Nun ist ein guter Zeitpunkt für eine Bewertung der Transferaktivitäten von RB Leipzig im Sommer 2023 unter den Gesichtspunkten „Wettbewerbstauglichkeit“, „Wirtschaftlichkeit - Abgänge/Zugänge“ und „eigene Nachwuchsförderung“.


Viel Hui, ein großes Pfui – Ein analytischer Kommentar des Sommertransferfensters
Rahmenbedingungen – Liga
Starten wir mit einem Vergleich innerhalb der Bundesliga. Auf der Seite transfermarkt.de sind die Kader aller Erstligavereine aufgeführt.
RB Leipzig ist mit (nur) 26 Spielern im unteren Drittel der Kategorie „Kadergröße“ eingeordnet. Das klingt überraschend, da Leipzig im Gegensatz zu den meisten anderen Vereinen mindestens sechs Pflichtspiele in der Champions League bestreiten muss, jedoch ist RBL mit anderen auf internationaler Bühne auftretenden Vereinen, wie Bayern München (23 Spieler), Freiburg (25), Leverkusen (27) oder Union (28) auf Augenhöhe. Lediglich Frankfurt (35) ist ein krasser Ausreißer.
Nur 8 der 26 Spieler sind für eine DFB-Auswahlmannschaft spielberechtigt (= 30,8 %). Nur bei Bayer Leverkusen (7 von 27 = 25,9%) liegt diese Quote niedriger. Bei den Champions League-Konkurrenten Bayern München (10 von 23 = 43,5%) und Dortmund (16 von 30 = 53,3%) ist die Quote deutlich größer. Beim Gesamtmarktwert liegt RBL mit 403,1 Mio. € auf Platz 4. Beim Durchschnittsalter (25,1) liegen die Leipziger im Ligamittelfeld.
Rahmenbedingungen – Kader
Geht man stoisch nach den Namen der Zugänge und Abgänge bei transfermarkt.de gab es Transferbewegungen von 21 Zugängen und 20 Abgängen. Mächtig viel Fluktuation bei 26 Spielern im Kader. Das liegt an den vielen Leihspielern, die wie ein „Durchlaufposten“ mitgeführt werden.
Beispiele gefällig:
- Fabrice Hartmann, Jg. 2001, Leihe von den Sligo Rovers (Irland) endete und wurde verlängert.
- Frederik Jäkel Jg. 2001, Leihe nach Bielefeld (2. Liga, Abstieg) endete, neue Leihe bis 30.06.2024 nach Elversberg (2. Liga)
- Tom Krauß, Jg. 2001, Leihe nach Schalke (1. Liga, Abstieg) endete, dadurch entfiel die Kaufpflicht für Schalke und er wurde für 5,0 Mio. Euro nach Mainz (1. Liga) verkauft
- Tim Schreiber, Jg. 2002, Leihe von Holstein Kiel (2. Liga) endete, neue Leihe bis 30.06.2024 nach Saarbrücken (3. Liga)
- Mehmet Ibrahimi, Jg. 2003, Leihe von Braunschweig (2. Liga) endete, abgegeben nach Linz (Österreich)
- Hugo Novoa, Jg. 2003, Leihe von Basel (Schweiz) wurde vorzeitig abgebrochen, neue Leihe bis 30.06.2024 nach Utrecht (Niederlande)
- Ersatztorwart Josep Martinez blieb nach Leihe für 3,5 Mio. € in Genua (Italien).
- Alexander Sørloth blieb nach zweimaliger Leihe zu Real Sociedad in La Liga und wurde für 10 Mio. € an Villareal verkauft.
- Der in Ungnade gefallene Angeliño wurde nach einer Saison in Hoffenheim an Galatasary Istanbul weiterverliehen.

Das personifizierte Gesicht des Umbruchs: Nkunku.
Weiterhin nicht mehr im Kader sind Sanoussy Ba (Leihe zum LASK nach Linz/Österreich), Caden Clark (Leihe nach Vendsyssel FF und kommender Abgang im Winter) sowie die beiden Ersatztorhüter Ørjan Nyland (FC Sevilla) und Oskar Preil (Wechsel nach Illertissen). Alle Spieler waren jedoch nur Kaderauffüller und werden für die weitere Bewertung nicht betrachtet.
