RB LEIPZIG ZIEHT NACH ELFMETERKRIMI INS POKALFINALE EIN

Leipzig - (25.04.2013) Gerade noch einmal Glück gehabt. Mit Mühe und Not haben sich unsere Kicker im Halbfinale des Sachsenpokals im Elfmeterschießen gegen den FC Oberlausitz-Neugersdorf durchgesetzt. Die Gastgeber erwiesen sich als physisch und technisch starker Spitzenreiter der Sachsenliga.


Die A14 und A4 um Dresden ohne Stau überstanden, das Nadelöhr Bautzen mit der Dauerbaustelle und den nervigen Ampeln clever umfahren und überpünktlich in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße eingetroffen. Strahlender Sonnenschein. Hinzu kam schon ein wenig Vorfreude auf, dass die Partie um 19:15 Uhr beendet sein würde und wir zur zweiten Halbzeit des Champions-League-Halbfinales wieder zu Hause sind. Sollte ja machbar sein. Bis hierhin ein perfekt organisierter Tag.
Problematisch wurde es erstmals, als wir feststellten, dass der Sportplatz in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße aus Kunstrasen bestand. Und ohne Tribüne. Und sowieso war niemand vor Ort. Als erste Amtshandlung wurde der Newsschreiber von rb-fans.de verflucht, der in seinem Artikel genau jene Straße als Navigationsadresse vorschlug. Auf Nachfrage bei einem Anwohner, der gerade sein Auto auf offener Straße säuberte (ist das nicht strafbar?), erfuhren wir, dass wir im falschen Ortsteil waren. Bitte? Falscher Ortsteil? In einer 6.000 Einwohner-Gemeinde? Da unser Navi kein anderes Ziel vorschlagen wollte und auf den aktuellen Standort beharrte, musste das Smartphone ran. Die Erkenntnis: Ebersbach-Neugersdorf ist nicht Neugersdorf. Auch wenn es nur 2 Kilometer voneinander entfernt liegt. Und tatsächlich gab es dort ebenfalls eine Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße mit Sportplatz. Diesmal sogar inklusive natürlichem Rasen, einer Tribüne und einer handvoll Menschen. Hier waren wir also richtig.
Vor Ort angekommen, wurden wir von den Gastgebern und den anwesenden Polizisten herzlich empfangen. Gastfreundlichkeit par Excellence. Die Stadt Neugersdorf hatte kurzfristig sogar eine riesige Public-Viewing Leinwand aufgebaut, in der unser Halbfinale Live übertragen wurde und anschließend auch das CL-Spiel zwischen Dortmund und Real. Sehr beeindruckender Aufwand.
Ein Blick auf die Aufstellung verriet, dass Bellot die angeschlagenen Coltorti und Domaschke im Tor vertrat. Erstes Pflichtspiel in dieser Saison für unsere Nummer 3. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass er zu einem der Hauptakteure des heutigen Abends werden sollte. Kurz nach Anpfiff der Partie stand es bereits 0:1. Unsere rechte Abwehrseite lies einen Flachpass in den Strafraum zu, in der Mitte fühlte sich niemand zuständig und Toptorschütze Šisler schob gegen die Laufrichtung von Bellot ein. Gibt schlimmeres als einen frühen Rückstand. Haben ja nun 80 Minuten Zeit, dass Spiel zu drehen. Sollte machbar sein. Unser Team drängte danach auf den Ausgleich, scheiterte gleich mehrmals in vielversprechenden Situationen an sich selbst. Viel ging über die Mitte, weil der FCO bei Flanken von außen sowie bei Standardsituationen die absolute Lufthoheit besaß. Das Tempo war enorm, dazu noch die relativ hohen Temperaturen mitten in der Sonne. Das würde der FCO konditionell nicht bis zum Schluss durchalten, war die einhellige Meinung im Fanblock. Taten sie aber. Zur Verwunderung aller Beteiligten.
Ralf Rangnick trudelte nach etwa 20 Minuten ein, sah zu diesem Zeitpunkt aber bereits eine nachlassende Regionalliga-Mannschaft. Die Gastgeber standen nun kompakter, gingen aggressiv in die Zweikämpfe, zwangen die Roten Bullen zu unfassbar einfachen Fehlern im Spielaufbau und setzten ihrerseits Konter, die vor allem gegen Ende der Partie unserem Team richtig übel zusetzten.
