LVZ vom 12.08.2014, "Gegen Leipzig kann man mal verlier'n"

Presseberichte zu RB Leipzig
Gesperrt
Benutzeravatar
Jupp
Moderator
Beiträge: 21963
Registriert: Di Aug 25, 2009 4:41 pm
x 1423
x 4648

LVZ vom 12.08.2014, "Gegen Leipzig kann man mal verlier'n"

Beitrag von Jupp » Mo Aug 11, 2014 10:03 pm

"Gegen Leipzig kann man mal verlier'n"
Mit den RB-Anhängern nach München und zurück - ein Report von Winfried Wächter


Leipzig/München. Das Einsteigen erfolgt zügig. Sechs Busse stehen auf dem Vorplatz der Red-Bull-Arena, 8.30 Uhr geht es am Sonntagmorgen nach München. RB bestreitet gegen 1860 sein erstes Auswärtsspiel in der zweiten Bundesliga. Willkommen ist der Aufsteiger nicht gerade. Sogar ein Protestmarsch ist für 13 Uhr in der bayerischen Landeshauptstadt angekündigt.
Grund genug für mich, ein preiswertes Ticket für Fahrt und Stadioneintritt (insgesamt 52 Euro) zu kaufen, um alles mitzuerleben. Auch einen Fanschal trage ich. Das geht sonst nicht, man muss ja als Journalist neutral sein. Aber wenn schon im Fanblock, dann richtig. Das Stück hat 14,95 Euro gekostet, ich will ihn später an einen RB-Fan verschenken.
Gibt es Angst vor den Protesten oder der bevorstehenden aufgeheizten Stimmung im Stadion?, frage ich gleich meinen Sitznachbarn. Steffen Schönherr ist ganz entspannt und winkt ab. "Das ist doch alles übertrieben." Der 50-Jährige wirkt auch nicht, als würde er sich vor etwas fürchten. Er ist von Anfang an dabei, war auch in der Oberliga Stammgast, als RB noch in Markranstädt spielte. Ursprünglich war er Chemie-Fan, sein Bruder ist nach wie vor Lok-Fan. "Ihn kann ich nicht überzeugen", lacht Schönherr.
Die Proteste sind im Bus kein Thema. "So etwas schweißt uns noch mehr zusammen", sagt Alex, der mit seinem kleinen Bruder vor mir sitzt. Aber Mitglied kann er bei RB nicht werden, so lautet auch einer der Vorwürfe der RB-Kritiker. "Will ich doch gar nicht", erwidert der 20-Jährige. Er gehört zu einem der offiziellen RB-Fanklubs, und da könne man viel mehr erreichen. In der vorigen Saison galten im Fanblock in der Red-Bull-Arena feste Stehplätze. "Das wurde geändert, auch die Preise wurden korrigiert", sagt Alex. Anderswo sei man zwar Vereinsmitglied, da ginge es aber meistens nur darum, Karten für die Spiele zu bekommen.
"Ihr könnt heute frei machen"
Was Mike bestätigt. Er ist aus diesem Grund sogar Mitglied des FC Bayern geworden. "Aber auch das mit den Karten klappt nicht immer." Er trinkt im Bus aus einer Red-Bull-Dose. Ist er ein Opfer der Werbestrategie des Brauseherstellers geworden, der mit seinem Fußball-Engagement nach Meinung seiner Kritiker kein anderes Ziel hat, als noch mehr Dosen zu verkaufen? "Das habe ich schon vorher getrunken, da war Red Bull noch gar nicht in Leipzig."
In München werden wir nach dem Aussteigen von der Polizei erwartet und von ihr ins Stadion begleitet. "Ihr könnt heute frei machen", ruft Henning ihnen zu. "Mit uns gibt es keinen Stress." Auch er ist schon länger dabei, berichtet davon, wie sich die Ordner bei Auswärtsspielen immer gefreut haben, wenn RB kam. "Sie wussten: Mit uns haben sie einen ruhigen Nachmittag."
Im Stadion sehen wir ein Spruchband auf der Gegenseite: Unser Fußball lebt durch Leidenschaft und Tradition, Ihr seid kein Teil davon, ist auf großen Lettern zu lesen. "Und euch hat nur der Scheich bezahlt", singen die Leipziger. Gemeint ist der Jordanier Hasan Ismaik, der Großinvestor der Münchner
Kurzzeitig ist im Stadion auch zu lesen: Noch schlimmer als eine dumme Idee sind die Menschen, die ihr blind folgen. Gegen Red Bull und seine Anhänger! Im konkreten Fall sind der Idee etwa 2000 Menschen gefolgt. Sie vermitteln keineswegs den Eindruck, dies etwa blind getan zu haben. Der Fan-Block ist jedenfalls dicht gedrängt. Auch die RB-Führungsetage mit Ralf Rangnick an der Spitze steht unter ihren Anhängern, wird mir berichtet. Ich habe sie nicht getroffen.
