LVZ vom 20.02.2012, Wie wilde Stiere

Presseberichte zu RB Leipzig
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Maradona
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LVZ vom 20.02.2012, Wie wilde Stiere

Beitrag von Maradona » So Feb 19, 2012 10:45 pm

Rasenballer setzen mit dem 8:2 (4:0) gegen Wilhelmshaven gleich mehrere Ausrufezeichen

Leipzig. Noch nie war die Halbzeit eines Fußballspiels so wertvoll wie beim Kick RB Leipzig gegen Wilhelmshaven. In die Pause mussten die 4958 Fans jede Menge Dinge packen, für die während der Partie schlicht keine Zeit war. Toilettengang, Nahrungssuche, ein Blick ins Stadionheft, Küsschen fürs Herzblatt. Die Roten Bullen zerlegten den Gast in hinreißenden 90 Minuten 8:2 (4:0), festigten Platz eins.
Die Rasenballer haben einen neuen Star. Roman Wallner traf bei seinem Pflichtspieldebüt dreimal, zeigte, warum ihn Coach Peter Pacult in einer Sänfte von Salzburg nach Leipzig trug. Wallner ist abgezockt, katzengewandt, spielintelligent und spritzig wie ein 18-jähriger Dachs. Leipzig & Wallner: Es ist Liebe auf den ersten Blick.
Pacult wollte die Gala des 30-Jährigen nicht gesondert thematisieren, schärfte den Blick für das große Ganze. "Wir haben als Team gut funktioniert, es wurde immer uneigennützig nach dem besser postierten Kollegen geschaut." Der Teamgedanke ist wieder in und laut Otto Rehhagel zuweilen gar Retter in der Not: "Wenn ich heute Kapitän bin und das Schiff sinkt, müssen alle helfen. Da kann doch der Koch nicht kommen und sagen: 'Ich kann nur die Bratpfanne halten.'"
Pacults soziale Ader war bislang nur Insidern bekannt, wurde gestern öffentlich. "Ich musste vier Spielern weh tun, die nicht im 18er Kader standen." Als da wären: Pekka Lagerblom, Timo Rost, Max Watzka und Paul Schinke. Routinier Rost, 33, plauschte auf der Tribüne mit seinem Cottbusser Ex-Kollegen Tomislav Piplica, freute sich des Lebens. "Wenn die Jungs so kicken, habe ich kein Problem zuzugucken. Das war sensationell. Roman ist der Mann, der noch gefehlt hat."
Zum Aufstieg, versteht sich.
Die Rasenballer legten nach zweimonatiger Pflichtspielpause los wie wilde Stiere, kombinierten blitzschnell, ließen den Gästen keine Luft zum Atmen. Daniel Frahn (14.), Roman Wallner (26./42.) und Christian Müller (45.) sorgten in den 45 besten Leipziger Punktspiel-Minuten seit Jahren für die 4:0-Halbzeitführung.
Die zweite Halbzeit war nicht ganz so dynamisch, brachte aber Sonne und weitere sechs Tore. Für Leipzig trafen Henrik Ernst (49.), Frahn (78.), Stefan Kutschke (84.) und Wallner (88.). Francky Sembolo (72./79.) nutzte die um sich greifende Nächstenliebe zu den Toren zum 5:1 (72.) und 6:2 (79.). RB-Kapitän Daniel Frahn (schon 17 Saisontreffer) übermittelte Grüße an die Aufstiegs-Konkurrenz. "Die acht Tore waren das richtige Signal an Halle und Kiel."
Wilhelmshavens Coach Christian Neidhard erwies sich als fairer Verlierer, vermied es, die unterschiedlichen Etats ins Feld zu führen. Nur zur Info: Der SVW hat 250000 Euro zur Verfügung, RB ungefähr 25-mal so viel. "Das Ergebnis geht auch in dieser Höhe in Ordnung", sagte Neidlos-Neidhard. "Meine Mannschaft sitzt wie ein Häufchen Elend in der Kabine. Zurecht. Das war ein blutleerer Auftritt, Leipzig hat uns unsere Grenzen aufgezeigt, wir müssen unsere Punkte gegen andere Gegner holen." Am Sonnabend empfangen die Männer vom Jadebusen den Tabellenzweiten aus Kiel. Es steht zu befürchten, dass Wilhelmshaven nicht hoch gewinnt. Guido Schäfer
RB: Borel - Müller, Hoffmann, Franke (30. Hoheneder), Wisio - Röttger, Geißler (68. Schulz), Ernst, Rockenbach (55. Kutschke) - Wallner, Frahn.
Wilhelmshaven: Gerdes - Broniszewski, Hofmann, Softic, Celikyurt - Sam (58. Koweschnikow), Puttkammer (76. Ari), Skoda, Karli - Nonni (46. Yilmaz), Sembolo.

