RB holt Last-Minute-Punkt
3:3 nach 1:3-Rückstand bei BVB-Bubis / Zorniger kritisiert "Angsthasen-Fußball"
Dortmund. Am 22. August 2003 kickte zuletzt eine Leipziger Truppe im Kult-Stadion Rote Erde. Damals holten die Drittliga-Fußballer vom FC Sachsen gegen den BVB-Talentschuppen ein 4:4, trug sich der spätere WM-Held David Odonkor in die Dortmunder Torschützenliste ein. Knappe elf Jahre später legten auch die RB-Profis ein spektakuläres Remis hin, ging es nach 1:3-Rückstand mit einem 3:3 heeme, wurde Platz zwei zurückerobert. Das Ostersamstag-Spiel gegen den Dritten aus Darmstadt hat jetzt noch größere Brisanz als eh schon.
Von Guido Schäfer
Stargast Jürgen Klopp hatte sich im Presseraum mit zwei Fleischwurst-Brötchen gestärkt, bestieg unter tosendem Applaus die Tribüne. Die Bemmen schmeckten nach dem vorabendlichen 3:0 in München wunderbar.
Um 14.02 Uhr wird angepfiffen. Die Blitztabelle weist RB jetzt wieder als Zweiten aus. Mit 67 Punkten vor Darmstadt (66).
18. Minute, das Leipziger 1:0, jetzt ist wieder der alte Drei-Punkte-Abstand zu Darmstadt hergestellt. Yussuf Poulsen reißt im Slalom die linke BVB-Seite auf, erspäht den mitgelaufenen Daniel Frahn, der aus drei Metern einschiebt. Das 15. Saisontor des Kapitäns.
26. Minute, Fabio Coltrorti rettet gegen Marvin Duksch.
28., Doppelchance durch Dominik Kaiser und kurz danach Frahn - das Duell heimelige Tradition gegen die K&K-Monarchie (Kommerz & Kohle) nimmt Fahrt auf.
32., Dortmund und Darmstadt feiern. Coltorti sieht nach einem Freistoß nicht gut aus, Tim Treude arbeitet per Kopf nach, 1:1.
Die dynamisch-frechen BVB-Bubis bleiben am Drücker, legen in der 36. Minute nach. Tammo Harder nutzt einen Blackout im Leipziger Luftraum, staubt zum 2:1 ab. Jetzt ist RB wieder runter von den direkten Aufstiegsplätzen.
Halbzeit, RB-Coach Alexander Zorniger macht seinen fahrigen Männern Beine. Hoffen/glauben/wünschen jedenfalls die 300 RB-Fans unter den 4039 Zuschauern.
Das Gegenteil trifft zunächst ein, die Gäste bleiben defensiv baufällig. Führt zum logischen Dortmunder 3:1. Duksch tanzt Teigl aus, passt auf Harder, der im Nachschuss trifft (48.).
Zorniger wechselt. Georg Teigl/Clemens Fandrich müssen raus, Timo Rötter/Anthony Jung kommen rein.
80., neue Hoffnung: Wusel-Röttger dribbelt sich durch, schießt mit links, Frahn nutzt den Abpraller zum 3:2.
84., auch Jungs Einwechslung lohnt sich. Der Hesse bringt Sebastian Heidinger ins Spiel, dessen Heber zum 3:3 ins Netz hüpft.
90., nach erneuter Röttger-Vorarbeit hat Frahn das 4:3 auf dem Huf, verzieht. "Den muss ich machen", wird der nunmehr 16-fache Torschütze später sagen. Danach ist Schluss. RB holt kurz vor knapp via formidablem Endspurt einen Punkt. Über den sich RB-Coach Zorniger nicht freuen kann. "Das war lange Zeit beschissen, über 75 Minuten war nichts von uns zu sehen. Die Innenverteidigung hat mir gar nicht gefallen, Tim und Nik haben sich von Duksch abkochen lassen. Heute haben wir wieder gesehen: Wir müssen uns alles hart erarbeiten." Angesprochen aufs mögliche 4:3 durch Frahn meinte der 46-Jährige: "Das wäre mehr als unverdient gewesen, das war Angsthasen-Fußball."
Sein BVB-Kollege David Wagner wollte sich die eigene Leistung nicht verwässern lassen. "Das war großer Sport von uns, wir haben Leipzig nicht ins Pressing kommen lassen. Wir wollten einen Bonuspunkt im Abstiegskampf, es hätten drei sein können und müssen." Stimmt.
RB Leipzig: Coltorti - Teigl (51. Jung), Hoheneder, Sebastian, Heidinger - Demme (71. Palacios-Martinez) - Kimmich, Fandrich (51. Röttger) - Kaiser - Poulsen, Frahn.
Bald Klarheit an Lizenz-Front
Dortmund/Leipzig. Es gab gestern auch gute Nachrichten für die in Dortmund gebeutelten Rasenballer. Die haben nach LVZ-Informationen vom DFB die Lizenz für die 3. Liga erhalten. Weil sich die Zugangsregularien der für die erste und zweite Liga zuständigen DFL kaum vom Drittliga-Ticket unterscheiden, dürfte es mit der Zweitliga-Lizenz der Roten Bullen keine unlösbaren Probleme geben. Die Männer um RB-Geschäftsführer Ulrich Wolter haben offenbar ihre Hausaufgaben gemacht und insbesondere an den monierten Club-Statuten (hohe Aufnahmegebühren für Mitglieder et cetera) Hand angelegt. In 14 Tagen soll an dieser Lizenz-Front Klarheit herrschen. Red-Bull-Fußballchef Ralf Rangnick hatte sich zuletzt optimistisch in Sachen Lizenz geäußert: "Wenn wir sportlich aufsteigen, spielen wir kommende Saison in der 2. Liga."
Die Rasenballer verlangen einen Eier abschreckenden jährlichen Mitgliedsbeitrag von 800 Euro. Bei Bayern München sind 30 bis 60 Euro fällig. Bisher ist der Kreis der RB-Mitglieder ein handverlesener, umfasst neun (!) Männlein/Weiblein. Die Bayern haben 223985 Mitglieder. Man sei "nicht der klassische und traditionelle Mitgliederverein", lautet dazu die Lesart der Roten Bullen. gs
Bullen-Barometer
Top in Form: Daniel Frahn, Timo Röttger, Anthony Jung, Yussuf Poulsen
Gut drauf: Sebastian Heidinger
Geht so: Fabio Coltorti, Diego Demme, Dominik Kaiser, Joshua Kimmich
Unter Niveau: Tim Sebastian, Niklas Hoheneder, Georg Teigl, Clemens Fandrich