LVZ vom 09.05.2014, Das große Zittern

Presseberichte zu RB Leipzig
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Jupp
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LVZ vom 09.05.2014, Das große Zittern

Beitrag von Jupp » Do Mai 08, 2014 10:04 pm

Das große Zittern
DFL bleibt hart: RB Leipzig bangt um Lizenz für 2. Liga
Kommt es jetzt zum großen Rechtsstreit vor Gericht?
Sportbürgermeister Rosenthal reagiert entsetzt


Leipzig. Riesenwirbel um RB Leipzig: Der Club bangt nach dem schon sicher geglaubten Aufstieg in die 2. Bundesliga um die Lizenz. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hält unverändert an ihren Auflagen fest. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz drohte daraufhin im LVZ-Interview, sein Engagement in Leipzig einzustellen, sollte die Lizenz nicht erteilt werden. Eine Entscheidung fällt am 28. Mai.

Von Winfried Wächter

Im Leipziger Rathaus herrschte gestern große Sorge angesichts der Empörung von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz über die bislang verweigerte Lizenz für die zweite Liga. "Ich hoffe doch sehr, dass das Ganze nicht an Formalien scheitert und es zu einer Einigung kommt", sagte Sportbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke). Würde die Lizenz verweigert, wäre das nicht nur den fast 43000 Zuschauern, die am Sonnabend den Aufstieg im Stadion gefeiert hatten, schwer zu vermitteln. Auch in der gesamten Region würde RB als Verein wahrgenommen, auf dem viele Hoffnungen ruhten. "Er ist solide und gesund, leistet eine hervorragende Nachwuchsarbeit und erfüllt somit alle Forderungen, die von einem Verein auch verlangt werden", sagte Rosenthal.
Die Deutsche Fußball-Liga erteilt die Lizenz auch deshalb nicht, weil alle RB-Führungskräfte Angestellte von Red Bull sind. Später könnte auch die 50+1-Regel zum Problem werden. Es sei höchste Zeit, dass diese Klausel, die den Einfluss privater Sponsoren auf den organisierten Fußball beschränken solle, von einem staatlichen Gericht oder dem Bundeskartellamt überprüft werde, fordert Sportrechtler Mark-E. Orth. "Diese Regel verstößt nach meiner Einschätzung gegen deutsches und europäisches Kartellrecht." Gleiches gelte für die Vorgaben beim Vereinslogo, das die DFL ebenfalls beanstandet.
Unverständnis über die Haltung der DFL herrschte auch unter ostdeutschen Fußball-Funktionären. Rainer Milkoreit, Präsident des Nordostdeutschen Verbandes, hofft weiterhin auf eine Einigung und erwartet, dass RB in der nächsten Saison in der zweiten Liga spielt. "Alles andere wäre eine Katastrophe." Auch Milkoreit kann sich vorstellen, dass der Streit vor Gericht entschieden wird. Klaus Reichenbach, Präsident des Sächsischen Verbandes, sprach von einem schweren Schlag für den Ost-Fußball, würde RB der Weg in die zweite Liga verweigert.
Im Leipziger Fußball wurde Vereinen zweimal die Lizenz nicht erteilt. Der VfB, damals Zweitligist, hatte sie 1998 im ersten Anlauf nicht erhalten und stieg am Ende der Saison ab. Der FC Sachsen konnte 2001 eine Bürgschaft über 5,9 Millionen Mark nicht aufbringen, musste einen Zwangsabstieg in die Oberliga hinnehmen. Dynamo Dresden war 1995 betroffen, wurde von der ersten Bundesliga direkt in die Regionalliga versetzt.
Die DFL äußerte sich gestern nicht zu den schweren Mateschitz-Vorwürfen. Sie berät am 28. Mai letztmals die Lizenzierung für die Zweitligisten und will danach ihre Entscheidung bekanntgeben. ©Leitartikel und Seite 21
RB setzt auf Einigung ohne Schaum vorm Mund

