"Achim weiß, was er will"
RB-Routinier Fabio Coltorti könnte mit der Trainer-Dauerlösung Beierlorzer wunderbar leben
Von Guido schäfer
leipzig. Ein abgehangenes, aber treffendes Bildnis: Zwischen RB Leipzig und Thomas Tuchel ist das Tisch-Tuchel zerrissen, der umworbene 41-jährige Fußball-Lehrer wird in diesem Leben nicht mehr in der Heldenstadt landen. Dabei ist es weniger das Nein des Ex-Mainz-Coaches zu einem Zweitligisten RB, sondern die Art und Weise der Absage. Tuchel ließ über seinen Berater Meinking mitteilen, dass es nichts werde mit einem Engagement in Leipzig.
Dazu muss man wissen, dass RB-Sportdirektor Ralf Rangnick, 56, den jungen Tuchel einst zum Profi in Ulm gemacht hat und ihn Jahre später als Nachwuchstrainer beim VfB Stuttgart installierte. So etwas verbindet. Jedenfalls im Normalfall. Die jüngsten Gespräche zwischen Rangnick und Tuchel fanden in harmonischer Atmosphäre statt, ließen auf eine Einigung schließen. Es kam anders. Dass TT am Ostermontag nicht zum Handy griff und RR anrief, stattdessen seinen Berater vors Loch schob, kam bei RB nicht gut an. Wir halten fest: Das Thema Tuchel ist durch. Selbst wenn die Rasenballer mit einem göttlichen Endspurt Tuchel-Fühlung zur Zweitligaspitze gewinnen würden.
Nach LVZ-Informationen beschäftigt sich Rangnick durchaus mit einer internen Lösung, die Achim Beierlorzer heißt. Der 47-jährige Interims-Coach hat aber nur dann Chancen, das Anhängsel "Interim" loszuwerden, wenn die kommenden Wochen positiv verlaufen. Nein, es müssen nicht sieben Siege aus sieben Spielen her. Ja, es muss Konstanz in die äußerst wechselhaften Darbietungen. In Mannschaftskreisen genießt der unaufgeregte Beierlorzer hohes Ansehen.
Keeper Fabio Coltorti, ein mit allen Wassern gewaschener 34-jähriger Profi, sagt über den Coach: "Authentischer Typ, verliert nie die Fassung. Achim weiß, was er will und setzt das auf dem Platz und in der Kabine um." Man merke, so Coltorti, dass Beierlorzer eine pädagogische Ausbildung (Mathe- und Sportlehrer) habe. "Er ist es gewohnt, vor vielen Menschen zu sprechen, hat ein selbstbewusstes Auftreten."
Offenbar verstehen sie ihn auch, den aufrechten Mann, der den Fußball-Lehrer-Lehrgang mit der Note 1,0 abgeschlossen hat. In der Halbzeit der Nürnberg-Partie faltete der Coach seine bis dato schwächlichen Männer erst zusammen und setzte sie dann wieder zusammen. Nennt sich: Coaching. Mit neuem Mut und Bauplan drehten die Roten Bullen einen 0:1-Rückstand und gewannen 2:1. Das war auch ein Trainer-Sieg.
Beierlorzer will sich zu seiner Zukunft nicht äußern. Klug ist er also auch noch.
Übrigens: Die Tuchel-Absage spart lange Scheine. Das Gesamtpaket TT, der mit drei Assistenten eingeritten wäre, hätte pro Jahr fünf Millionen Euro verschlungen. Das ist selbst für RB viel Geld und in Liga zwei eigentlich nicht darstellbar. Und: Mit der Absage können RB-Co-Trainer Tamas Bodog und Athletik-Coach Tim Lobinger durchatmen. Diese bewährten Kräfte hätten sich bei einem Chef namens Tuchel nach einer neuen Beschäftigung umsehen müssen.
Vielleicht kommt ja auch alles ganz anders und Ralf Rangnick setzt sich selbst auf die Bank. Er soll ein richtig Guter gewesen sein.