Bleiben auf der Abgangsseite sieben relevante Spieler, die ersetzt werden mussten:
Dominik Szoboszlai, Joško Gvardiol, Christopher Nkunku, André Silva, Konrad Laimer, Marcel Halstenberg, Abdou Diallo – Immerhin Platz 2; 4; 7; 8; 13; 15 und 20 geht es nach den Einsatzminuten der letzten Saison.
Aufseiten der Zugänge aufgeführt und tatsächlich in Leipzig geblieben sind neun relevante Spieler:
Lois Openda, Castello Lukeba, Christoph Baumgartner, Benjamin Šeško, Nicolas Seiwald, El Chadaille Bitshiabu, Christopher Lenz, Xavi Simons und Fabio Carvalho.
Ersatztorwart Leopold Zingerle nimmt die Position als Nummer 2 bzw. 3 von Ørjan Nyland ein. Er kam ablösefrei von Paderborn.
Ein neuer, alter ist Ilaix Moriba, der nach 16 Mio. Transfer von Barcelona nach Leipzig und zweifacher Leihe nach Valencia wieder zurück in der Messestadt ist. Ein neuer Verein wurde nicht für ihn gefunden und so ist er tendenziell Feldspieler Nummer 22 – und seine Aussichten auf Einsatzzeiten dementsprechend sehr gering. Das stellte auch Rose unlängst klar.
Kategorie 1 – Wettbewerbstauglichkeit
Wie auch in den Vorsaisons spielt RBL in drei Wettbewerben. Zu schlagen sind aus der Vorsaison:
- Platz 3 in der Bundesliga (64 Tore : 41 Gegentore)
- Pokalsieg im DFB-Pokal
- Erreichen des Achtelfinales in der Champions League
In der Abwehr gab es drei positionsgetreue Veränderungen:
Joško Gvardiol (Jg. 2002, Linksfuß) wurde durch Castello Lukeba (Jg. 2002, Linksfuß) ersetzt.
Marcel Halstenberg (Jg. 1991, deutsch, Linksfuß, einsetzbar als LV und IV) wurde durch Christopher Lenz (Jg. 1994, deutsch, Linksfuß, einsetzbar als LV und IV) ersetzt.
Der ausgeliehene Abdou Diallo wurde aufgrund der Verletzungshistorie und dem nicht passenden Preis-Leistungs-Verhältnis nicht von Paris St. Germain fest verpflichtet. Stattdessen wurde der erst 2005 geborene und ebenfalls bei Paris spielende El Chadaille Bitshiabu für 15 Mio. € gekauft. Eine Ablösesumme, die in Versprechen für die Zukunft ist.
In Sachen Erfahrung und (vermeintliche) Leistungsstärke sind alle drei Änderungen in der Abwehr ein Qualitätsverlust, und zwar in jeder einzelnen Personalentscheidung.
Mit Christopher Nkunku verlor RBL DEN Leistungsträger der letzten beiden Saisons. Seine 23 Tore in der abgelaufenen Saison und der Gewinn der Bundesliga-Torjägerkanone sind der Vergleichsmaßstab für Neuzugang Lois Openda. Aber Nkunku war mehr als nur Torschütze, er war Kreativelement, Tempodribbler, Schlitzohr – eine Palette an fußballerischen Fähigkeiten, die kein Neuzugang so ersetzen kann.
Auch der Spezialist für Distanzschüsse und Freistöße, Dominik Szoboszlai, und der „Duracell-Hase“ Konrad Laimer haben Eigenschaften, die in dieser Form kein Neuzugang mitbringt. Die Kaderpositionen haben zwei Österreicher übernommen. Christoph Baumgartner – ein vom Autor schon vor zwei Saisons in den Kader geschriebener vielseitiger offensiver Mittelfeldspieler, der auch als hängende Spitze agieren kann und Nicolas Seiwald, der wie Laimer aus der Salzburger Talentschmiede stammt, tendenziell aber etwas defensiver agiert.
