"Tor des Monats" für Frahn noch kein Thema
Veränderte RB-Elf tritt heute beim HSV an
Leipzig. Die ARD-Sportschau erfreut seit 1961 in Ost und West, brachte Kult-Moderatoren wie Guten-Abend-allerseits-Faßbender und die Resthaar-Sortierer Wolfhard Kuhlins und Ernst Huberty hervor. 1971 wurde das "Tor des Monats" ins Leben gerufen, 1986 erst- und letztmals ein Spieler der DDR-Oberliga gekürt. Am 7. April 2012 könnte sich RB-Stürmer Daniel Frahn die Medaille greifen. Das Siegtor gegen Hertha ist den Sportschau-Machern in Köln nicht entgangen. Heute, 16 Uhr, treten Frahn und Co. mit veränderter Elf bei der U23 des HSV an.
Wer bei den Roten Bullen über ungelegte Eier spricht, bekommt von Cheftrainer Peter Pacult den Kopf mit einem nassen Lappen gewaschen. Folglich wollte sich RB-Kapitän Frahn, der am Sonntag vom "schönsten Tor meiner Karriere" gesprochen hatte, nicht ausufernd über die Sportschau-Kür im April und seine Chancen auf die Medaille (Goldwert knapp 1000 Euro) sprechen. Der 24-Jährige hätte natürlich "nichts dagegen", möchte sich jetzt aber "bitte" aufs Nachholspiel gegen den Hamburger SV II (heute, 16 Uhr, Norderstedt) "konzentrieren".
Im 100. Pflichtspiel seit der Gründung der Rasenballer können/wollen/müssen selbige kosmetische Distanz zu den Verfolgern aufbauen. Frahn: "Wir haben jetzt die Möglichkeit vorzulegen und Halle und Kiel unter Druck zu setzen." Bisher legten Halle und Kiel jeweils vor, hechelten Frahn und Co. ansetzungstechnisch und drucktechnisch hinterher.
Welche Leipziger heute beim kleinen HSV auflaufen werden, ist ungewiss. Eigentlich müsste die siegreiche Elf vom Hertha-Spiel beste Chancen haben. Hat sie aber nicht. Pacult kommt aus Österreich, bis in die Berge hat es der englische Imperativ "Never change a winning team!" nicht geschafft. Bei der gestrigen Busabfahrt gen Hamburg fehlten jedenfalls die noch am Sonntag gesetzten Max Watzka und Tom Geißler. Und auch Stoßstürmer Stefan Kutschke, der just seine Sperre abgebrummt hat und heiß wie Frittenfett ist, musste in Leipzig bleiben.
Die Rückrunde der Saison 2011/2012 ist die wichtigste seit Club-Gründung 2009, der Aufstiegsdruck riesig. Eine weitere Ehrenrunde in der piefigen vierten Liga wäre qualvoll, auf Einzelschicksale kann in Stunden höchster Anspannung keine Rücksicht genommen werden.
Die U23 des HSV hatte zuletzt beim unglückseligen 0:2 in Halle einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen, kickte offensiv-lebensbejahend. Pacults Gegengift im Mittelfeld könnte Bastian Schultz oder Niklas Hoheneder heißen.
Der 20-fache Saisontorschütze Daniel Frahn ist bei der MDR-Wahl "Volltreffer der Woche" dabei. Das ist der kleine Bruder vom "Tor des Monats", das übrigens nur einem Spieler der DDR-Oberliga vergönnt war. Jörg Burow, Ass des FC Carl Zeiss Jena, nagelte am 12. September 1986 einen Freistoß an der Mauer vorbei ins Netz der BSG Stahl Brandenburg.
Burow durfte zur feierlichen Überreichung nicht ausreisen, bekam seine Medaille nach dem Fall der Mauer. Das war dann keine Freistoßmauer, es war die andere, die größere.
Guido Schäfer
RB Leipzig (ohne Gewähr): Borel - Müller, Franke, Sebastian, Kocin - Schulz, Ernst, Rockenbach, Heidinger - Frahn, Wallner