Von Guido Schäfer

Hier die böse, böse Deutsche Fußball-Liga, die Mateschitz, der Stadt, den RB-Kickern, ja, uns allen ans Leder will.
Da das Lämmchen Leipzig und die Angst vorm Metzger.
Kann es Zufall sein, dass die DFL in Frankfurt am Main und nicht in Frankfurt an der Oder Gott spielt? Ja, Zufall. Im einfachen Ost-West-Muster ist diese Nummer um Sein oder Nichtsein der Brause-Bullen in Liga 2 nicht gestrickt.
In der Deutschen Fußball-Liga sitzen neben Gegnern des besonderen Leipziger Allerleis auch Menschen, denen ideologisch erhöhter Puls und Schaum vorm Mund fremd sind. Die nur eine Frage umtreibt: Wie kann man den deutschen Profi-Fußball noch sexier machen und lukrativer vermarkten? Falls RB das Hochglanzprodukt aufhübscht - rein in die gute Stube!
Christian Seifert ist so ein Mann. Der Chef der DFL hält sich auch im vorliegenden Lizenz-Fall an ein von den 36 Proficlubs verfasstes Regelwerk. Seifert: "Wenn wir der Meinung sind, dass ein Club die Regeln nicht einhält, teilen wir ihm das mit." So geschehen in Sachen RB Leipzig.
Dann kann, so Seifert, der Club das akzeptieren und es ändern. Oder, und jetzt kommt RB wieder ins Spiel, lässt es juristisch überprüfen. In dieser Phase befindet sich der dreigeteilte Einigungsprozess in diesen Tagen und Stunden.
1.: Das monierte RB-Logo.
Keine große Hürde. Falls es die DFL will, werden die beiden Red-Bull-Rindviecher durch ein Bild von Reinhard Rauball ersetzt. Rauball ist ein hohes DFL-Tier und zeigte seine Abneigung gegen RB wiederholt offen. Wenn Rauball Richter wäre und die Dose Delinquent, müsste er wegen Befangenheit seine Robe nehmen. Geschenkt.
2.: Eintrittsbarrieren für Mitglieder?
Weder im Vereinsrecht noch in den DFL-Statuten finden sich belastbare Vorschriften zu den Themen Mitgliederbeitrag und Mitgliederanzahl. Die Gründung eines Vereins erfordert sieben Mitglieder. RB hat damit sozusagen zwei zu viel. Eine Öffnung an der Mitglieder-Front ist dennoch möglich und tut nicht weh. Diesbezügliches Zauberwort: Fördermitglieder. Die tun Gutes, haben aber nix zu sagen.
3.: Die Besetzung der Führungspositionen im Verein. Bisher sind Ehrenrat, Aufsichtsrat und Vorstand allesamt von Red-Bull-Gehaltsempfängern besetzt. Die DFL will frisches Blut. Wie wäre es mit dem gut durchbluteten Franz Beckenbauer?
Falls alle Stricke reißen und man sich wider Erwarten nicht einigt, wird es unschön, tauchen Schiedsgericht und - Ultima Ratio - ordentliche Gerichte am Horizont auf.
Übrigens: Dietrich Mateschitz ist nicht mit Überfällen auf niederösterreichische Banken reich geworden.
@g.schaefer@lvz.de
Großes Entsetzen, viel Hoffnung
Ein mögliches Aus für die Rasenballer empfinden viele als Katastrophe


