LVZ vom 18.07.2013, Frahn: Hitzige Atmosphäre motiviert
Verfasst: Mi Jul 17, 2013 10:02 pm
Frahn: Hitzige Atmosphäre motiviert
Der RB-Kapitän und Bastian Schulz wissen, was sie morgen in Halle erwartet
Leipzig. Die Geschichte mit dem Koma war natürlich nicht ernst gemeint. Daniel Frahn grinste, als er gestern auf der Pressekonferenz davon sprach, wie er nach der erfolgreichen Relegation zunächst gefeiert und dann den kurzen Urlaub verbracht habe. "Zu Hause im Garten." Das klang wenig aufregend, aber seine Nerven waren vorher auch genügend strapaziert worden. Dass er nach der Verletzung tatenlos zusehen musste, wie seine Kollegen die beiden Partien gegen Lotte bestritten, bescherte ihm erhebliche und unbekannte Aufregung. Schließlich ist er es gewohnt, das Geschehen auf dem Rasen aktiv mitzubestimmen.
Morgen in Halle beim Saisonauftakt wird er spielen (Anstoß 20.30 Uhr/live im MDR). Alles andere wäre ein Wunder. Auch der neben ihm sitzende Bastian Schulz sollte zur Stammformation gehören. Beide wissen, was RB erwartet. "Das Spiel war nach zwei Stunden ausverkauft, das sagt doch alles", erklärte Schulz. Frahn: "Eine hitzige Atmosphäre motiviert uns noch mehr." Seine Mannschaft sei durch die sieben Neuzugänge stärker geworden. Alle hätten sich hervorragend integriert, und wer von ihnen spielen wird, sei natürlich wie auch das System Sache des Trainers.
"Konkurrenz belebt das Geschäft", sagte Schulz. "Wir haben eine lange Saison vor uns, wo wir jeden Einzelnen brauchen werden." Mit den zuletzt verpflichteteten Tobias Willers, Anthony Jung (beide Abwehr) und Yussuf Poulsen als zweiter Stürmer neben Frahn darf gerechnet werden. Alexander Zorniger wird in den nächsten Stunden einigen mitteilen müssen, dass sie zum Auftakt nicht im Kader stehen. Für Fabian Franke käme, so der Trainer, ein Einsatz nach seiner Fußverletzung noch zu früh. Matthias Morys (Oberschenkelprobleme) und Joshua Kimmich (Schambeinentzündung) fallen ebenfalls aus.
Zorniger versteht, wenn bei den von ihm gegen den HFC Nichtnominierten keine Freude aufkommt. Wenn aber länger als ein, zwei Tage geschmollt werde, stimme die Einstellung nicht. "Sie können sich immer wieder anbieten", sagte er. Zum Beispiel auch für den Test gegen Werder Bremen (23. Juli) und das Pokalspiel gegen den FC Augsburg (2. August). W.W.
Fußball, Finanzen, Favoriten, Fehler
LVZ-Diskussion: Drittliga-Vereine aus der Region mit unterschiedlichen Zielen
Spannende Fußball-Runde in der Kuppel der LVZ: Die Drittliga-Trainer Alexander Zorniger (RB Leipzig), Gerd Schädlich (Chemnitzer FC), Walter Kogler (Rot-Weiß Erfurt) sowie Co-Trainer Dieter Strozniak (Hallescher FC) diskutierten kurz vor dem Saisonstart bei der von LVZ-Sportchef Winfried Wächter moderierten Veranstaltung über die Liga, den Ostfußball, RB und die neue Saison. Die interessantesten Statements:
Der Ostfußball
Schädlich: Ich kann die Jammerei nicht nachvollziehen. Es wurden in der Vergangenheit hier viele, viele Fehler selbst gemacht. Ich selbst bin bei Sachsen Leipzig nach dem 6. Spieltag rausgeflogen, weil ich nicht die Aufstellung gebracht habe wie sie der Hauptsponsor wollte. So was geht gar nicht. In Dresden gab es einen Präsidenten, der viel Mist gebaut hat. Sicher ist es im Osten problematisch, aber nicht so schwer, wie es immer dargestellt wird
Kogler: Die Region ist auch für einen Österreicher spannend und bekannt. Weil es viele Städte gibt mit Fußballtradition. In meiner Kindheit habe ich die Europacup-Spiele verfolgt, da waren oft Mannschaften aus Ostdeutschland dabei. Deshalb sind mir viele Vereine schon lange ein Begriff.
