IM FOKUS – DIE AUSSENVERTEIDIGER ZWISCHEN OFFENSIVER AUSRICHTUNG UND ABWEHRSCHNITZERN

Leipzig - (30.09.2013) Mit den Außenverteidigern schloss sich gegen Unterhaching der Kreis der beobachteten Mannschaftsteile. Die hochstehenden Jung und Heidinger stellten Freund wie Feind vor Probleme.


Diesmal gab es keine Abstimmung zum "Fokus", da (abgesehen vom Tor) nur ein Mannschaftsteil noch nicht beobachtet werden konnte und dies waren die Außenverteidiger. Zorniger vertraute erneut der Kombination aus Jung und Heidinger, die bei Ballbesitz gewohnt weit aufrückten und noch vor der Mittelfeldreihe agierten. Trotzdem konnten sie sich aufgrund der insgesamt hohen Fehlpassquote nicht wie gewünscht in die Offensive einschalten, wobei Jung dies noch eher als Heidinger gelang. Defensiv waren sie jedoch gerade bei schnellen Gegenzügen zu weit weg vom Spielgeschehen und daher an einigen gefährlichen Szenen vor dem Kasten Coltortis beteiligt.
Ballberührungen
106 Ballberührungen hatten beide Außenverteidiger gegen die Hachinger. Wobei diese Zahl durch die Einwürfe verzerrt wird, die allein bereits 28 Ballberührungen ausmachten (Jung 13, Heidinger 15). Abseits davon war Jung der deutlich aktivere Spieler und hatte mit 64 Kontakten rund 50% mehr als Heidinger (42). Die Ballberührungen waren über die Halbzeiten recht ausgeglichen verteilt, wobei die zweite Hälfte leicht stärker war (51/55). Zum Vergleich sind dies rund 30 Ballberührungen mehr als die AV damals im Spitzenspiel gegen Jena aufwies, jedoch ähnlich viele wie vor rund einem Jahr gegen den ZFC aus Meuselwitz, aber rund 80 weniger als Kocin und Judt im April gegen den VFC aufs Feld brachten, wobei zu bedenken ist, dass in den ersten beiden Spielen weitaus weniger Einwürfe von den Spielern getätigt wurden.
Pässe
Von den 106 Ballberührungen mündeten 86 in einen Pass, von denen 60 ihr Ziel erreichten (69,8%). Dabei war Jung nicht nur der aktivere Spieler (53 vs. 33) sondern auch der erfolgreichere Passgeber (71,7% vs. 66,7%). Im Vergleich zu Heidinger spielte er jedoch deutlich mehr Sicherheitspässe (12 vs. 1), ohne Sicherheitspässe gab es daher kaum Unterschiede (63,4% vs. 65,6%). Während Heidinger bei weiten Pässen (auch einige Einwürfe darunter) etwas besser abschnitt als Jung, war der Neuzugang im Kopfballspiel besser. Abseits davon konnte Jung durch einige Pässe sein offensiv geschultes Auge unter Beweis stellen. Sein Pass auf Rockenbach vor dem 1:0 trug entscheidend zum aufbrechen der Hachinger Defensive bei, die sich zu stark auf Poulsen und ihn konzentriert hatte. Trotzdem bleibt zu bemerken, dass sich die beiden Außenverteidiger nur sehr selten gewinnbringend in die Offensive einschalten konnten. Zwar standen sie bei Ballbesitz sehr hoch (vor der Mittelfeldreihe), waren jedoch nur schlecht anspielbar und wurden bei einem Pass auf Außen auch gut von den Hachingern zugestellt. Von dieser Grundausrichtung rühren auch die eher wenigen Sicherheitspässe her. Im Einzelnen:
Jung: Sicherheitspässe (12/0), Kurzpässe (19/6), Langpässe (4/6), Kopfpässe (3/3) – Quote: 71,7%
Heidinger: Sicherheitspässe (1/0), Kurzpässe (13/3), Langpässe (7/6), Kopfpässe (1/2) – Quote: 66,7%
Zweikämpfe
Vorauszuschicken ist hier, dass es durch die hochstehenden Außenverteidiger gegen Haching zu einigen brenzligen Situationen kam, in denen ihnen das Eingreifen nach einem Ballverlust (meist ein Fehlpass im Mittelfeld) nicht mehr möglich war. Aber auch, wenn sie in der Nähe des Balls waren, agierten Jung und Heidinger nicht immer mit der nötigen Gedankenschnelle. So z.B. in der 49. Spielminute, als Jung Steinherr ziehen ließ und Heidinger sich in der Mitte nicht vor Duhnke schieben konnte, oder auch beim 2:2 als Jung nicht den Pass verhindern konnte und Heidinger