Mit Nkunku, Szoboszlai und Laimer hat Leipzig drei Spieler verloren, welche durch die Verpflichtungen von Openda, Baumgartner und Seiwald nicht ersetzt werden können.
Im Angriff trennte RBL sich nach zwei enttäuschenden Saisons zudem von André Silva und verkündete schon im September 2022 den Transfer von Sturmtalent Benjamin Šeško. Nachdem Silva in den letzten acht Ligaspielen nur noch marginale Einsatzzeiten erhielt, darf dieser Transfer als klares Update gewertet werden.
Sieben nennenswerte Abgänge, sechs qualitative Kaderverschlechterungen, nur eine Verbesserung – Sind die Saisonziele akut gefährdet?
Mitnichten, denn…
1) In der Aufzählung der Neuzugänge fehlen mit Xavi Simons und Fabio Carvalho zwei geliehene Spieler, für die Leipzig keine Kaufoption vereinbaren konnte. Beide Spielen bringen „Breite in der Spitze“ und damit Flexibilität in der Mannschaft, die RBL in der letzten Saison vermisste. Simons wurde sowohl beim 5:1-Heimsieg gegen Stuttgart mit Tor und zwei Vorlagen als auch beim 3:0-Auswärtssieg bei Union Berlin laut Kicker zum Spieler des Spiels gewählt. Auch gegen Augsburg überragte er.
2) Dani Olmo ist noch da und endlich mal fit. Die Leistungsfähigkeit hat er beim 3:0-Supercupsieg gegen Bayern gezeigt. 2021/22 kam er auf 19 Bundesligaeinsätze mit 740 Minuten; 2022/23 auf 23 Spiele mit 1284 Minuten; 2023/24 hat 34 Spiele mit 3060 Minuten – jede Minute mit Olmo zählt.
3) Marco Rose hat eine ganze Saison und muss keine Tedesco-Spiele korrigieren.

Lukeba ist jetzt durch den Orbánausfall gefordert.
Alle Platzierungen der Vorsaison auch sind in dieser Saison erreichbar, wenngleich der Gewinn des DFB-Pokals von einer schlechten Tagesform leicht sabotiert werden kann. Die Wettbewerbstauglichkeit ist mehr als vorhanden. Und mit etwas Losglück in der Champions League ist auch ein Überstehen des Achtelfinales möglich. Die Gruppenphase mit Belgrad und Bern ist sportlich als Gruppenzweiter gut machbar.
Meine Note für die sportliche Leitung: 1- (das Minus, weil bei Simons die Leihe ohne Kaufoption vereinbart werden konnte)
Kategorie 2 – Wirtschaftlichkeit – Abgänge
Schwierige Kategorie, weil aufgrund fehlender Daten nicht vollends belastbar. Die Wirtschaftlichkeit eines Transfers wird anhand der Einnahmen und Ausgaben und des sich daraus ergebenden Saldos analysiert. Welche Summen an Berater gezahlt, welche Gehälter vereinbart worden sind und ob bei den Leihen von Großverdienern wie Silva oder Angeliño das komplette Gehalt vom Leihverein getragen wird, können hier nicht bewertet werden.
Für die 20 Abgänge stehen 240,7 Mio. € Einnahmen zu Buche. Das sind die höchsten Gesamteinnahmen innerhalb eines Transferfensters, die je in der Bundesliga erzielt werden konnten. Wenn jedoch die dahinter liegenden Marktwerte betrachtet werden, stehen dort 305,5 Mo. €. Hat sich RB Leipzig 65 Mio. € entgehen lassen? Schauen wir ins Detail.
Verlust von Leistungsträgern der Saison 2022/23
Joško Gvardiol (Marktwert zum 01.09.2023: 75 Mio. €; Ablösesumme: 90 Mio. €; Differenz: +15 Mio. €).