Die RB-Fans registrieren die Anfeindungen kaum. "Ooohne Leipzig wääär hier gar nichts los", halten sie dagegen. Oder etwas provozierender: "Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf." Selbstironie ist im Repertoire auch enthalten: "Wir sind Schweiiiine, zahlen keinen Eintritt und trinken Champaaaagner statt Bier."
Nach dem 3:0-Sieg singen sie selbstbewusst: "Gegen Leipzig kann man mal verlier'n." Der Abmarsch verläuft unkompliziert. RB- und 60er-Fans begegnen sich an vielen Stellen, nichts passiert. Jetzt könne er auch ganz beruhigt am Montag zur Arbeit gehen, schmunzelt RB-Fan Uwe. Er hatte eine kurze Anreise, wohnt seit vielen Jahren in München, hat aber nichts mit den Bayern oder den Löwen am Hut. "Ich finde gut, dass Red Bull in Leipzig eingestiegen ist und fand das von Anfang an richtig." Das würden auch nicht alle Münchner kritisch sehen. Er habe zuletzt mit Bayern-Fans gesprochen, die überhaupt nichts gegen RB Leipzig hätten.
"Ich habe nichts gegen die Leip­ziger", sagt Löwen-Anhänger Franz. "Hauptsache, sie treten nicht so auf wie Rostocker und Dresdner." Die sind in München in weniger guter Erinnerung. Andere "Blaue" wollen nicht mit mir reden. Inzwischen ist bekannt, dass etwa 100 Löwen-Fans am Protestmarsch vor dem Spiel teilgenommen hatten. Es waren wesentlich mehr erwartet worden. "Sag ich doch, das wird alles aufgebauscht", sieht sich Steffen Schönherr bestätigt.
"Interessiert sind sie eben alle"
Pünktlich 18 Uhr erfolgt die Rückfahrt, wie auf der Hinfahrt über die A 9 mit Pause am Rasthof Fränkische Schweiz. An der Toilette und an den Kassen herrscht Hochbetrieb. Sie haben doch bestimmt viel mit Fußball-Vereinen zu tun, frage ich die Kassiererin. Sie nickt. "Erst letzte Woche. Das war nicht schön." Sie berichtet, wie sich Auer Fans - sie kamen vom Spiel aus Nürnberg - nicht sonderlich gut benommen hätten. Einige hätten nicht bezahlt und vor dem Restaurant auch noch Pyrotechnik abgebrannt. Da habe es ziemliches Unverständnis durch das Personal gegeben. "Und was seid ihr für Fans?", fragt sie und schaut auf meinen Schal. Mit RB Leipzig kann sie nichts anfangen. "Aber ihr benehmt euch, wie es sich gehört." Wie das so ist, wenn man in vielen Fällen mit Anhang unterwegs ist. Ehefrau oder Freundin würden vermutlich eine Standpauke halten oder das Weite suchen, wüsste der Partner sich nicht zu benehmen.
Es geht weiter. Im Bus ist es ruhig. "Das ist aber nicht immer so", weiß Alex. "Mit Chemie wurde nach Siegen mehr gesungen", sagt Steffen Schönherr. "Aber da waren die Entfernungen auch nicht so groß und nicht alle waren so müde." Er hat Bruder und Mutter ("Auch Lok-Fan") über das Geschehen in München informiert. "Interessiert sind sie eben alle, was bei RB passiert. Und meine Mutter werde ich mal mit ins Stadion nehmen, wenn nur nicht so viele Treppen wären."
Gegen 23.30 Uhr rollen die Busse wieder in Leipzig ein. Auf dem Stadionvorplatz herrscht Eile. Alle wollen schnell nach Hause, es regnet. Robert Weiß raucht noch eine Zigarette, bevor er sich ins Auto setzt. Es trägt das Kennzeichen des Erzgebirgskreises. "Ich komme aus Marienberg, muss jetzt noch eine gute Stunde fahren." Mit Erzgebirger Aue, dem FSV Zwickau oder dem Chemnitzer FC hat er nichts am Hut. In dieser Region gilt sein Interesse dem Eishockey, ein Wimpel des ETC Crimmitschau hängt daher an der Windschutzscheibe. "RB fand ich von Anfang gut und bin, wenn es geht, stets dabei. Auch auswärts. Einige meiner Kollegen lästern zwar, aber sie sind interessiert, was bei RB alles passiert."
Dann fährt er los. Ich setze mich aufs Fahrrad und radle nach Hause. Der Regen ist unangenehm. Der RB-Schal saugt einiges auf, leistet gute Dienste.
Yussuf Poulsen: Ein Mann auf der Überholspur

