MANNSCHAFTSANALYSE HINRUNDE - DIE ABWEHR

Leipzig - (10.12.2012) Nach den Männern im Kasten kommen heute die Wächter des Vorfelds unter die Lupe. Die gute Nachricht am Anfang, derzeit verfügt man statistisch gesehen über die beste Defensive aller Aufstiegsanwärter, trotzdem gibt es einige Einschränkungen.


Zum Einen kann man die Regio Nordost derzeit wohl als defensivste der Regionalligen beschreiben. Während in anderen Ligen mehrere Mannschaften um die 2 oder mehr Tore pro Spiel erzielen, schafft dies im NOFV Gebiet nur der RBL (2,5) Zwickau als Nummer Zwei ist mit unter 1,7 schon deutlich abgeschlagen, daher sollte es auch für die Topmannschaft leichter sein, die Bude sauber zu halten. Zum Anderen ist die Defensive (allerdings bedingt durch den Saisonstart, danach zeigte man sich stark verbessert) statistisch nicht mal so viel besser als in den letzten zwei Spielzeiten (0,85 > 0,88 > 0,79), wobei die Gegner durchaus aktuell etwas leichter sind. Trotzdem kann man konstatieren, dass es derzeit eher wenige Probleme im Abwehrverbund gibt, zumal die offensive Spielweise den Gegnern auch mehr Räume ermöglichen kann.
Fabian Franke: Neben Coltorti der einzige Dauerbrenner im Team. Keine Ligaspielminute verpasste der Leipziger, der sich auch unter dem dritten Trainer gegen namenhafte Konkurrenz durchgesetzt hat und nun seit Anfang 2011 unumstrittener Stammspieler ist. Auf der Habenseite stehen seine sehr saubere Zweikampfführung sowie ein gutes Stellungs- und Kopfballspiel. Dazu ist er der einzige Innenverteidiger mit linkem Fuß im Kader und leistet sich nur wenige grobe Fehler. Weiterhin ausbaufähig ist jedoch auch er, trotz Linksauslage ist seine Spieleröffnung meist behäbig oder er sucht den Querpass zum Nebenmann. Auch in der Defensive gibt es kleine Wackler, so liegen ihm Laufduelle mit schnellen Stürmern nicht wirklich, wobei wir durch die recht flinken Außenverteidiger in solchen Situationen jedoch oft gut abgesichert sind. Exemplarisch für diese Wackler kann beispielsweise das Tor von Jena gelten, bei dem er sich recht leicht durch einen ungestümen Zweikampf aus dem Spiel nimmt und damit dem späteren Torschützen (und seinen Gegenspieler) entwischen lässt. Dessen ungeachtet ist er zu Recht Stammspieler in einer stark besetzten Defensive und hat eine Entwicklung genommen, die wohl nur wenige im Sommer 2010 vorausgesehen haben.
Niklas Hoheneder: Womit wir beim zweiten Innenverteidiger sind und damit bei Hoheneder. Gerade nach der Ernennung von Zorniger kam sein Durchbruch ein wenig überraschend. Das der smarte Österreicher sich neben Franke festsetzen konnte, hat jedoch Gründe (siehe unten) und er zahlt dies meist mit guten Leistungen zurück und dürfte zu Recht der Notenbeste Abwehrspieler sein. Im Großen und Ganzen ähnelt er in seiner Spielweise Franke, wobei es feine Unterschiede gibt. Nicht jedes Spiel, aber ab und an, ist er für einen spektakulären Fehler gut, einige davon bereinigt er jedoch auch gleich selbst wieder. Dazu verfügt er über eine höhere Endgeschwindigkeit als der Leipziger Blondschopf und eine bessere Spieleröffnung. Insgesamt ein gutes Innenverteidigerduo, das von den meisten Gegnern in dieser Liga jedoch nicht bis an die Grenzen gefordert wird. Neben Schinke ist er der einzige Abwehrspieler, dessen Vertrag ausläuft, eine Vertragsverlängerung des Stammspielers ist durchaus wahrscheinlich.
Tim Sebastian: Der Ex-Kapitän konnte zu Saisonbeginn noch strahlen und war – für viele überraschend gegen Union und Neustrelitz als zweiter Innenverteidiger aktiv (wenngleich er sich bereits im Frühjahr 2012 zurück in die Mannschaft gearbeitet hatte). Aber bereits gegen Neustrelitz wurden seine Probleme in der Grundschnelligkeit offensichtlich (gegen Torunarigha), als er sich dann noch die Nase brach, übernahm Hoheneder seinen Stammplatz und gab selbigen nicht wieder her. Sebastian musste sich wie die anderen Ergänzungsspieler mit Einsätzen im Pokal zufrieden geben. Trotzdem bleibt der 28-jährige Ur-Leipziger als erfahrener Innenverteidiger in den besten Jahren enorm wichtig (auch und besonders für die Teamchemie, wie Zorniger zu Beginn der Saison andeutete). Derzeit teilt er sich mit Ernst die Position des dritten Innenverteidigers, kann aber bei Bedarf auch zur Mittelfeldabsicherung gebracht werden.