Der Leipziger Rekordabgang. Die ersten Tage der Saisonvorbereitung absolvierte Gvardiol noch in Leipzig, während Manchester City und RB Leipzig um die Ablösesumme in zwei- oder dreistelligen Millionenbereich feilschten. Herausgekommen sind 90 Mio. €, nach Bellingham (103 Mio. €) und Kolo Muani (95 Mio. €) der drittteuerste Abgang aus der Bundesliga in diesem Sommer. Sehr gutes Ergebnis!
Dominik Szoboszlai (Marktwert zum 01.09.2023: 50 Mio. €; Ablösesumme: 70 Mio. €; Differenz: +20 Mio. €).
Für Szoboszlai zog Liverpool die im Vertrag vereinbarte Ausstiegsklausel in Höhe von 70 Mio. €. Da war für RB Leipzig wenig zu machen. Ca. 14 Mio. des Transfererlöses wanderten übrigens direkt weiter nach Salzburg, die von einer Weiterverkaufsklausel von ca. 20% profitieren. Sehr gutes Ergebnis, auf welches die jetzige sportliche Führung jedoch keinen Einfluss hatte.
Christopher Nkunku (Marktwert zum 01.09.2023: 80 Mio. €; Ablösesumme: 60 Mio. €; Differenz: -20 Mio. €).
Der Transfer des Franzosen zum FC Chelsea stand inoffiziell schon im Herbst 2022 fest, auch wenn dieser erst nach Saisonende als fix verkündet wurde. Den Abschlag im Transferwert erkaufte Leipzig sich durch eine weitere Nkunku-Saison in Leipzig. Nkunku dankte es sportlich, unter anderem mit entscheidender Beteiligung am DFB-Pokalfinalsieg. Da RBL die Saisonziele 2022/23 erreichte, war die Entscheidung richtig.
Konrad Laimer (Marktwert zum 01.09.2023: 28 Mio. €; Ablösesumme: keine; Differenz: -28 Mio. €).
Der Vertrag von Laimer endete zum 30.06.2023, der Transfer zum FC Bayern München wurde ebenfalls nach Saisonende verkündet, wenngleich die Spatzen den Wechsel spätestens seit der Winterpause von den Dächern pfiffen. Auslaufende Verträge sind bei RB eine Seltenheit, im Fall von Laimer entschied sich die sportliche Führung gegen einen vorzeitigen Transfer des Mittelfeldmotors. Da RBL die Saisonziele 2022/23 erreichte, war die Entscheidung richtig, trotz dass der ablösefreie Transfer vom Bundesligakonkurrenten schmerzhaft ist.
Marcel Halstenberg (Marktwert zum 01.09.2023: 3,5 Mio. € Ablösesumme: 0,7 Mio. €; Differenz: -2,8 Mio. €).
Wollte aus persönlichen Gründen zurück in seine Heimatstadt Hannover, mit der Konsequenz jetzt zweite Liga zu spielen und keine Alternative für den EM-Kader 2024 zu sein. Letztendlich erzielten RB Leipzig, Hannover 96 und Marcel Halstenberg einen für alle Seiten akzeptablen Kompromiss. Dieser Transfer zeigt, dass nicht nur um den letzten Euro gefeilscht werden muss, sondern auch Wünsche von hochverdienten Spielern respektiert werden. Starke Entscheidung!
Trennung von Leihspielern der Saison 2022/23
Abdou Diallo (Marktwert zum 01.09.2023: 10 Mio. €; war nur ausgeliehen).
Auf eine Verpflichtung des vielseitigen Defensivspielers verzichtete Eberl aufgrund der Verletzungsanfälligkeit. Nachvollziehbar.
Alexander Sørloth (Marktwert zum 01.09.2023: 12 Mio. €; Ablösesumme: 10 Mio. €; Differenz: -2 Mio. €).
Das Transfer-Missverständnis aus dem September 2020 endete diesen Sommer endgültig und mit vergleichsweise geringem Minus. Zieht man den Bilanzzeitraum größer, bleibt nach Verpflichtungssumme von seinerzeit 20 Mio. Euro abzüglich zwei Leihgebühren von 3,5 Mio. Euro und den jetzt eingenommenen 10 Mio. € ein Verlust von 6,5 Mio. €. Unter den Rahmenbedingungen ein gutes Ergebnis.