seinen Gegenspieler, den späteren Torschützen Duhnke komplett aus den Augen ließ. Insofern ist die teilweise recht gute Bilanz der beiden Außenverteidiger zwar schön, aber die Problematik liegt weiterhin auch hier in den Situationen, wo man kurz nicht bei der Sache ist und die dann zu Großchancen und letztendlich auch Toren führen. Hier verfestigt sich der Eindruck, dass das derzeitige System defensiv eine sehr geringe Fehlertoleranz hat, man derzeit jedoch nicht in der Lage ist diese Fehler über 90 Minuten abzustellen. Zu den Daten: Die Außenverteidiger absolvierten 50 Zweikämpfe von denen sie 30 für sich entscheiden konnten (60%). Hier war Jung erneut deutlich besser als Heidinger, er absolvierte nicht nur mehr Zweikämpfe (28 vs. 22) sondern gewann auch deutlich mehr (71,4% vs. 45,5%). Besonders in der Defensive und beim Kopfballspiel stach Jung hervor, verlor er jedoch einen Zweikampf, dann wurde es gleich brenzlig. Aber auch Heidinger agierte in den oben beschriebenen Situationen eher unglücklich und hatte besonders in der Kernkompetenz defensive Zweikämpfe eine negative Bilanz. Offensivdribblings waren trotz offensiver Ausrichtung hingegen weniger zu beobachten, auch wenn beide jeweils zwei Offensivzweikämpfe für sich entscheiden konnten. Im Einzelnen:
Jung: offensiv (2/1), defensiv (11/4), Kopf (6/1), gefoult/Fouls (1/2) – Quote: 71,4%
Heidinger: offensiv (2/0), defensiv (5/7), Kopf (1/2), gefoult/Fouls (2/3) – Quote: 45,5%
Fazit
Auch wenn Jung entscheidend am 1:0 beteiligt war, so bleiben die Szenen vor dem 2:2 und Duhnkes Chance in der 49. deutlich im Gedächtnis. Die große Frage hierbei ist, ob die hohe Qualität der Chancen des Gegners allein durch die Versäumnisse der Spieler entstehen, oder bereits im System angelegt sind, bzw. das System solche Fehler quasi nicht zulässt. Immerhin zieht es sich wie ein roter Faden durch die Saison, dass der Gegner effizienter agiert als wir (Ausnahmen allenthalben Halle und Erfurt).
Jung darf trotzdem als Bereicherung des Kaders gesehen werden. Er ist am Ball äußerst vielseitig und in der Lage offensiv Druck zu erzeugen. In der Defensive muss er allerdings wachsamer sein. Solche Pässe von der Grundlinie wie vor dem 2:2 dürfen nicht vors Tor gelangen, auch wenn sich die Abwehrspieler vor Coltortis Kasten äußerst unsortiert präsentierten. Auch bei einigen Bällen auf Außen schaltete er einen Moment zu spät, so dass besonders in der zweiten Hälfte einige gefährliche Situationen über seine Abwehrseite eingeleitet wurden. Insgesamt fehlt es hier aber auch in der Abstimmung zu den Mittelfeldspielern, die sich gegen Haching obendrein zu viele Fehlpässe leisteten und nicht besonders lauffreudig waren.
Heidinger wächst langsam in seine Rolle als Außenverteidiger und ist offensiv auch brauchbar, gerade, weil Zornigers System offensiv denkende Außenverteidiger fordert. Trotzdem bekam er gegen Unterhaching seine Gegenspieler defensiv nicht in den Griff und verlor zu viele defensive Zweikämpfe. Hier könnte man mit Judt oder auch Müller einen defensiveren Akteur bringen, der ggf. auch im eigenen Ballbesitz besser verschiebt, um die Innenverteidigung zu entlasten, sollte es zu einem gegnerischen Konter kommen.
Grundsätzlich waren beide AV am Ausgleich nicht schuldlos. Aber das Spiel kippte eher, weil im Mittelfeld der Zugriff verloren ging, die Hachinger unsere (nicht ausgereiften) Pressingbestrebungen gut ins Leere laufen ließen und unsere Fehlpässe sehr gut zu nutzen wussten. Insofern war es am Wochenende eher ein Problem der Defensivorganisation beim schnellen Hachinger Umkehrspiel und der eigenen Fehlpassquote im Mittelfeld.
Rumpelstilzchen
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20130930-spielbericht-unterhaching_fokus.html