Malades Grün, heiliger Zorn
Flugball-Turnier vorm Derby: Spaß für Jugendliche, Ernst für RB-Coach Alexander Zorniger
Leipzig. Wer den Rasen der Red-Bull-Arena ohne Genehmigung diverser Sheriffs betritt, riskiert mindestens sein Leben. Das Grün wird rund um die Uhr bewacht, bekurt und nur alle zwei Wochen bespielt. Exklusiv von den Roten Bullen. Als die von Cheftrainer Alexander Zorniger angeführte Herde vorm Spiel gegen Erfurt das Heiligtum inspizierte, traf sie beinahe der Schlag. An mehreren Stellen war der Rasen großflächig ruiniert. Tags zuvor hatte ein Flugball-Turnier für Jugendliche stattgefunden. Bei strömendem Regen.
Der Vollständigkeit halber: Die "United Boys" gewannen das Turnier im Rahmen des RB-Club-Sommers 2013. Herzlichen Glückwunsch dazu. Bei der Siegerehrung waren unter anderem die RB-Profis Christian Müller, André Luge und Joshua Kimmich zugegen.
Flugball also. Flanken, Volleyschuss auf die Hütte. Eigentlich eine nette Veranstaltung und Idee, um Identifikation zu schaffen, Jugendliche an den noch jungen Club (und Gummibären in Flüssigform) zu binden.
Aber ein Turnier mit 20 Mannschaften am Tag vor einem richtungsweisenden Drittliga-Derby? Im Regen?
Außerdem muss man wissen, dass Zorniger flache, scharfe Pässe liebt. Die werden ohne entsprechenden Spielplatz ad absurdum geführt. Und man stelle sich vor, Erfurt geht dank eines Platz-Fehlers in Führung und gewinnt das Derby. Nicht nur die "United Boys" wären ihres Lebens nicht mehr froh geworden.
Die maladen Stellen waren/sind größer als Tischtennis-Platten, befanden sich allesamt im Refugium von Linksverteidiger Anthony Jung und Innenverteidiger Fabian Franke. Letzterer bekam in mindestens einer Situation Rasen-bedingte Probleme mit Ball und Gegner. Alexander Zorniger wusste vom Turnier, war aber der Annahme, dass es am Cottaweg steigt. "Dass das Turnier in der Arena stattfindet, wusste ich nicht. Die Sache ist intern geklärt", sagte der Coach. "So etwas wird nicht wieder vorkommen." Der oder die Schuldigen hätten nach dem 2:0-Sieg "drei Kreuze gemacht".
Übrigens hatten die Greenkeeper noch morgens um sechs versucht, zu retten, was nicht mehr zu retten war. Selbst gutes Zureden half nicht. Jetzt wurde frisch eingesät, wird gehofft, dass die Tischtennis-Platten bis zum Spiel gegen Kiel (3. September) einem grünen Teppich weichen.
Übrigens: Der in dieser Zeitung am 7. August vermeldete Ausstieg der Roten Bullen aus Ghana wurde jetzt von Gérard Houllier, "Globals Sports Director" von Red Bull, bestätigt. Den Salzburger Nachrichten sagte der 65-Jährige: "Einerseits war der Standort nicht optimal, andererseits wurden auch Fehler im Management vor Ort gemacht. Auf jeden Fall war es die richtige Entscheidung, die Akademie zu schließen."
Fernziel des Westafrika-Projektes war: Gut ausgebildete ghanaische Spieler sollten fit für die RB-Proficlubs gemacht werden. Die Nummer floppte, die Zuführung von Talenten Richtung Europa ging gegen Null.
Damit reduzieren sich die Fußball-Standorte von Red Bull auf vier: Salzburg, New York, São Paulo - und das schöne Leipzig an der Pleiße.
Nahezu streng geheim: Heute testen die RB-Profis am Cottaweg gegen eine derzeit vereinslose Auswahl der Vereinigung der Vertragsfußballer VDV. Auf sattem Grün.
Guido Schäfer