Tom Krauß (Marktwert zum 01.09.2023: 7 Mio. €; Ablösesumme: 5 Mio. €; Differenz: -2 Mio. €).
Eigentlich ungewöhnlich, dass ein deutscher U23-Spieler für weniger als seinen Marktwert innerhalb der Bundesliga wechselt. Ausschlaggebend auch, dass Leipzig für das Eigengewächs im RB-Kader keine wirkliche Verwendung hatte. Hätte Krauß mit Schalke den Klassenerhalt in der Bundesliga geschafft, hätte für Schalke eine Kaufpflicht in Höhe von 3 Mio. € gegriffen. Insofern hat RBL sich durch den Sieg gegen Schalke am 34. Spieltag sogar noch 2 Mio. € mehr erwirtschaftet. Transfer für den Autor nicht nachvollziehbar.
Joseph Martinez (Marktwert zum 01.09.2023: 3,5 Mio. €; Ablösesumme: 3,5 Mio. €; keine Differenz).
Nach der Leihe zur Vorsaison zum Genua CFC, jetzt die fixe Verpflichtung. Ein Wechsel, der für alle Seiten sinnvoll ist.

Mit Krauß konnte ein vielversprechendes Talent nicht eingebunden werden.
Verliehen und ohne Perspektive bei RB Leipzig
Angeliño (Marktwert zum 01.09.2023: 12 Mio. €; Leihgebühr 1,5 Mio.; momentane Differenz: -10,5 Mio. €).
Irgendetwas muss nachhaltig vorgefallen sein, dass RB Leipzig nicht mehr mit Angeliño im Kader plant, denn weder Max Eberl, noch Marco Rose haben mit ihm zusammengearbeitet und in deren Amtszeit fielen auch nicht die beiden Nichtnominierungen von Angeliño für die DFB-Pokalfinals 2020 (Niederlage gegen Dortmund) und 2022 (Sieg gegen Freiburg). Auch Hoffenheim war nicht an einer Weiterbeschäftigung interessiert, und so fand Leipzig in Galatasaray einen Leihverein, der sich eine Kaufpflicht von 6 Mio. € nach 20 absolvierten Spielen in den Vertrag schreiben ließ.
Krass im Übrigen die negative Marktwertentwicklung bei einem Spieler, der jetzt 26 Jahren im besten Fußballeralter ist: Im Sommer 2021 mit einem Marktwert von 35 Mio. € als Schnäppchen für 18 Mio. von Manchester City gekauft; ist er jetzt nur noch etwa ein Drittel wert. Für Angeliño ist es übrigens die neunte Vereinsstation in seiner achten Seniorensaison. Unter den Rahmenbedingungen ein gutes Ergebnis.
Andre Silva (Marktwert zum 01.09.2023: 15 Mio. €; keine Leihgebühr; momentane Differenz: -15 Mio. €).
Nach zwei Saisons, in denen er die Erwartungen nicht erfüllen konnte, wurde Silva erstmal verliehen. Bei Real Sociedad brachte RBL in den letzten beiden Jahren schon Alexander Sørloth unter und konnte den Transferverlust begrenzen. Wie bei Angeliño ist der Marktwert innerhalb von zwei Jahren auf ein Drittel geschrumpft (2021: 45 Mio. € (gekauft für 23 Mio. €), 2023: 15 Mio €). Man muss hoffen, dass Silva in Spanien wieder an Leistungen aus seiner Frankfurter Zeit anknüpfen kann. Eine Luftveränderung war notwendig.
Alle anderen Abgänge, ob fest oder auf Leihbasis wird hier nicht weiter eingegangen, weil sie keinen Einfluss auf die Note haben.
Meine Note für die sportliche Leitung: 2+ (lediglich der Krauß-Transfer ist nicht nachvollziehbar, bei den Transfers von Nkunku, Szoboszlai und Laimer ohne wirklichen Handlungsspielraum; gute Ergebnisse bei Fehleinkäufen der Sommertransferperioden 2020 und 2021)

Für Angel stehen die Zeichen auf Abschied.
