DER FALL CHRISTIAN BECK – UNDURCHSICHTIGE POSSE UM STÜRMER VON HALBERSTADT

Leipzig - (15.08.2012) Dreiecksbeziehungen im Liebesleben gehen selten gut. Auch nicht im Fußball. Die einjährige Ehe zwischen Christan Beck und Germania Halberstadt zerbricht zum Saisonende 2011/2012, der Scheidungskrieg tobt und beschäftigt die Judikative. Der vermeindlich freie Christian Beck wird von RB Leipzig umworben, der damalige Trainer Peter Pacult will ihn unbedingt als Ersatz für den wechselwilligen Stefan Kutschke. Pacult wird alsbald aus der RB-Familie geschmissen, Alexander Zorniger und Ralf Rangnick werden neue Familien-Oberhäupter. Die wissen nur wenig mit Christian Beck anzufangen, nehmen nach einer zwei-tägigen Trainingseinheit Abstand von ihm. „Der“ Ex (Halberstadt) bekommt den Flirt mit, fällt aus allen Wolken und greift nun den Rivalen an. Der Fall Christian Beck ist undurchsichtig, teilweise widersprüchlich und voller offener Fragen. Fakt ist: Das Theater schadet allen Beteiligten.


Bestandsaufnahme
Am 20. Juni 2012 berichtete die LVZ , dass Christian Beck der fünfte Neuzugang bei RB Leipzig für die kommende Saison sei. Der 1,96m große Angreifer aus Halberstadt schoss vergangene Spielzeit 15 Tore, machte so das Duo Pacult & Loos auf sich aufmerksam und sollte den wechselwilligen Stefan Kutschke (VfL Wolfsburg) in Leipzig ersetzen. Die Meldung löste bei vielen RB-Fans kopfschütteln aus. Ausgerechnet der Spieler, der mit fragwürdigen Jubelarien vor unserem Block im Hinspiel und einer noch fragwürdigen Fingergeste im Rückspiel uns Fans provozierte? Der damit zum Ausdruck brachte, was er augenscheinlich von unserem Verein hält? Mit sportlichen Emotionen waren diese Aktionen nur schwer zu erklären.
Zum damaligen Zeitpunkt der Meldung lag Christian Beck bereits mit den Verantwortlichen von Germania Halberstadt im Clinch. Beck wollte nach Berater-Angaben nur noch unterklassig spielen oder seine Fußballschuhe an den Nagel hängen. Halberstadt bot ihm deshalb laut Magdeburger Volksstimme vom 14.06.2012 an, den Vertrag gegen eine fünfstellige Summe aufzulösen. Kurze Zeit später zog die Germania das Angebot aber zurück. Spekuliert wird, dass RB Leipzig bereits die Fühler nach Beck ausstreckte hatte und Halberstadt den Stürmer nicht ablösefrei gehen lassen wollte. Halberstadt-Manager Florian Banser bestritt im selben Artikel jedoch, dass ein Angebot für Beck vorliegen würde. Während die LVZ beim Transfer von Beck nach Leipzig wie erwähnt Vollzug meldete, machte sich der MDR in die Spur. Dort konnte man nachlesen, dass ein Wechsel von Beck noch nicht fix sei, dieser sich allerdings schon mit RB Leipzig über einen Wechsel einig geworden ist.
Im Anschluss wurde es ruhig um den Torjäger. Bis zum 06. August 2012. Plötzlich durfte Beck unter Neu-Trainer Alexander Zorniger mittrainieren. Die ‚Bild‘ schrieb, dass Beck von Pacult einen „unterschriftsreifen Dreijahresvertrag“ vorliegen hätte. Die LVZ stieß ins selbe Horn, weil Beck auf seinen Vertrag aus der Pacult-Ära bestand. Am 08. August wurde in der LVZ „nur“ noch ein Zweijahresvertrag kolportiert. Da Alexander Zorniger keine Verwendung für Beck fand (Kutschke durfte nicht nach Wolfsburg wechseln), gab es drei Szenarien: 1. RB Leipzig bezahlt eine Abfindung und löst Beck so aus dem Vertrag. 2. RB verleiht den Spieler, Lok Leipzig und Meuselwitz zeigten bereits Interesse. 3. Man behält ihn und schiebt in die zweite Mannschaft. Letzteres hätte wohl am besten zur Aussage von Berater Becks gepasst, dass dieser nur noch unterklassig spielen will. Zwei Tage später, am 10. August, vermeldete die LVZ dass man sich für die erste Variante entschieden habe.
Nun erfuhr Germania Halberstadt davon, dass Christian Beck bei RB Leipzig ein paar Trainingseinheiten absolvierte. Die Verantwortlichen zeigten sich gestern überrascht davon, dass Beck in Leipzig trainierte und wohl bereits vor Wochen einen Vertrag unterschrieben habe. In einer Pressemitteilung, die am13. August veröffentlicht wurde, heißt es bei der Magdeburger Volksstimme :
„Hierzu stellen wir fest: Der Spieler Christian Beck hat einen gültigen Vertrag mit dem VfB Germania Halberstadt, datiert bis zum 30. Juni 2013."