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Standpunkt
RB sendet Signal an Halle und Kiel

Von Guido Schäfer

War RB so gut oder Wilhelmshaven so schlecht? Fakt ist, dass sich die Eigendynamik des Spiels mit flottem Beginn und frühen Toren auf die Seite der Rasenballer schlug. Bei den einen funktionierte danach fast alles, bei den anderen fast nichts. Derart geschmeidig fügen sich die Dinge im Duell Favorit gegen Underdog nicht immer.
RB hat sensationelle Trainingsbedingungen. RB ist viel stärker besetzt als 15 andere Regionalliga-Teams. RB hat bisher aber nicht viel besser Fußball gespielt als 15 andere. Das 8:2 gegen Wilhelmshaven spiegelte den Unterschied zwischen König und Bettler wider. Das Schützenfest lässt zwar keine Schlüsse aufs Titelrennen zu, dürfte aber bei der Aufstiegs-Konkurrenz keine Jubelstürme ausgelöst haben.
Der Druck lastet seit Saisonbeginn auf den Schultern der RB-Profis. Je näher die letzten Spieltage rücken desto stärker werden auch die Fußballer aus Kiel und Halle spüren, was auf dem Spiel steht, wie hemmend Verlustängste sein können. RB kennt diese Ängste in- und auswendig.
@g.schaefer@lvz.de

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Roman Wallner
Interview
"Kollegen haben mich super aufgenommen"

Leipzig. Sein Wechsel von Red Bull Salzburg nach Leipzig war geräuschvoll, die Vorschusslorbeeren waren gewaltig, die Diskussionen über die finanziellen Dimensionen des Transfers ebenfalls. Neuzugang Roman Wallner, 30, über sein Debüt, Luft nach oben, Geld und Fußball in Liga vier.
Frage: Erstes Spiel, drei Tore, Traum-Einstand. Sind Sie nur zufrieden oder auch glücklich?
Roman Wallner: Das war natürlich ein super Einstand, ich muss das Lob aber an meine Kollegen weiter geben. Die haben mich klasse aufgenommen, haben es mir leicht gemacht, mich hier wohlzufühlen. Und dass ein Stürmer auf Vorlagen angewiesen ist, ist auch klar. Die kamen heute.
Wann haben Sie zuletzt drei Tore in einem Pflichtspiel gemacht?
Das ist ein paar Jahre her.
Sind Tore das einzig funktionierende Mittel, um das allgegenwärtige Geld-Thema zu beenden?
Wenn es gut läuft, ist alles gut. Auch die Berichterstattung.
Sind Sie leistungsmäßig schon am Limit oder geht noch was?
Ich habe die komplette Vorbereitung mit Salzburg durchgezogen, bin körperlich gut beieinander. Die absolute Fitness kommt immer erst mit den Pflichtspielen.
Daniel Frahn nennt die Zusammenarbeit mit Ihnen nahezu perfekt. Ist sie das schon?
Es gibt da schon noch das eine oder andere Missverständnis. Aber das ist normal und wird von Spiel zu Spiel besser.
War RB so gut oder Wilhelmshaven so schlecht?
Wohl eine Mischung aus beidem. Wir sind gut gestartet, haben schnell ein Tor gemacht und weiter aufs Tempo gedrückt. Wir dürfen jetzt nicht denken, dass jedes Spiel so läuft.
Peter Pacult hat Sie vor allem für die engen Spiele und engen Räume geholt.
Hat er das?
Hat er. Ein guter Stürmer muss auch mal aus einer halben Chance ein Tor machen. Sagt Pacult.
Das stimmt. Ich will mich hier einbringen, will helfen, aufzusteigen.
Wie feiert ein dreifacher Torschütze seinen Traum-Einstand?
Mit einem Tee im Hotel. Ich bin hier noch alleine, suche eine Wohnung für mich und meine Familie.
Interview: Guido Schäfer

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