Leipzig. Die Pressekonferenz vorm finalen Liga-Spiel der Roten Bullen bei den Stuttgarter Kickers (Sonnabend, 13.30 Uhr) wurde überstrahlt vom Thema Nummer 1 - Kampf um die Zweitliga-Lizenz für RB. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) pocht auf Erfüllung diverser Auflagen, Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz spricht im LVZ-Interview von einem drohenden Aus seines Fußball-Projektes. Cheftrainer Alexander Zorniger schlägt vor, das Aufstiegsvideo mit 15000 feiernden Festwiesen-Fans an die DFL zu schicken. Auch NOFV-Boss Rainer Milkoreit und Sachsens Fußball-Chef Klaus Reichenbach meldeten sich zu Wort.
Rainer Milkoreit, Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes, gibt die Hoffnung nicht auf. "Ich gehe nach wie vor davon aus, dass es zu einer Einigung kommt und RB Leipzig in der kommenden Saison in der zweiten Fußball-Bundesliga spielen wird", sagte er und fügte hinzu: "Alles andere wäre eine Katastrophe."
Dieses Wort wurde gestern oft benutzt, wenn es um das drohende Ende von RB Leipzig ging, wie Dietrich Mateschitz tags zuvor angedroht hatte. Der Red-Bull-Boss hatte sich über die Auflagen der Deutschen Fußball-Liga empört und erklärt: "Jetzt, wo alles auch sportlich funktioniert, droht das Aus."
Milkoreit kann den Mateschitz-Unmut gut nachvollziehen. "Nur beim Wort Entmündigung würde ich nicht zustimmen." Molkoreit kann sich sogar vorstellen, dass der Streit vor Gericht entschieden wird. Ein Zeitproblem sieht er nicht, weil damit eine aufschiebende Wirkung verbunden wäre. "Aber natürlich hoffe ich, dass es nicht dazu kommt." Der NOFV-Präsident erinnerte daran, dass RB in der 3. Liga alle Auflagen unter Hoheit des DFB erfüllt hatte. "Manche mögen das Projekt vielleicht nicht", aber es war alles unter realen Bedingungen zugegangen."
Sein Kollege Klaus Reichenbach gehört gewissermaßen zu den Geburthelfern der Rasenballer. Der Präsident des Sächsischen Fußball-Verbandes hatte in den letzten Tagen schon gespürt, "dass etwas nicht in Ordnung war". Dabei war er nach Gesprächen im DFB-Präsidium wie Milkoreit davon ausgegangen, dass es keine Probleme bei der Lizenzerteilung für RB Leipzig geben würde. "Ob da noch etwas vorgefallen ist, weiß ich nicht. Aber erhält RB keine Lizenz, ist das in schwerer Schlag für den Ost-Fußball."
Reichenbach versteht die Mateschitz-Kampfansage keinesfalls als leere Drohung. "Viele, die ihn kennen, berichten davon, dass er solche Entscheidungen trifft." Ihm sei ein Beispiel bekannt, als Mateschitz eine Rennstrecke in der Steiermark wiederbeleben wollte. "Da hatte er auch schon Millionen investiert, sich aber zurückgezogen, als es enormen Ärger gab, der vorher nicht abzusehen war." Vielleicht, vermutet der Präsident der sächsischen Fußballer noch, habe Mateschitz auch gehört, wie in einigen Mitgliederversammlungen von Bundesliga-Vereinen mit Investoren umgegangen wurde. "Das war nicht immer freundlich und da waren auch oft merkwürdige Forderungen im Spiel."
Davon kann Uwe Thomas ein Lied singen. Er gehörte zwar nicht zum Vorstand eines Bundesligisten, sondern war 2001 bis 2004 Manager beim FC Sachsen. Er erinnert sich an eine bierselige Mitgliederversammlung, als sich zu fortgeschrittener Stunde ein FCS-Fan zur Wahl in den Vorstand stellte. Die Mitglieder jauchzten und wählten den jungen Mann. Der blieb nur ein paar Wochen ...
Thomas sprach damals mit hochrotem Kopf von einer "menschenverachtenden Demontage", hatte "nur noch das Gefühl der Duldung" durch den Aufsichtsrat. "Aber ich bin kein Notnagel, kein Depp oder Blödmann!" Während Christian Rocca, sein damaliger Präsident, nicht warm wird mit den Rasenballern und die Red-Bull-Arena in diesem Leben nur zu Konzerten besucht, ist Thomas Dauergast bei den RB-Heimspielen. Die Forderungen der DFL erschließen sich selbst für den eingefleischten Grün-Weißen nicht. "Man muss den Club ja nicht gleich lieben, aber Respekt habe ich allemal vor dem, was Herr Mateschitz hier in Leipzig geschaffen hat und noch schaffen wird. Die Lizenz wird kommen, da bin ich mir absolut sicher."
Winfried Lonzen war auch mal Präsident des FC Sachsen (Dezember 2007 bis April 2009), erinnert sich mit Grausen an seine Zeit als Ober-Leutzscher, die in einer Insolvenz mündete. Heute ist der Chef der Stadion-Betreiber Gesellschaft ZSL "überzeugt davon, dass die Sache mit RB und der Lizenz einen guten Ausgang nimmt und wir nächste Saison in der 2. Liga spielen". Bisher sei es meist so gewesen, dass es ein Verein Schwierigkeiten mit der Lizenz hatte, wenn er finanzielle Problem hatte. "Ich kann nur die Deutsche Fußball-Liga bitten, noch mal in sich zu gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man den Erfolg, der hier in Leipzig erzielt worden ist, einfach ignorieren wird."
Die DFL wollte sich gestern nicht zu den Mateschitz-Vorwürfen äußern. Es werde erst wieder am 28. Mai kommuniziert - dann tagt der Lizenzierungsausschuss abschließend.