Kategorie 3 – Wirtschaftlichkeit – Zugänge
Für die 21 Zugänge wurden 152,5 Mio. € investiert; nach Verrechnung der Ablösen für die Abgänge bleibt ein Saldo von +88,2 Mio. €.
Im Gegensatz zu den Abgängen kann kein endgültiges Fazit gezogen werden, es wird ein Zwischenstand nach den vier Pflichtspielen (1x Supercup, 4x Bundesliga) gezogen.
Lois Openda (Marktwert zum 01.09.2023: 35 Mio. €; Ablöse: 38,5 Mio.; Differenz: -3,5 Mio. €).
Der Königstransfer, gemessen an der Ablösesumme, die seitens Lens mehrmals nachverhandelt wurde. Drei Tore und eine Vorlage in vier Bundesligaspielen zeigen, dass die Last der Ablösesumme ihn nicht erdrückt. Guter Transfer, mit 23 Jahren weiter entwicklungsfähig, sehr große Wahrscheinlichkeit der Marktwertsteigerung.
Castello Lukeba (Marktwert zum 01.09.2023: 25 Mio. €; Ablöse: 30 Mio.; Differenz: -5 Mio. €).
Bis zur Länderspielpause nur zwei Kurzeinsätze, da er kurz vor dem Bundesligaauftakt verpflichtet wurde. Als Linksfuß ein entscheidendes Puzzleteil im Abwehrverbund. Durch Orbáns Ausfall nun gefordert und gegen Augsburg mit einem guten Einstand. Guter Transfer, mit 21 Jahren weiter entwicklungsfähig, französische Abwehrspieler haben in Leipzig nie gefloppt, hohe Wahrscheinlichkeit der Marktwertsteigerung.
Christoph Baumgartner (Marktwert zum 01.09.2023: 24 Mio. €; Ablöse: 24 Mio.; Differenz: +/-0 Mio. €).
Bisher nur drei Kurzeinsätze, da er in der Saisonvorbereitung noch verletzt war. Offensive Allzweckwaffe – wird uns noch Freude bereiten. Guter Transfer, gestandener Bundesligaspieler, hohe Wahrscheinlichkeit der Marktwertsteigerung.
Benjamin Šeško (Marktwert zum 01.09.2023: 24 Mio. €; Ablöse: 24 Mio.; Differenz: +/-0 Mio. €).
Tore 2 und 3 gegen Union! Noch Fragen? Sehr guter Transfer vom „Schwesterverein“ aus Salzburg. No-Brainer.
Nicolas Seiwald (Marktwert zum 01.09.2023: 20 Mio. €; Ablöse: 20 Mio.; Differenz: +/-0 Mio. €).
Schon bei Salzburg der Laimer-Nachfolger. Ebenfalls No-Brainer, siehe Šeško aufgrund der Position natürlich weniger im Fokus.
El Chadaille Bitshiabu (Marktwert zum 01.09.2023: 7 Mio. €; Ablöse: 15 Mio.; Differenz: -8 Mio. €).
Große Vorschusslorbeeren für den Abwehrspieler, der diese Saison auch noch für die U19 spielberechtigt wäre. Fällt durch einen Innenbandabriss bis November aus. Wenn die Entwicklung der vom Upamecano, Konaté, Mukiele und Simakan folgt, dann Glückwunsch zu diesem Transfer. Transfer, der den höchsten Ausschlag in positive oder negative Richtung machen kann, da der Spieler über die wenigste Profierfahrung verfügt. Dennoch bin ich sehr optimistisch.
Christopher Lenz (Marktwert zum 01.09.2023: 2,5 Mio. €; Ablöse: 1 Mio.; Differenz: +1,5 Mio. €).
Ein Transfer mit positiven Saldo vergleicht man Marktwert mit Ablöse. War die sehr spät verpflichtete Alternative zu David Raum hinten links, welche nach dem Halstenberg-Transfer notwendig war. Passte sich im Testspiel gegen Breslau und als EInwechsler gegen Augsburg solide ein. Transfer eines bundesligaerfahrenen und mit bald 29 Jahren im besten Verteidigeralter agierenden Spielers ohne finanzielle Verrenkungen.