Nach dessen Aussagen habe RB weder eine Gastspielgenehmigung noch eine Ablöse an die Germania überwiesen. Kontakt nach Halberstadt gab es bezüglich eines Wechsels auch nicht. Florian Banser, Manager bei Halberstadt, kündigte an, rechtliche Schritte gegen RB Leipzig und Christian Beck einzuleiten. In der ‚Bild ‘ wird er heute wie folgt zitiert:„Wir haben ein Schreiben an den Verband aufgesetzt, verlangen Aufklärung. RB hat sich grob unsportlich verhalten. Wenn die Pech haben, droht Punktabzug, sogar Ausschluss aus der Liga.“
Bewertung
Ein Punktabzug oder gar einen Ausschluss aus der Liga ist wie die Bild schreibt relativ unwahrscheinlich. Das weiß natürlich auch Florian Banser, zeigt aber, wie aufgeheizt die Stimmung in Halberstadt derzeit ist. Die Reaktion der Halberstädter scheint nach aktueller Kenntnislage aber korrekt und auch verständlich zu sein: Wenn es tatsächlich stimmen sollte, dass Pacult bereits an Beck herangetreten ist, als dieser noch Vertrag hatte und die Germania daraufhin mit falschen Behauptungen (Karrierende, unterklassige Liga) um eine Vertragsauflösung bat, ist dies schon ein starkes Stück – von beiden Seiten. Es gehört sich nicht – und ist beim DFB auch nicht erlaubt – Vertragsverhandlungen mit Spielern zu führen, die noch einen gültigen Vertrag bei einem Verein besitzen. Zuerst muss der Verein kontaktiert werden, dann der Spieler. Diese Reihenfolge scheinen die Verantwortlichen damals bei RB nicht eingehalten zu haben. So steht es auch im "FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern" im vierten Kapitel IV "Wahrung der Vertragsstabilität zwischen Berufsspielern und Vereinen" in Punkt 18.3:
Beabsichtigt ein Verein, einen Berufsspieler zu verpflichten, so muss dieser Verein vor der Aufnahme von Verhandlungen mit dem Spieler dessen aktuellen Verein schriftlich von seiner Absicht in Kenntnis setzen. Ein Berufsspieler darf einen Vertrag mit einem anderen Verein nur abschließen, wenn sein Vertrag mit dem bisherigen Verein abgelaufen ist oder in den folgenden sechs Monaten ablaufen wird. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung zieht angemessene Sanktionen nach sich.
Quelle: http://www.dfb.de/uploads/media/16_FIFA_Reglement_Spielerstatus_01.pdf
Als die Germania davon Wind bekam, wollten sie ihren Spieler selbstverständlich nicht ablösefrei ziehen lassen. Ein Verein, der knapp mit den wenig vorhandenen finanziellen Mitteln kalkulieren muss, kann es sich nicht leisten, einen Top-Torjäger zu einem Liga-Rivalen ablösefrei gehen zu lassen.
Alexander Zorniger und Ralf Rangnick müssen nun die Suppe auslöffeln, die ihn Pacult und Loos zubereitet haben. Dass Zorniger ihn hat mittrainieren lassen (um sich zumindest ein Bild von ihm zu machen), ist aufgrund des wohl bestehenden Vertragsverhältnisses nachvollziehbar. Ihm fehlten offenbar Informationen, dass der Vertrag zwischen Beck und Halberstadt noch nicht aufgelöst wurde. Womit wir wieder bei Christian Beck sind, der ein merkwürdiges Spiel absolviert. Erst bringt er seine offensichtliche Abneigung gegen RB deutlich zum Ausdruck, willigt dann aber laut mehreren Medienberichten einen Vertrag ein, auch wenn er dies abstreitet. Im nächsten Schritt nennt sein Berater den Verantwortlichen von Halberstadt offensichtlich falsche Gründe für eine vorzeitige Vertragsauflösung. Mitten in der Saisonvorbereitung taucht Beck dann überraschend in Leipzig auf (was hat er die Wochen zuvor gemacht?), pocht auf seinen Vertrag. Zu diesem Zeitpunkt sollte Beck - sofern er einen Vorvertrag unterschrieben hat - aber klar gewesen sein, dass er aktuell zwei Verträge besitzt. Darüber Alexander Zorniger zu informieren, schien ihm nicht in den Sinn zu kommen. Unwahrscheinlich, dass Zorniger ihn dann noch hätte mittrainieren lassen. Hätte er keinen Vertrag unterschrieben, wie er selbst behauptet, warum hätte ihn Zorniger mittrainieren lassen? Seinen mutmaßlichen Vertrag in Leipzig ist er durch eine Abfindung zumindest los.
In den oben zitierten Regularien heißt es unter anderem in Punkt 17.4 weiter:
"Geht ein Berufsspieler mehrere Verträge ein, die den gleichen Zeitraum betreffen, kommen die Bestimmungen in Kapitel IV zur Anwendung. [...] "
In diesen Bestimmungen von Kapitel IV ist die Rede von Entschädigungszahlungen der vertragsbrüchigen Partei (RB Leipzig), der Spieler kann in besonderen Fällen sogar gesperrt werden. In der Satzung des DFB stehen im Paragraph 44 die möglichen Strafmaßnahmen bei etwaigen Verstößen: Bis zu 100.000 Euro Strafe für den Spielern, bis zu 250.000 Euro für den Verein. Der Rest (Punktabzug, Versetzung in tiefere Spielklasse) ist absolut unverhältnismäßig.
Rojiblanco
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20120815-special-beck.html