HINSPIEL GEGEN LOTTE IN DER RED BULL ARENA – FLUCH ODER SEGEN?

Leipzig - (21.05.2013) Seit der Auslosung am 12.5. steht neben dem Relegationsgegner auch fest, dass das Hinspiel in der Red-Bull-Arena ausgetragen wird. Ist das ein Fluch oder Segen? In einem Pro und Contra stellen wir Argumente für beide Sichtweisen dar.


Pro
In der Relegation gegen den Sieger der Weststaffel. Und dann auch noch zuerst zu Hause. „Viel schlimmer hätte es nicht kommen können. Bei diesem starken Gegner, wäre es besser, zunächst auswärts vorlegen zu können, um dann im Rückspiel vor heimischem Publikum alles klar zu machen“, so die Meinung vieler. Auch Kapitän Frahn schlug mit den Worten "Unglücklich ist, dass wir zuerst zu Hause spielen müssen" in die selbe Kerbe. Aber ist es wirklich ein Nachteil, dass das Hinspiel in der Red-Bull-Arena ausgetragen wird? Ich denke nicht.
So wie sich die Fans Gedanken über die Relegation machen, tun dies natürlich auch die Spieler. Je näher die entscheidenden Spiele rücken, desto intensiver werden diese. Vor allem am 29. Mai – beim ersten Aufeinandertreffen beider Teams – weiß die Mannschaft nicht genau, was sie erwartet. Da gehen den Spielern viele Dinge durch den Kopf: Spielt der Gegner wirklich so, wie es uns der Trainer in den Videoanalysen gezeigt hat? Wie verhalte ich mich, wenn das nicht der Fall ist? Sieht die Aufstellung wie erwartet aus oder bekomme ich es mit einem ganz anderen Gegenspieler zu tun? Bei all diesen Fragen, ist es wichtig, dass ein gewohntes Umfeld und bekannte Automatismen Sicherheit geben. Das Tageshotel, der Weg ins Stadion, die Umkleidekabine, die Stimme des Stadionsprechers, der Einmarsch in die Arena, die Maße des Platzes und die Unterstützung der Fans. All diese Faktoren werden am 29. Mai nur unserer Mannschaft bekannt sein. Diesen wichtigen Vorteil, den ein bekanntes Umfeld schafft, haben nur wir. Der Gegner hingegen, ist mit sich und seinen Gedanken alleine.
Zudem ist es aus taktischer Sicht von Vorteil, zuerst zu Hause zu spielen. Im Hinspiel wird keine Mannschaft versuchen, ins offene Messer zu laufen. Im Wissen, dass erst nach mindestens 180 Minuten der Aufsteiger feststeht, werden sich beide Teams zunächst abtasten und das Augenmerk auf eine kompakte Defensive und kontrollierte Offensive legen. In Rückspielen hingegen, wird eine Entscheidung fallen. Daher sind sind diese taktisch oft „freier“. Daraus resultieren zwangsweise Räume, Chancen und letztendlich auch Tore. Dies gilt zwar für beide Mannschaften gleichermaßen, hilfreich ist dies aber vor allem für das Auswärtsteam, da deren Treffer aufgrund der Europapokalarithmetik quasi doppelt zählen.
Und auch ein Blick in die Statistik stimmt zuversichtlich. In der seit der Saison 2008/09 wieder eingeführten Relegationsspielen um den Aufstieg in die 1. bzw. 2. Bundesliga, konnte sich in 6 von 8 Fällen (75 %) die Mannschaften durchsetzen, die zuerst das Heimspiel ausgetragen haben.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Gegner wahrlich nicht wesentlich schlimmer hätte kommen können. Für die Reihenfolge der Spiele trifft das aber nicht zu, ganz im Gegenteil.
Contra
Alex Zorniger brachte es ja schon auf den Punkt: "Ich hätte lieber zuerst auswärts gespielt." Nicht nur müssen wir gegen die beste Regionalligamannschaft (abgesehen von uns) ran, auch der Vorteil des Heimrechts im Rückspiel wurde uns genommen. Und abgesehen von den sportlichen Nachteilen, nervt besonders ein Fakt: die große Party daheim fällt aus.
Es wäre doch zu schön gewesen: Nach einem 1:1 in Lotte hätten wir unser Stadion zu einer uneinnehmbaren Festung machen können. An einem Sonntag hätte es auch keine Ausreden gegeben, das Stadion wäre brechend voll gewesen. Leipzig, mittlerweile mit Lottes Spiel vertraut, würde ein torloses Remis reichen. Nach den 90 Minuten würden wir als Aufsteiger feststehen und auf der Festwiese unsere Jungs feiern, bevor es dann in die Innenstadt geht. Ein rot-weißer Strom, der sich durch ganz Leipzig zieht. Aber dazu wird es nicht kommen, stattdessen müssen wir schon im Hinspiel an einem Mittwoch Nachmittag (!) möglichst alles klar machen - und das soll erstmal gegen eine Mannschaft wie Lotte gelingen. Dann kommt der einzige Vorteil ins Spiel, denn die Fans von RB haben am Wochenende eh frei und können sich auf den Weg ans Autobahnkreuz machen, um auch da der Mannschaft die Unterstützung zu garantieren. Aber man möge sich mal vorstellen es klappt doch nicht mit dem Aufstieg, die 400km bis nach Hause wären die schlimmsten im bisherigen Fandasein. Und wenn wir es doch schaffen, sind Mannschaft und Auswärtsfahrer eventuell erst am späten Abend wieder in Leipzig, der Montag steht an, die Arbeit ruft – wann soll die große, ausgelassene Aufstiegsparty auf dem Marktplatz stattfinden?
Statistisch gesehen liegen wir mit der unglücklichen Auslosung schon mal im Nachteil: In den Relegationsspielen zwischen den Regionalligen Nord und Nordost (ja, andere mussten damals nicht in die Relegation) in den Jahren 1996 bis 2000, verloren (bis auf eine Ausnahme) alle Teams, die zu erst daheim spielen mussten. In den oberen Ligen sieht das zwar anders aus, aber da müssen wir ja erst einmal hin.
Lottes Trainer Walpurgis bekam seinen Wunsch jedenfalls erfüllt, auch er hat auf ein Rückspiel auf heimischen Rasen gehofft. Ist ja auch ganz klar, denn wie z.B. Borussia Dortmund dieses Jahr eindrucksvoll bewies, sind Rückstände im eigenen Stadion leicht aufzuholen. Und das alles entscheidende Spiel in einer Relegation ist nun mal nicht das erste, sondern das zweite Spiel. Hier sind statt nur 90 Minuten auch 120 oder mehr möglich. Lotte darf dieses entscheidende Spiel bei sich austragen und hat in dieser Saison zu Hause kein Ligaspiel verloren, hat gerade drei mal Remis gespielt und lachhafte neun Gegentore in 19 Spielen bekommen - muss da mehr gesagt werden? Einzige Hoffnung: Unsere Fans machen aus dem Rückspiel ebenfalls ein Heimspiel.
F-Lion & DrSchuh
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