Die 3. Liga
Schädlich: Es ist natürlich ein höheres Niveau als in der Regionalliga, die individuelle Klasse der Spieler ist besser. In der Regionalliga haben wir schon das eine oder andere Spiel mit 80 oder 90 Prozent unseres Vermögens gewonnen. In der 3. Liga muss Chemnitz in jedem Spiel an die Grenze gehen, um zu punkten. Die Ausgeglichenheit ist enorm.
Strozniak: Die 3. Liga ist ganz anders als die Regionalliga, wir haben es schnell erfahren müssen. Wir sind damals sehr gut gestartet, da war die Aufstiegseuphorie noch da. Aber mit der Zeit sind wir an unsere Grenzen gestoßen. Einige Spieler hatten eben doch nicht das Niveau für diese Liga. Mit einige ausgeliehenen Spielern haben wir den Klassenerhalt dann noch geschafft.
Die möglichen Aufsteiger
Zorniger: Wir sind Aufsteiger! Aber klar, ich würde als Trainer in einem anderen Verein auch eine Mannschaft dazu zählen, die über beträchtliche Mittel verfügt und einen recht ordentlichen Kader hat. Aber unsere Mannschaft hat in noch keinem Pflichtspiel der 3. Liga nachgewiesen, dass sie zwingend da vorne mitspielen kann. Ich halte die 3. Liga für dermaßen ausgeglichen, dass acht, neun Mannschaften für den Aufstieg in Frage kommen.
Strozniak: Da sehe ich neben mir zwei Herren, die in der Spitze mitspielen werden, also der CFC und RB sicher auch. Aber da gibt es noch ein paar Liga-erfahrene Mannschaften wie Heidenheim oder Münster, vielleicht Jahn Regensburg, die auch in Frage kommen. Wir waren letzte Saison lange im Abstiegskampf, es wird in diesem Jahr wohl auch nicht ruhiger. Wir haben zwar eine ordentliche Mannschaft, aber wir hatten einen großen Umbruch, zwölf Spieler sind gegangen, 13 gekommen.
Schädlich: Wir haben uns in den letzten Jahren kontinuierlich entwickelt. Wir waren in der Regionalliga Siebter, Dritter, Erster, in der 3. Liga Neunter und Sechster. Nun hoffen wir, dass es so weitergeht. Ich kann ja nicht sagen, wir wollen Achter werden, da müsste ich ja sofort entlassen werden. Klar wollen wir vorne mitspielen, aber das wollen viele. Die Lage ist wegen der großen Fluktuation schwierig einzuschätzen.
Kogler: Wir können uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu den Favoriten zählen. Unsere Ambitionen für diese Saison sind klar. Letzte Saison hat die Mannschaft lange im hinteren Tabellendrittel gespielt. Das wollen wir heuer tunlichst vermeiden. Mal sehen, was dann möglich ist.
Das Eröffnungsspiel
Strozniak: Es gab einen Riesen-Run auf die Karten, innerhalb von zwei Stunden war das Stadion ausgebucht. Klar, RB ist ein Reizpunkt, auch in Halle. Aber für uns ist es auch eine große Ehre, das Eröffnungsspiel bestreiten zu dürfen. Das wird ein großes Ereignis. Wir hoffen, dass wir RB Paroli bieten können. Wir werden unser Bestes geben.
Zorniger: Halle geht jetzt in Richtung Underdog und das geht ja gar nicht. Wir kommen in die Liga rein, aber Halle hat ein Jahr lang imposant bewiesen, wie man diese Liga hält. Das müssen wir erst einmal nachweisen.