Marcus Hoffmann: Seine Leidensgeschichte geht weiter. Am Anfang der Saison noch nicht zu 100% fit, musste er sich hinten anstellen und kam in der Liga noch nicht zum Einsatz. In der Zweiten und im Pokal hinterließ er einen soliden bis guten Eindruck, ohne wirklich Argumente dafür zu liefern, die derzeitige Ordnung in Frage zu stellen. Ob sich dies in der Winterpause ändert, ist zumindest fraglich, die aktuell funktionierende Defensive wird Zorniger nicht leichtfertig auseinanderreißen. Fraglich, ob diese unbefriedigende Situation einen der einstmals besten Verteidiger der 3. Liga nicht abwanderungswillig macht.
Henrik Ernst: Auch für ihn läuft es derzeit nicht rund, wobei die Gründe eher im Mittelfeld zu suchen sind (siehe dort). Gegen Jena wechselte ihn Zorniger nun erstmals als Innenverteidiger ein, davor wurde er meist zwecks Kompaktheit im Mittelfeld für einen offensiveren Spieler eingewechselt.
Christian Müller: Mr. Zuverlässig im Team, kaum einer ruft seine Leistung mit einer solchen Konstanz ab wie Müller. Dabei fällt es ihm durch die Systemumstellung etwas schwerer, in der Offensive seine Spuren zu hinterlassen. Trotzdem ist er offensiv mit Abstand der gefährlichste Defensivakteur (2 Vorlagen, 3 Vorvorlagen) und allen anderen Außenverteidigern mindestens eine Nasenlänge voraus. Man muss sich nicht weit aus dem Fenster lehnen, wenn man ihm für die Rückrunde weiterhin einen gesicherten Stammplatz zuspricht. Besonders wichtig ist er dazu, um gegnerische Konter zu unterbinden. Neben Schinke dürfte er der schnellste Verteidiger im Kader sein. Weitere Verbesserungen im System, das besonders bei eigenen Flankenläufen nicht immer einwandfrei funktioniert, sollten auch seinem Spiel gut tun.
Juri Judt: Zu Beginn der Saison wurde der offene Konkurrenzkampf zwischen ihm und Schinke ausgerufen, den der Neuzugang aus Nürnberg letztlich auch dank seiner Erfahrung für sich entschied. Dem furiosen Auftakt mit dem Tor gegen Lok folgte eine kurze Verletzungspause, während der er von Schinke gut vertreten wurde, danach aber seinen Stammplatz links hinten wieder einnahm. Judt Spiel bewegt sich defensiv auf ähnlichem Niveau wie das von Müller, wobei es durch die Tagesform höheren Schwankungen zu unterliegen scheint. Offensiv kommt Judt kaum wirklich zum Zug, was aber auch schon in Nürnberg sein Spiel charakterisierte. Zudem ist er als Rechtsfuß auf Links nicht ideal besetzt. Das Schinke und Kocin ihn in der Rückrunde weiter unter Druck setzen, ist jedenfalls nicht ausgeschlossen.
Paul Schinke: Der quirlige Leipziger hat sich dank guter Leistungen und U23 Regel mitten ins Team gespielt. Auch auf der Außenverteidigerposition konnte er beeindrucken, wenngleich seine Defensivqualitäten noch nicht ganz mit denen der Bundesligaerfahrenen Konkurrenz zu vergleichen sind. Dafür konnte er diese Position mit Offensivgeist beleben und hat nicht umsonst bereits drei Vorvorlagen auf dem Konto. Derzeit streitet er sich jedoch mit Röttger und Heidinger im den dritten Platz im zentralen Mittelfeld (siehe dort). Bis auf das Gastspiel in Auerbach waren seine Leistungen auf der defensiven Außenbahn durchweg gut. Wenn Kocin im Frühjahr wieder angreift, dann wird aber auch dort der Konkurrenzdruck größer. Dazu läuft sein Vertrag im Sommer aus, als derzeit solider Kaderspieler, Leipziger und U23-Kicker stehen seine Chancen derzeit nicht schlecht.
Patrick Koronkiewicz: Gegen den soliden Müller hatte PaKo, wie zu erwarten war, einen schweren Stand. Nachdem Müller zu Saisonbeginn angeschlagen war, rückte er trotzdem ins Team und ragte in einer schwachen ersten Hälfte noch negativ heraus. Folgerichtig wurde er gegen Union zur Halbzeit herausgenommen und Müller übernahm das Ruder. Danach hielt ihn vornehmlich die U23 Regel im Kader, wenngleich er bei den drei Kurzeinsätzen auch den ein- oder anderen Lichtblick hatte. Für ihn wird es in der Rückrunde nicht leichter, selbst wenn sein Bankplatz durch die U23 Regel kaum gefährdet scheint.
Umut Koçin: Seine lange Leidensgeschichte hatte nicht zuletzt dank des Führungswechsels ein Ende, im Verlauf der Hinrunde kam er nicht nur bei der U23 zum Einsatz, sondern hinterließ auch gegen Bischofswerda einen guten Eindruck. Eine verletzungsfreie Vorbereitung könnte ihn in der Rückrunde wieder näher an die Stammelf heranbringen.
Rumpelstilzchen
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