Xavi Simons (Marktwert zum 01.09.2023: 40 Mio. €; ausgeliehen ohne Kaufoption).
Was ein Spieler!!! Jetzt schon den Leipziger Scorerrekord für Neuzugänge in der Tasche. Leider ohne Kaufoption und auf ein Jahr begrenzt… Könnte für diese eine Saison der Unterschiedsspieler werden.
Fabio Carvalho (Marktwert zum 01.09.2023: 16 Mio. €; ausgeliehen ohne Kaufoption).
Bisher nur mit drei Kurzeinsätzen. Eine weitere Alternative in der Offensive für die Dreifachbelastung. Sinnvolle Ergänzung.
Meine Note für die
sportliche Leitung: 1 (Ernstgemeinte Frage: Was wollen wir denn mehr? Ja, ok,
die Kaufoption für Simons – die ist schon in der Kategorie
„Wettbewerbstauglichkeit“ eingepreist. Wirtschaftlich eine reife Leistung trotz
der Ausgaben in Rekordhöhe)

Schon jetzt wirken die Neuzugänge gut integriert.
Kategorie 4 – Eigene Nachwuchsförderung
DIE Achillesferse bei RB Leipzig.
Im 26er-Kader steht mit Timo Schlieck ein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Als nomineller vierter Torwart… Immerhin schaffte es nun Tim Köhler (Innenverteidiger, 18) ausfallbedingt nun auch in den Kader.
Durch die Auflösung der U23 zur Saison 2017/18 ist der Sprung zwischen U19 und der ersten Mannschaft natürlich gewaltig. Und auch in anderen Vereinen schaffen diesen Sprung nur absolute Top-Talente, die man an einer Hand abzählen kann (Florian Wirtz – Leverkusen; Jamal Musiala – Bayern München; schon bei Moukoko – Dortmund reicht es nur zum Ergänzungsspieler).
Daher beschloss Leipzig in Form eines Career-Centers die Spieler individuell zu fördern und die Juniorenspieler über Leihen an den Profifußball heranzuführen. Mittlerweile kann dieser Versuch m.E. als komplett gescheitert verbucht werden.
Beispiele gefällig:
Tom Krauß, Jg. 2001; 2 Jahre verliehen nach Nürnberg (2. Liga), 1 Jahr verliehen nach Schalke (1. Liga), dank Abstieg der Schalker verfiel die vereinbarte Kaufpflicht bei Klassenerhalt und Tom Krauß war zurück im Kader der Leipziger. Statt wenigstens den Versuch zu unternehmen, ihm als Local Player eine Perspektive, natürlich auch auf Spielzeit, zu vermitteln, standen die Zeichen früh auf Abschied.
Ja, die Planstellen im zentralen Mittelfeld sind mit Kampl, Haidara, Seiwald und den offensiv agierenden Olmo, Simons, Carvalho, Baumgartner und Forsberg üppig besetzt. Dennoch hätte es Einsatzmöglichkeiten in den drei Wettbewerben gegeben. Eine weitere Leihe/Verkauf wäre auch im Winterhalbjahr noch möglich gewesen.
Eric Martel, Jg. 2002, 1,5 Jahre verliehen an Austria Wien (1. Liga Österreich), im Sommer 2022 dann fixer Transfer zum 1.FC Köln. Marktwert liegt mittlerweile bei 9 Mio. €, verkauft hat Leipzig ihn für 1,2 Mio. €.
Hugo Novoa Jg. 2003, zu Beginn der letzten Saison unter Tedesco als Rechtsverteidiger ausprobiert und gescheitert. Im Januar 2023 dann eine Leihe nach Basel, die für 1,5 Jahre angelegt war. Trotz guten Starts, mit einem Tor und zwei Vorlagen aus den ersten sechs Partien, geriet er zunehmend aufs Abstellgleis. Die Leihe wurde vorzeitig beendet. Neuer Leihverein ist der FC Utrecht in den Niederlanden. Mir fehlt der Glaube, dass er im Sommer 2024 eine ernsthafte Alternative für die erste Mannschaft ist.