von Guido Schäfer

Leipzig. Der Tag danach ist für siegreiche Kicker einer wie gemalt. Man läuft bzw. radelt aus, macht sich im Whirlpool breit, wird massiert, sauniert - und darf das Shampoo des Kollegen benutzen. Im Fall der bei 1860 München 3:0 siegreichen Rasenballer gab es gestern auch noch Nudeln aufs und frei Haus.
Bester unter vielen Guten war beim Husarenritt in der Allianz-Arena zu München Yussuf Poulsen. Der geölte dänische Blitz traf vor 32000 Fans zum 1:0, legte das 2:0 von Matthias Morys mundgerecht auf, hatte nur beim 3:0 durch Denis Thomalla seine biegsamen Gräten nicht im Spiel. Poulsen, 20, landete in der Elf des Tages des Kicker. Dort hätten auch Tim Sebastian, Niklas Hoheneder, Diego Demme, Georg Teigl, Joshua Kimmich und so weiter stehen können.
Coach Alexander Zorniger holte alle Mann mit ins Traumschiff. "Dieses 3:0 war das Ergebnis von einer Woche mit einem Training auf extrem hohen Niveau. Dafür hat der gesamte Kader gesorgt." Konsequenterweise müssten die gestern beim Spiel-Ersatz-Training (grausames Wort) aktiven Kader-Aktivisten dann auch die Siegprämie kassieren. So weit geht sie doch nicht, die Liebe.
Auf der Münchner Tribüne waren auch zwei legendäre Ex-Sechziger von den Socken. Werner Beinhart Lorant, 65, vermisste im Kampf gegen Poulsen das Stilmittel Grätsche, dachte bestimmt an seine früheren Kanthölzer Jens Jeremies und Thomas Miller. Peter Pacult, Ex-Coach der Löwen und von RB Leipzig, sah den Schlüssel zum RB-Erfolg in der Personalie Poulsen. "Den haben die Sechziger nie in den Griff gekriegt." In München sagt man über gerissene Typen a la Poulsen: A Hund isser scho!
Und a schneller dazu ...
Der Däne bleibt bescheiden: "Ich habe super Mitspieler, die wissen, wo sie den Ball hinspielen müssen. In die Schnittstellen der Abwehr. Seine Topform erklärt er so: "Mein Körper ist fit, mein Kopf auch. Ich fühle mich gut." Coach Zorniger schwärmt: "Yussi hat in jeder Hinsicht einen Sprung gemacht. Ein toller Mensch und Sportler, der alles aufsaugt wie ein Schwamm. Er erinnert mich an Sami Khedira. Der war ähnlich wissbegierig und ehrgeizig." Wo dies im Fall des Ex-Stuttgartes Khedira hinführte, ist bekannt. In die Weltspitze.
Abheben werde Yussuf Poulsen laut Zorniger garantiert nicht. "Diese Veranlagung existiert bei Yussi gar nicht."
Klar ist: Der im Sommer 2013 für 600000 Euro verpflichte Vollblutstürmer hat seinen Marktwert vervielfacht. Klar ist auch: Er ist unverkäuflich.
Übrigens: Keeper Jens Grahl, 25, bleibt in Hoffenheim. RB setzt bis auf weiteres auf Benny Bellot, 24. Und auf zeitnahe Genesung des Hünen Fabio Coltorti, 33.
RB-Fans.de Facebook: http://www.facebook.com/rbfans.le
RB-Fans.de Twitter: http://twitter.com/rb_fans
RB-Fans.de Instagram: https://instagram.com/rb_fans_de/

Gesperrt