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LVZ vom 25.06.2012, Chaos-Tage im Hause Mateschitz

Verfasst: So Jun 24, 2012 10:04 pm
von Mani
Chaos-Tage im Hause Mateschitz
Sportdirektor Ralf Rangnick installiert in Salzburg neuen Coach und ist jetzt auch für Leipzig zuständig


Salzburg/Leipzig. Ralf Rangnick warf vor neun Monaten bei Schalke 04 wegen Erschöpfungszuständen das Handtuch, kehrt nun zurück ins Geschäft. Der Fußball-Lehrer ist neuer Sportdirektor bei den Fußballern von Red Bull Salzburg, bekleidet dieses Amt ab sofort in Personalunion auch bei RB Leipzig. Der Schwabe soll für die engere Verzahnung zwischen den wichtigsten Fußball-Ablegern des Dosen-Milliardärs Dietrich Mateschitz sorgen. Und er soll sich an die Herkules-Aufgabe machen, die schwer erziehbaren, weil bisher ungeliebten Fußball-Kinder der Großfamilie zu domestizieren.
Die erste Amtshandlung von Rangnick, 53, der die TSG Hoffenheim von der dritten in die erste Liga führte und in der Bundesliga auch Hannover und Stuttgart coachte, hatte es in sich. Rangnick kaufte Roger Schmidt, 45, aus dessen Vertrag beim Zweitligisten SC Paderborn und machte ihn zum Salzburger Cheftrainer. Zuvor bekam der in Salzburg hoch angesehene Interimscoach Nico Kovac, 40, die fristlose Kündigung. Kovac hatte gerade erst die Nachfolge von Ricardo Moniz, 47, angetreten, der - kein Witz - vom mächtigen Red-Bull-Leistungsdiagnostiker Bernd Pansold, 65, rasiert worden war. Pansold und Co. wollten sich in Moniz' Trainingssteuerung mischen, machten Fitness-Defizite im Kader des österreichischen Double-Gewinners aus. Pansold ist übrigens verurteilter Dopingarzt der DDR, passt auch mit viel Fantasie nicht ins Lifestyle des Brausegiganten.
Auch Gérard Houllier, ehemaliger Coach der französischen Fußball-Nationalmannschaft und des FC Liverpool, wird künftig mit Dosen-Euro bezahlt. Der 64-Jährige wird Gesamt-Fußballchef, was immer das auch heißt.
Die Wellen schlagen ungebremst von Österreich nach Leipzig, wo diverse RB-Werktätige um ihren Job bangen, bangen müssen. Wolfgang Loos, Sportdirektor und Geschäftsführer beim Regionalligisten, erfuhr aus dem Internet von den Umwälzungen. Weil Rangnick zunächst in Salzburg Scherben aufkehren und den Club geeint in die Champions-League-Qualifikation führen muss, ist es denkbar, dass Loos, 56, seinen Job als Geschäftsführer behält und so zum verlängerten Arm des neuen Mannes in Leipzig wird.
Und da wäre ja noch RBL-Cheftrainer Peter Pacult. Der 52-jährige Wiener ist keiner, der sich gerne unterordnet. Insbesondere dann nicht, wenn sein Gegenüber gewissermaßen den Fußball und die Viererkette und den flachen Pass erfunden hat und in der Branche nicht ohne Hintergrund "Professor" genannt wird. Professor Rangnick und der leicht entflammbare Schlawiener Pacult - das ist Feuer und Wasser und jede Menge Öl. Falls sich Rangnick ins operative Leipziger Geschäft mischt, wird PP explodieren. Oder gehen. Oder gegangen werden.
Heute, 12.30 Uhr, erklärt Rangnick in Salzburg auf einer Pressekonferenz, wie es weiter geht (live auf der Homepage von RB Salzburg). Und ob es für den einen oder anderen überhaupt weiter geht. Wer die PK leitet, ist wie so vieles in diesen Chaos-Tagen der Weltfirma Red Bull ungewiss. Einen Tag, nachdem Ricardo Moniz in Salzburg Geschichte wurde, war auch für Thomas Blazek das Ende der Fahnenstange erreicht. Der charismatische Kommunikations-Chef der RB-Salzburg-Fußballer quittierte nach sieben Jahren seinen Dienst. Es soll einen goldenen Handschlag mit Dietrich Mateschitz gegeben haben. Mateschitz hat in den vergangenen Jahren viele Hände geschüttelt.
Eine RB-Leipzig-Personalie ging derweil fast unter: Tom Geißler steht vor einem Wechsel zum Liga-Kontrahenten FC Carl Zeiss Jena. Guido Schäfer