RB Leipzig
Zorniger: RB ist so oder so der attraktivste Aufsteiger der letzten Jahre. Nicht weil wir einen so attraktiven Fußball spielen, sondern weil man sich unglaublich dran reiben kann. Entweder man kann uns ganz gut ab oder man findet uns etwas diskussionswürdig.
Schädlich: Ich bin kein RB-Fan, aber wie man das manchmal darstellt, ist es nicht korrekt. In Leipzig hatten Sachsen, Lok und der VfB ihre Chancen nach der Wende, die haben sie leichtfertig vergeben. Da sind so viele Fehler gemacht worden. Dass dann in dieser Großstadt, mit dem Stadion und dem Fan-Potenzial irgendwann jemand von außerhalb kommt, war doch klar. Ob der dann RB heißt oder Henkel-Spee oder Audi, das ist doch egal. Das Schimpfen kann ich nicht nachvollziehen, alle würden doch das Geld nehmen.
Kogler: In Österreich wird alles genau beobachtet, was Red Bull macht, natürlich auch das Projekt Leipzig. Je höher RB Leipzig angesiedelt ist, desto größer ist auch die Aufmerksamkeit.
Geld und neue Spieler
Strozniak: Für uns ist es sehr schwierig, Spieler nach Halle zu bekommen. Wir haben ein sehr begrenztes Budget. Wenn man sich dann mit Spielern unterhält und hört, was die für Vorstellungen haben, da ist vieles doch arg übertrieben. Wir nehmen auch nur Spieler, die sportlich, menschlich und finanziell passen. Mit denen versuchen wir, die Klasse zu halten.
Schädlich: Bei uns sind aktuell nur 20 Spieler unter Vertrag. Aber wir haben keine Leistungsträger verloren und uns zielgerichtet verstärkt. Es ist schon richtig, dass Marc Hensel und Ronny Garbuschewski nicht schlecht verdienen. Aber wir bewegen uns im Budget. Wir können halt nicht solche Ablösesummen zahlen wie vielleicht RB. Letzte Woche wollte ich noch einen talentierten jungen Spieler holen, das hat der Vorstand abgelehnt.
Zorniger: Thiago Alcántara geht zu Bayern. Bei uns ist das Budget also auch nicht unbegrenzt. Wir spielen nicht Monopoly. Und es ist auch klar, dass, wenn RB anfragt, der Spieler dann zwei Euro mehr kostet. Wenn ein Spieler nicht vom Charakter zu uns passt, dann holen wir den nicht. Da schauen wir genau hin.
Talente
Schädlich: In der Ansprache hat sich im Vergleich zu meiner Jugend viel geändert. Man muss heute sehr vorsichtig mit jungen Kerlen umgehen, Einzelkritik ist sehr schwierig, erst recht vor der Mannschaft. Aber ein Lehrer in der Schule hat es gewiss schwerer als ein Fußballtrainer. Insgesamt ist es schon komplizierter als früher. Ich glaube, wir haben ein bisschen mehr weggesteckt.
Kogler: Jeder Junge, der sich für Fußball entscheidet, ist sicher bereit, alles dafür zu tun. Aber die Schmerzgrenzen sind anders geworden. Früher waren wir robuster, sind hingefallen, wieder aufgestanden und weiter ging's. Und wir haben nicht jedes Wort des Trainers auf die Goldwaage gelegt. Heute ist es schon etwas schwieriger.
Zorniger: Nicht alle, die in die Leistungszentren gehen, sind wirklich bereit, den Weg bis zu Ende zu gehen. Auf einen Platz in der Bundesliga warten 15, vielleicht 25 Talente in der Jugend-Bundesliga. Die meisten schaffen es halt nicht. Denn wenn es darum geht, Widerstände zu brechen, sind sie nicht wirklich bereit. Das ist auch ein Problem einer Wohlfühlgesellschaft. Dann kommen da noch die Berater und Eltern ins Spiel. Jede Mutter und jeder Vater weiß doch besser Bescheid als der Trainer.
notiert von Uwe Köster