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von Adamson » Do Mär 02, 2023 1:42 pm
Vielleicht kann man sich da bei anderen erfolgreichen Nationen etwas abschauen. Kann jemand sagen, wie das in England oder Italien läuft?
Ich versuche das mal mit Spanien. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
In Spanien dürfen Nachwuchsmannschaften von Profivereinen bis zur zweiten Liga spielen, also bis zur Segunda Division. Aktuell Villareal B. Nun ist die zweite spanische Liga vielleicht vom Niveau her eher zwischen unserer 2. Liga und der dritten angesiedelt, das zeigt ja schon, wie schwer es ist, sich im Aufstiegsrennen gegen die Vorjahresabsteiger zu behaupten. Die meisten Profiklubs unterhalten auch noch eine C- Mannschaft, also eine dritte, die könnte im Idealfall dann sogar dritte Liga spielen (Primera Federacion)
Darüber hinaus leistet Spanien eine bespielhafte Nachwuchsarbeit und das in alle bedeutenden Ballsportarten. Fußball, Handball, Basketball, Volleyball… überall zählen spanische Mannschaften zu den Topteams Europas, sei es im Verein oder auch in der Nationalmannschaft. Dabei schafft man es in allen Sportarten über gezielte Unterstützung schon im Schulsport ständig neue Talente heranzuführen. Trotz der Tatsache, dass staatliche Sportförderung seit der letzten Finanzkrise auf ein sehr geringes Niveau abgesunken ist.
Die großen Fußballvereine organisieren hier die Nachwuchsarbeit fast vollständig in Eigenregie, agieren wie Wirtschaftsunternehmen, nur dass man keine Lagerhallen füllt, sondern in Trainingsanlagen und Internate investiert. FC Barcelona hat Spitzenteams in drei Ballsportarten, die alle vom Knowhow des gesamten Vereins profitieren. Erfolgreiche Automatismen werden in den anderen Sportarten übernommen und jeder Bereich profitiert von Synergien.
Sicherlich kommt den Spaniern auch ein einzigartiges Nationalgefühl entgegen. Spielt Nadal gegen Federer irgendein Endspielt im Tennis, sitzt ganz Spanien vor dem Fernseher und wenn er gewinnt, hagelt es Glückwünsche von der Handballnationalmannschaft, von den Fußballern und so weiter. Sport ist seit der Olympiade in Barcelona 1992 zur großen Nationalleidenschaft geworden, nicht ohne Grund existieren dort mehrere reine Sporttageszeitungen.
Ich kann es nur noch mal betonen, staatliche Förderung ist in Spanien praktisch nicht vorhanden. Die finanziellen Aufwendungen werden vom Nachwuchs oft aus der eigenen Tasche bezahlt, von der Familie oder vielleicht findet man im Ort einen Unternehmer, der einem die Aufwendungen ersetzt. Vielleicht schafft das eine gewisse Demut dem Erfolg gegenüber.
Aber auch die Vereine bekommen kein Geld aus irgendwelchen staatlichen Töpfen. Und der Reiseaufwand zu Wettkämpfen ist in Spanien ungleich höher. Nur mal ein Beispiel: Atletico Paso von der kanarischen Insel La Palma, nach UD Las Palmas und CD Tenerife die drittbeste kanarische Fußballmannschaft, spielt in der Segunda Federacion. Das ist die vierte spanische Liga, also unserer Regionalliga entsprechend. Die müssen zu Auswärtsspielen nach Alcorcon bei Madrid, nach Valencia, in die La Mancha und so weiter. Der Trip in die Enklave Melilla ist da fast ein Heimspiel. Man stelle sich vor Lok oder Chemie müssten zu einem Auswärtsspiel nach Sylt… Zeter und Mordio!
"Mit leerem Kopf nickt es sich leichter " (Žarko Petan)