Winfried Wächter, Guido Schäfer
"Mateschitz hat vollkommen Recht"

Leipzig. Mark-E. Orth (39), Rechtsanwalt in München und Gastreferent für Sportrecht an der HTW Chur, plädiert dafür, die 50+1-Regel anzufechten. Sie verstößt gegen deutsches und europäisches Kartellrecht, sagt er.
Frage: Dietrich Mateschitz will sich seinen Einfluss auf das von ihm finanzierte RB-Projekt von der DFL nicht nehmen lassen. Hat er Recht?
Mark Orth: Er hat vollkommen Recht. Es ist höchste Zeit, dass die 50+1-Klausel, die den Einfluss privater Sponsoren auf den organisierten Fußball beschränken soll, von einem staatlichen Gericht oder dem Bundeskartellamt überprüft wird. Diese Regel verstößt nach meiner Einschätzung gegen deutsches und europäisches Kartellrecht. Gleiches gilt für die Vorgaben beim Vereinslogo.
RB Leipzig hat aber nicht die Zeit, um vor Gericht zu ziehen und auf ein Urteil zu warten.
Es gibt die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes, um eine Entscheidung schneller zu bekommen. Natürlich verbleibt für die Hauptsache ein großes Risiko. Allerdings besteht das gleiche Risiko auch für die DFL, da im Falle eines Kartellrechtsverstoßes, der Geschädigte Schadensersatz verlangen kann. Schaut man sich Rechtspraxis der Gerichte und Kartellbehörden an, gibt es mehr als gute Chancen, die Regelung anzugreifen.
Welche Fälle meinen Sie?
Zuletzt hat Hannover 96 die 50+1 Regelung vor dem DFB-Schiedsgericht angefochten. Leider ist der Schiedsspruch in kartellrechtlicher Hinsicht sehr enttäuschend, weil er kartellrechtliche Fragestellung allerhöchstens peripher tangiert. Ich halte es auch für taktisch falsch, eine solche Entscheidung vor dem DFB-Schiedsgericht zu suchen. Da muss man schon vor ein unabhängiges staatliches Gericht ziehen. Dabei hätte sich das Schiedsgericht nur die Entscheidung des Landgerichts München anschauen müssen, wo es um den Zugang zum Oktoberfest ging. So wie die Stadt München bei der Entscheidung über den Zugang zum Oktoberfest marktbeherrschend ist, so ist es auch die DFL bei der Lizenzierung für die Bundesliga. Aus dieser Marktbeherrschung folgt dann aber auch das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Das LG München hielt es für missbräuchlich, wenn man nur Traditionsbrauereien zulassen würde, die durch jahrzehntelange Belieferung der Wiesn, ihre Tradition belegen könnten. Dann kann aber auch für die DFL nichts anderes gelten. Clubs, die mehr als 20 Jahre einen privaten Investor in maßgeblicher Position hatten, können also keine Ausnahme bekommen. So praktiziert es aber die DFL.
Worauf stützt sich die Argumentation der DFL?
Eines ihrer Argumente war immer, man wolle sich vor Geldwäsche schützen. Wenn jemand tatsächlich Geld waschen will, dann wird er sich keine Branche aussuchen, die dermaßen in der Öffentlichkeit steht wie der Fußball. Dann wird oft argumentiert, sportliche Ausgeglichenheit setze wirtschaftliche Ausgeglichenheit voraus. Das wird aber durch die 50+1 Regel gar nicht erreicht.Damit die 50+1 Regelung keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt, braucht sie eine sachliche Rechtfertigung, die ich aber nicht finden kann.
Sie ist doch zumindest bemüht.
Dann müsste sie auch einschreiten, wenn es finanziellen Zuwendungen für einen Verein von der Kommune oder vom Land gibt. Das führt nach ihrem Verständnis genauso zu einer Wettbewerbsverzerrung. Wenn es diese wirklich nicht geben soll, müsste garantiert werden, dass jeder Verein den gleichen Etat hat.
Wie wird der Streit zwischen RB und der DFL ausgehen?
Es ist an der Zeit, dass die 50+1-Regel hinterfragt wird. Das kann vielleicht nur jemand wie Herr Mateschitz. Wenn er sein Geld hergibt, dann muss er auch die Entscheidung darüber haben, wie es verwendet wird. Letztlich basiert der Erfolg Volkswirtschaft darauf, dass derjenige, der investiert, auch darüber entscheidet, was mit dem Geld passiert. Wer den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren vom organisierten Sport ausschließen will, der schadet zuallererst dem Sport. Damit wird neuen innovativen Konzepten der Zugang zum Markt versperrt. Natürlich kann auch das ein oder andere scheitern, aber genau das macht den Sport ja so spannend und den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren so erfolgreich.

Interview: Winfried Wächter
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