NACHWUCHSSPEZIAL TEIL II - BEDEUTUNG DER NACHWUCHSARBEIT

Leipzig - (12.02.2014) Zurückblickend auf Teil I dieser Serie darf die Frage erlaubt sein: Warum ist die Nachwuchsarbeit überhaupt so wichtig? Darauf soll es heute die Antwort geben. Im Fokus dabei auch die Bedeutung über Vereinsgrenzen hinaus.


Mit der Vorstellung von Ralf Rangnick änderte sich der Sprachgebrauch hier in Leipzig. Der Fußball soll athletisch, aggressiv und offensiv sein. Um das umzusetzen, wurde die Nachwuchsarbeit von Rangnick jüngst zu einem Qualitätsmerkmal erklärt. Ein Problem bleibt aber: Die Anpassungsdauer der Kicker an die Spielphilosophie. Ein Problem, welches für junge Spieler ein halbes oder ganzes Jahr Eingewöhnungszeit bedarf. Ein Beispiel dafür wären André Luge oder besser noch Yordy Reyna in Salzburg. Beide Spieler haben Talent, können echte Waffen sein, aber haben im mannschaftstaktischen Bereich noch Defizite. Diese Dauer der Anpassung ist natürlich ärgerlich für Mannschaft, Trainer und insbesondere Spieler. Eine Lösung dafür: Die Nachwuchsarbeit.
Egal wie das Spiel der U17 am Wochenende gegen Werder Bremen (3:1 für RBL, Anm. der Redaktion) ausgeht, die Duftmarke bleibt. Das offensive Pressing, Balljagen und schnelles Spiel in die Spitze überraschten die Ligagegner und führte zum Erfolg. Die Philosophie steckt schon in der Mannschaft und den Spielern. In der Theorie ist es also schon in ein paar Jahren soweit, dass Nachwuchsspieler vor dem Sprung in den Seniorenbereich stehen und wesentliche Teile des Spielkonzeptes Rangnicks und der Interpretation von Zorniger beherrschen. Eine Akklimatisierung würde aufgrund des Sprunges von Jugendspieler in den Herrenbereich sicherlich noch notwendig sein, aber eine frühe Einbindung wäre trotzdem schon möglich. RB Leipzig wird nichtsdestotrotz weiter die Augen nach Talenten offen halten. So haben die Messestädter mittlerweile einen Synergieeffekt mit den Red Bull Standorten nutzen können und passende Spieler für die U19 verpflichtet. Zum einen Elvis Osmani, der technisch stark und trotz der eher kleinen Körpergröße ein klasse Balljäger ist und aus Salzburg kam. Zum anderen die Brasilianer Venuto und Pires, die vor allem Tempo auf das Spielfeld bringen können. Alles Spieltypen, welche in der Spielphilosophie von RB Leipzig ihren Platz haben und den Ablauf im Wesentlichen schon kennen. Die Rasenballsportler können also, bei frühem Scouting von Talenten, die Systemanpassung schon in der Jugendzeit trainieren und damit im Seniorenbereich die Gewöhnung in das System verkürzen. Setzt Ralf Rangnick diesen Kurs kategorisch um und schafft die Durchlässigkeit (die im Augenblick 0% beträgt), kann der Cottaweg eine wichtige Schmiede für Talente werden, die Zugängen von außerhalb etwas voraus haben.
Dass die Nachwuchsarbeit für RB Leipzig in seiner aktuellen Ausrichtung wichtig ist, dürfte allerdings keine echte Neuigkeit sein. Deswegen soll im Folgenden gezeigt werden, wie auch das Nachwuchsleistungszentrum am Cottaweg regional bedeutend werden wird. Dafür ein Blick auf die Leistungpyramide in der Entwicklung von Fußballern:
Im Wesentlichen soll ein Fußballer auf dem Weg zum Profi bestimmte Phasen durchlaufen. Das beginnt im jüngsten Alter mit einer Basisförderung. Die Kleinen sollen dabei durch ihre Trainer, die meist ehrenamtlich tätig sind und dafür größten Respekt verdienen, den Spaß am Fußball entdecken, Bewegung bekommen und das Miteinander lernen. Die erste Sichtung von Talenten findet dann in den DFB Talentstützpunkten statt. 366 gibt es Deutschlandweit, 20 in Sachsen davon 6 in der Region Nordwestsachsen. Diese erste Stufe der Talentförderung selektiert nun die begabteren Spieler aus und gibt ihnen die Möglichkeit unter qualifizierter Anleitung zu trainieren. Mit der Selektion beginnen auch die Wechsel von Spielern zu Vereinen mit einer Nachwuchsarbeit, die den Talenten aufgrund von finanziellen und personellen Möglichkeiten eine bessere Entwicklung ermöglicht. So sieht es das Förderprogramm des DFB vor und so wird es in Leipzig (nicht nur von RB Leipzig) auch praktiziert. Die Talente fangen an sich auf bestimmte Nachwuchsvereine zu konzentrieren. Aus Talentstützpunktspieler werden Kreisauswahlspieler (U13) ausgewählt, aus denen daraufhin die Landesauswahlspieler (U14) gesichtet werden. Mit jedem Schritt konzentrieren sich die Talente auf weniger Vereine. Am Ende steht dann eines der 49 Nachwuchsleistungszentren und viele Spieler, die den Schritt bis zu diesem Punkt geschafft haben und auch schon vorher für einen anderen Verein gespielt. So logisch und gewollt der Schritt in das Leistungszentrum ist, es gilt es eine Hypothek bei den regionalen Vereine zu begleichen. Das Mittel dafür: Der Spielerrückfluss.