Halbzeit in Neugersdorf. Gut, Zorniger würde unsere Jungs in der Kabine schon wachrütteln. Kutschke und Röttger kamen für Rockenbach und Schulz, die in Halbzeit eins nur wenig überzeugen konnten. Wobei das auf viele Spieler in der Mannschaft zutraf. Direkt nach Wiederanpfiff nagelte Dominik Kaiser einen Freistoß gefühlvoll in den Winkel, wenige Minuten später nahm Sebastian Heidinger eine Ecke freistehend volley und drehte die Partie zum 2:1. Sehr schön, dass muss es doch jetzt gewesen sein. Das CL-Halbfinale zu Hause rückte wieder in greifbare Nähe. Pustekuchen. Langer Ball über unsere Abwehr, die einfach stehen blieb und zusah, wie Šisler mit einem schönen Heber aus 30 Metern unseren herauseilenden Torhüter überlupfte. In dieser Situation wäre es wohl besser gewesen, Bellot wäre in seinem Tor geblieben, da Šisler doch sehr weit außen stand und noch ein ganzes Stück Richtung Tor hätte zurücklegen müssen. Aber hinterher ist man immer schlauer und ein Torhüter muss ja auch in Bruchteilen von Sekunden entscheiden. 2:2 also. Das darf doch nicht wahr sein. Jena führte nun auch noch in der Liga gegen Magdeburg. Geht’s noch?
Die quälenden Minuten bis zum Elfmeterschießen waren ziemlich ernüchternd. Viel Krampf bis zur Verlängerung und anschließend viel Kampf mit einer Tätlichkeit von Daniel Frahn, der seinen Gegenspieler mit seiner breiten Brust zu Boden streckte. Über Rot hätte man sich nicht beschweren dürfen. Es gab auf beiden Seiten einige kleine Torchancen, hauptsächlich spielte sich das Geschehen aber im Mittelfeld ab, wo unser Team nach wie vor erhebliche Probleme im Spiel nach vorne hatte. Respekt an den FCO, die nie aufsteckten und bis zur letzten Minute alles gaben. Das 2:2 war leistungsgerecht. Auch in der Verlängerung. Somit ging es in Elfmeterschießen. Unsere Pläne für das CL-Halbfinale hatten wir bereits ad acta gelegt. Ehrlich gesagt war uns das auch mittlerweile sowas von egal. Hier ging es um den Einzug ins Pokalfinale gegen Chemnitzer FC in der Red Bull Arena. Also zusammenreißen! Wir fliegen doch nicht gegen den Spitzenreiter der Sachsenliga raus. Nur der FSV Zwickau kann uns im Sachsenpokal besiegen, aber nicht der FCO!
Das Elfmeterschießen ging nach dem verschossenen Elfmeter von Hoffmann zunächst in die völlig falsche Richtung. Das (faire) Publikum der Gastgeber war aus dem Häuschen, sah die Sensation kommen. Bellot hatte etwas dagegen, hielt gleich zwei Elfmeter – unter anderem den letzten und entscheidenden. Der Jubel auf RB-Seite war riesig, die Erleichterung enorm. Die 150 mitgereisten Fans, welche über die komplette Spielzeit immer hinter ihrer Mannschaft standen und einen tollen Support ablieferten, waren nun natürlich überglücklich. Finale, wir kommen!
Insgesamt war es ein echter Pokalkrimi, der alle Möglichkeiten dieses Wettbewerbs ausnutze. Unsere Mannschaft tat sich überraschend schwer, ließ die Ungeschlagen-Serie aber nicht reißen. Der FCO hatte tapfer gekämpft, kann stolz auf sich sein und geht wohl völlig zurecht als Aufsteiger in die kommende Oberliga-Spielzeit. Die Stimmung im weiten Rund war gut, wären da einige pubertäre Dynamo-Anhänger nicht gewesen, die sich in unseren Block einschlichen und Fanutensilien rauben wollten. Diese wurden aber nach und nach von der Polizei aussortiert.
Übrigens: Das CL-Halbfinale hörten wir auf der Rückfahrt im Autoradio. Letztendlich war das 4:1 ja nicht einmal annähernd so spannend wie unser Pokalfight. Also alles richtig gemacht. Finaaaale, ohooo!
Finaltermin: 15. Mai um 19:30 Uhr in der Red Bull Arena Leipzig
Statistik zum Spiel:
FC Oberlausitz Neugersdorf: Zelenka - Lukáš,
S.Fröhlich, Uhlig, Flachbart - Dittrich, M.Fröhlich (109. Berg),
Petrick, Liška - Nezmar (13. Heineccius (85. Heimlich)), Šisler
RB Leipzig: Bellot - Müller, Franke, Ernst (78.
Hoffmann), Judt - Schulz (46. Röttger), Kaiser, Heidinger - Rockenbach
(46. Kutschke) - Frahn, Morys
Tore: 1:0 Šisler (5.), 1:1 Kaiser (46.), 1:2 Heidinger (52.), 2:2 Šisler (54.)
Zuschauer: 1.559 (150 Leipziger)
Gelbe Karten: Heineccius, Liška, Zelenka / Ernst, Heidinger, Frahn
Elfmeterschießen:
2:3 Müller
3:3 Lukas
Zelenka hält gegen Hoffmann
4:3 Flachbart
4:4 Kaiser
Bellot hält gegen Heimlich
4:5 Kutschke
5:5 Berg
5:6 Frahn
Bellot hält gegen Fröhlich, S.
Ihr habt das Spiel gesehen? Dann bewertet die Kicker in unserem Notenthread.
Rojiblanco
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