Da platzt dem Peter der Kragen.
Rätselraten am Morgen vor der Abfahrt: Watzka, Geißler und der wieder einsatzberechtigte Kutschke sind in Leipzig geblieben, verkündet die RB-Homepage. Also zwei Spieler aus der Startformation des Heimerfolgs gegen Hertha und der Ex-Babelsberger, der bislang mindestens auf der Bank seinen Stammplatz hatte. Da stellt sich nicht ganz unberechtigt die Frage: Warum? Klar, Watzka blieb blass und wurde gegen die junge alte Dame recht früh ausgewechselt. Aber nach einjähriger Verletzungspause waren sofortige Heldentaten auch nicht zu erwarten. Geißler blieb unauffällig und war einer von vielen, der nicht sein bestes Saisonspiel ablieferte. Es erscheint also nicht unbedingt naheliegend und aus rein sportlichen Gründen zu rechtfertigen, dass diese beiden Spieler zu Hause bleiben mussten, bei Kutschke genau so. Stattdessen reiste Pacult mal wieder mit mehr defensiven als offensiven Ersatzspielern durch Deutschland und hatte damit ähnlich viel Erfolg wie in Zwickau: gar keinen. Da kann man schon mal auf die verwegene Idee kommen, dem zuletzt noch gefeierten Trainer eine Mitschuld an der Niederlage einzuräumen.
Zumal wenn man nach drei gewonnenen Spielen scheinbar ohne Not drei Wechsel vornimmt und somit wieder einmal jeden Anflug von Stammformation zunichte macht: Mit Kammlott für Wallner (noch so eine Überraschung), Heidinger für Watzka und Schulz für Geißler ging es ins Unternehmen „Vorsprung ausbauen“. Vier/fünf Punkte mehr als Halle und Kiel waren eine verlockende Aussicht, psychologisch betrachtet vielleicht höchst wertvoll. Im schmucken Edmund-Plambeck-Stadion in Norderstedt, nördlich von Hamburg und ebenfalls vom dort ansässigen Fünftligisten genutzt, zeigte der kleine HSV von Beginn an eine engagierte Leistung, ging zielstrebig zu Werke und erspielte sich bereits nach wenigen Minuten die ersten Chancen. Die Leipziger kamen durch Kammlott und Sebastian zu halbwegs guten Möglichkeiten. Als nach 37 Minuten das 1:0 für die Hamburger fiel, eventuell aus einer Abseitsposition heraus, konnte man das durchaus unter „verdient“ verbuchen. Unsere Abwehr hatte jedenfalls gepennt und tatenlos zugesehen.
In der zweiten Hälfte ersetzte Wallner Schulz, der seine Chance nicht genutzt hatte und gegen Plauen vermutlich wieder aus der Startelf raus rotiert. RB kam mit Schwung aus der Pause: Kammlott allein vor dem Tor – Dehmelt hält, Frahn allein vor dem Tor – Dehmelt hält, Frahn-Kopfball links unten – Dehmelt hält. Das hätte Neuhaus auch nicht besser hinbekommen. Als dann auch noch Bertram verdientermaßen mit Gelb-Rot den Platz verließ (nach hartem Einsteigen gegen Rockenbach), war man eigentlich wieder guter Dinge, dieses Spiel noch halbwegs versöhnlich zu Ende zu bringen. Weit gefehlt. RasenBallsport berannte das Tor, ohne gefährlich zu werden, und zehn Rothosen kamen per Konter immer wieder vor den Kasten von Borel, der einige Mal in großer Not klärte.
An der Unterstützung der etwa 28 mitgereisten Leipziger hatte es jedenfalls nicht gelegen, dass dieses Spiel verloren ging. Auch die Hamburger Ordner äußerten sich sehr positiv über den Bullen-Anhang. Pacult zeigte sich jedoch verdammt angesäuert ob der „Wir wolln euch kämpfen sehen“-Rufe, die in der Tat etwas deplatziert wirkten. Zumal sich dann die Frage stellt, wofür den Spielern nach Abpfiff eigentlich applaudiert wurde, wenn sie weder erfolgreich noch mit ausreichendem Kampfeswillen zu Werke gingen oder gegangen sein sollen.
Schlimmer als ein angefressener Trainer sind aber die drei Punkte, die im Norden der Republik bleiben. Der Tabellenführer spielt zwar immer noch in Leipzig und RB hat es weiter in eigener Hand, aber eine angenehme(re) Ausgangslage für den Endspurt der Saison wurde verspielt. Der HSV scheint im Moment wieder in ähnlicher Form wie zu Beginn der Saison, als man ihn noch als ernsthaften Aufstiegsfavoriten wahrnahm. RB gewinnt nun bereits das dritte der vier Auswärtsspiele 2012 nicht, was eine unschöne These nährt: Die eindrucksvolle Auswärtsbilanz der Hinrunde beruhe vor allem auf der Tatsache, dass man die dicken Brocken da zu Hause empfing. Mit Blick auf die noch ausstehenden Auswärtsspiele in Kiel und Halle ist das keine allzu optimistisch stimmende Perspektive.
Statistik zum Spiel:
Hamburger SV II: Dehmelt - Brügmann, Dettmann, Stepanek, Pressel - Bertram, Lam (78. Graudenz), Nagy, Nørgaard - Kelbel, Kocabas (84. Behrens)
RB Leipzig: Borel - Müller, Franke, Sebastian, Kocin (62. Hoffmann) - Schulz (46. Wallner), Ernst - Rockenbach, Heidinger (75. Hoheneder) - Kammlott, Frahnn
Tore: 1:0 Kelbel (37.)
Gelbe Karten: Bertram / Rockenbach, Schulz
Gelb-Rote Karten: Bertram (62.)
Zuschauer: 375
Loch
Video: MDR aktuell
Audio:
Das ganze Spiel im Fanradio
Ich kann das, was ich hier teilweise lese gar nicht fassen (obwohl es natürlich aus der üblichen Ecke kommt, welche man auch nicht zu ernst nehmen sollte...). Trotzdem. Wir haben gerade bei einem Gegner, der uns schon so oft gestresst hat, den höchsten Auswärtssieg unserer Bundesliga-Geschichte erzielt und gleichzeitig dem Gegner die höchste Heimschlappe ihrer Bundesliga-Historie zugefügt und wir unterhalten uns hier in diesem Thema (hab vieles nur überflogen) über die Anzahl der Auswärtsfahrer, über Einkommen etc.? Echt jetzt??? Kann man sich nicht einfach mal über diesen geilen Sieg freuen? Wenn ich an dieses Spiel denke, dann fallen mir vordergründig diese tollen Kicker in unseren Reihen ein, die mir mir so richtig Freude gemacht haben. Wenn die alle gesund bleiben, werden wir wohl noch viel Spaß haben an der "Rasselbande". Das sah doch mal echt nach Fußball aus. Da muss man auch nicht wieder das Haar in der Suppe suchen. Wahrscheinlich bin ich aber wohl zu (alt-)modisch, um es anders zu betrachten - was weiß ich... Klasse fand ich auch die Szene von Ouédraogo nach dem Spiel, als er sein Trikot wie einen Brautstrauß mit zugehaltenen Augen in den Fanblock geworfen hat. Das einzige, was ich schade finde, ist der Umstand, dass dieses Spiel nicht in unserer Schüssel stattgefunden hat. Ansonsten bin ich happy