Am Cottaweg wird es immer wieder Abgänge geben, vor allem vor dem Sprung in den Leistungsbereich (U17,U19) und den damit verbundenen externen Neuzugängen. Es bleibt dann die Entscheidung für den Spieler, was nach dem Nachwuchsleistungszentrum kommt. Weiter auf hohem Niveau trainieren und sich einem entsprechendem Verein anschließen, Fußball als Freizeitbeschäftigung oder ganz mit dem Fußball aufhören? Während letzteres kein wünschenswertes Ereignis ist, bleiben die übrigen als Alternative des Rückflusses. Ein Beispiel sei die U17 von Lok Leipzig (1.Platz in der Landesliga Sachsen), welche in dieser Saison mehrere Zugänge vom Cottaweg bekam. Darunter 3 der besten 4 Torschützen. Alle drei Kicker spielten vor RB Leipzig nicht bei Lok. Auch Makranstädt wird zur Adresse für Abgänge am Cottaweg. Kevin Zimmermann, letzte Saison noch für unsere U19 aktiv, bestritt dabei alle Partien für die Oberligamannschaft vom Stadion am Bad. Die Pyramide also wieder Rückwärts. Die Spieler die das Nachwuchsleistungszentrum verlassen, verteilen sich auf wenige Vereine auf gehobenerem Niveau. Diese Vereine haben dafür ebenfalls Spieler abzugeben, die sich dann einen anderen Verein auf normalem Niveau suchen. Wieder am Beispiel der U17 von Lok. Den sechs Zugängen von RB Leipzig standen acht Abgänge in den Bezirk Nordwestsachsen gegenüber (Rotation (2), FC Grimma (3), Naunhof, Markkleeberg und Liebertwolkwitz (je 1)). Und so verteilen sich die Spieler im Rückfluss wieder auf die Vereine der Region.
Sportlich kann festgehalten werden, dass die Nachwuchsarbeit zum einen Talente hervorbringen kann, welche weniger Anpassungsprobleme an das System Zorniger haben werden und damit auch externen Zugängen gegenüber mit einem Vorsprung aufwarten können. Zum anderen ist ein Nachwuchsleistungszentrum auch eben jene Spitze einer Pyramide, die Talenten aus der Umgebung die Chance gibt, in der Nähe auf hohem Niveau gefördert zu werden und gut ausgebildet zu den anderen Vereinen der Region zurückzukehren.
RB
Leipzig sucht das Miteinander mit anderen Vereinen. So trainierte
Alex Zorniger ein Nachwuchsteam bei Olympia oder gingen nach der
Anschaffung neuer Fußbälle, die älteren (aber nicht schlechten
Bälle) an andere Nachwuchsvereine. Dennoch erhoffe ich mir noch ein
bisschen mehr von unserer Talentschmiede. Vor allem den vielen
ehrenamtliche Trainern in den Leipziger Vereinen, könnte RB Leipzig
mit Rat und Tat (durch Workshops/Lehrgänge) zur Seite stehen. Denn
"ehrt das Ehrenamt" gilt ins besondere für die, die davon besonders
profitieren. Ein weiterer Aspekt ist der Theorie-Praxis-Graben,
zwischen der Erforschung der Talentdiagnostik, welche erst langsam
ins Rollen kommt, und den Praxisanwendern, die sich erst nach und
nach mit dem Thema beschäftigen. Dabei birgt z.B. der
Relative-Alters-Effekt vielleicht das Potenzial mehr Talente vor Ort
zu gewinnen. Und vielleicht lässt sich durch die
Innovationen, um die es in Teil III gehen soll, auch aus dem Cottaweg eines Tages eine International
bekannte Talentschmiede machen.
Teil 1
crank
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