Aus dem Junioren-Jahrgang 2004 ist übrigens nur noch ein Spieler bei RB Leipzig unter Vertrag: Sanoussy Ba. Er ist für eine Saison nach Österreich an den LASK ausgeliehen und kann dort neben Bundesliga immerhin auch Europa League-Luft schnuppern.
Alle anderen Juniorenspieler haben den Verein verlassen.
Weitere Leihen von ehemaligen Juniorenspielern sind:
Frederik Jäkel, Jg. 2001, hat im vierten Seniorenjahr die vierte Saison verliehen worden. Nach Station bei Oostende (Belgien, 1. Liga, 2 Jahre), Arminia Bielefeld (2. Liga, 1 Jahr, Abstieg) ist er jetzt beim Aufsteiger in die zweite Liga, der SV Elversberg, untergekommen.
Fabrice Hartmann, Jg. 2001, ist ebenfalls im vierten Seniorenjahr und nach Leihen nach Paderborn und Braunschweig mittlerweile in Irland bei den Sligo Rovers unterwegs.
Dennis Borkowski, Jg. 2002, ist eine weitere Saison zu Dynamo Dresden in die dritte Liga ausgeliehen.
Tim Schreiber, Jg. 2002, ist nach Leihen zum Halleschen FC (1,5 Jahre, 3. Liga, 25 Spiele) und Holstein Kiel (1 Jahr, 2. Liga, 10 Spiele) jetzt in der dritten Liga bei Saarbrücken untergekommen und dort hinter Tim Paterok zweiter Torwart.
Allen ist gemeinsam, dass sie keine sportliche Zukunft bei RB Leipzig haben werden, da die sportliche Qualität nicht ausreicht. Alle sind in Ihrer dritten bzw. vierten Juniorensaison, wo keine exponentiellen Leistungssprünge zu erwarten sind, die aber notwendig wären, um bei einem Top4-Verein im Kader zu sein. Allen ist aber auch gemeinsam, dass es keine sportliche Kontinuität für diese Spieler gibt. Bis auf Borkowski sind alle beim dritten Verein, ohne dass es sportlich nach oben geht.
Ich stelle mir die Frage, warum RBL diese Spieler überhaupt noch im Verein hat und erneut auf Leihen setzt und komme zu zwei Schlussfolgerungen: Entweder müssen hier irgendwelche Local-Player-Regelungen erfüllt werden oder die Spiele wurden in der Vergangenheit mit üppigen Verträgen ausgestattet, die ein Zweit- oder Drittligist nicht in der Lage ist zu bezahlen.
Es herrscht dringender Handlungsbedarf. An dieser Front werden jährlich Millionenbeträge versenkt, ohne gesunden Ertrag zu erwirtschaften.
Meine Note für die sportliche Leitung: 5

Kein leichter Job für Eberl aber er hat ihn in Sachen Erste Mannschaft gut gemeistert.
Fazit
Die Pflichtaufgaben der Kaderzusammenstellung hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit sind nahezu herausragend gelöst worden, trotz durchaus schwieriger Rahmenbedingungen aufgrund unverschuldeter Transfermissverständnisse der Vergangenheit (Sørloth, Silva, Angeliño). Und so muss einem auch trotz der aktuellen, wochenlangen Ausfälle der Leistungsträger Willi Orbán und Dani Olmo nicht bange sein, denn sollte die Verletzungslage sich weiter zuspitzen, kann man Vertrauen in dir sportliche Leitung haben, diese Lücken kaderintern oder ggf. über eine Verpflichtung eines vertragslosen Spielers kurzfristig zu kompensieren.
Dringender Handlungsbedarf herrscht – weiterhin – im Übergang Juniorenbereich zur ersten Herrenmannschaft. Hier sind neue Ideen gefragt, denn das Modell „Career Center“ ist nachhaltig gescheitert.
RoterBrauser
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