Sechs Neue, Rangnick im Anflug
RB startet mit 28 Spielern in Saisonvorbereitung und verhandelt mit Magath über Kutschke-Ablöse
Leipzig. Er war gar nicht da und doch irgendwie anwesend. Ralf Rangnick brütet im fernen Salzburg über die Fußball-Zukunft der Roten Bullen, aber welche Umwälzungen der neue Sportdirektor in der Leipziger Filiale plant, wusste gestern am Cottaweg niemand zu sagen. Trainer Peter Pacult lehnte jegliche Stellungnahme ab. Es habe noch keinen Kontakt gegeben, Punkt und Schluss. Auch Wolfgang Loos, bisher Sportdirektor/Geschäftsführer und künftig bestenfalls Letzteres, mochte nicht öffentlich spekulieren: "Ich weiß nicht mehr als die Medien. Wir können nur abwarten. Ich hoffe, dass es bald Gespräche gibt."
Frühestens kommende Woche wird Rangnick in Leipzig aufschlagen. In diesem merkwürdigen Schwebezustand mit der Saisonvorbereitung zu beginnen, belastet natürlich. Und so machte RBL beim Trainingsauftakt die Schotten dicht. Rund hundert Schaulustige und Pressevertreter drückten sich am Zaun die Nase platt, verfolgten durchs Metallgitter den ersten Kick. Es war wie im Zoo, es wurde weder gefüttert noch gebissen, aber geschaut und diskutiert: Wer ist wer?
"Die hätten die neuen Spieler wenigstens mal vorstellen können", giftete ein Fan. Später öffneten sich für Fotografen und Reporter die Tore. Im Mittelpunkt: Fabio Coltorti, neue Nummer eins der Rasenballer. Der 1,97-Meter-Hüne aus der Schweiz ist drahtig, freundlich, eloquent, intelligent, spricht deutsch, französisch, spanisch, italienisch und englisch. Er absolvierte acht Länderspiele, stand in Santander gegen den FC Barcelona und Real Madrid im Kasten. "Klar habe ich viel Erfahrung, aber hier geht es bei null los", sagte der 31-Jährige. Liga vier empfindet er nicht als Abstieg: "Red Bull ist ein Weltkonzern." Und Coltorti ein Weltreisender? "Eher meine Frau. Sie ist Programmiererin in Dubai, wir wohnen mit der Tochter in Marbella."
Adrian Wrobiech, 28, hat zwei Töchter, wird die Familie aus Breslau nach Leipzig holen. Sein Vertrag bei Heart of Midlothian lief aus, er wollte aus Edinburgh näher an die Heimat, in die deutsche 2. Liga, bis RB anrief. Seine Ziele in Leipzig? "Zwei Aufstiege." Der defensive Mittelfeld-Mann schwärmt von den schottischen Fans, von Duellen mit Celtic und den Rangers, vom harten, körperbetonten Fußball. Der ist auch in der Regionalliga gefragt.
Für Wrobiech dolmetschte Patrick Koronkiewicz, 21, geboren in Bonn, polnische Eltern. Der Außenverteidiger spielte in der polnischen U16, durchlief dann Deutschlands Jugendteams bis zur U20, trainierte bei Frank Engel und Heiko Herrlich. "Ich habe mich in Leverkusen gut entwickelt, bekam aber keine Bundesliga-Chance. RB ist der nächste, wichtige Schritt für mich."
Ebenfalls neu im Bullen-Kader: Tom Nattermann (eigene Jugend), Jeremy Karikari (Trier) und Juri Judt aus Nürnberg, 25, 44 Bundesliga-Einsätze. "RB hat sich sehr um mich bemüht, die Verhältnisse hier sind mindestens zweitligareif", sagte der Mittelfeld-Sechser und meinte zu Rangnick: "Ein großer Name, der dem Verein gut tun wird."
Trotz der Abgänge von Max Watzka, Tom Geißler, Daniel Rosin und Steven Lewerenz haben die Rasenballer derzeit 28 Spieler im Kader. Zu viele. Vier sollen RB noch verlassen, was Rangnick Raum für die angestrebte Verjüngung geben könnte. "Aber das klären wir mit dem Ralf", verkündete Pacult.
Nach LVZ-Informationen besteht auch mit Felix Magath Klärungsbedarf. Wolfsburgs Trainer meldete sich gestern erstmals bei RB, will Stefan Kutschke. Nun wird um die Ablöse gefeilscht. Doch der Stürmer wird gehen - und als Ersatz der Halberstädter Christian Beck wieder zum Thema werden. Gespräche gab es bereits.
Das letzte Wort liegt bei Rangnick, wie auch in der Trainerfrage. Stellt er den ganzen Verein auf den Kopf? Kapitän Daniel Frahn blieb gestern bei seiner Meinung: "Wenn hier wieder alles über den Haufen geworfen wird, wird es schwierig." Steffen Enigk
