ERSTE SAISONNIEDERLAGE SCHNELL ABGEHAKT

Berlin - (22.09.2014) Mal wieder Polter. Dank zweier Tore jenes Stürmers, der uns einst in Reihen der Wolfsburger Jugend die letzte Aufstiegshoffnung raubte, verliert RB Leipzig erstmals in dieser Saison.


Nach all dem Vorgeplänkel rund um die Partie bei Union Berlin und den angekündigten Fanprotest fühlte sich diese Niederlage doch erstaunlich verdaulich an. Es war die erste der Saison und überhaupt die erste seit gefühlten Ewigkeiten. Irgendwann mussten die drei Punkte mal wieder an den Gegner gehen und nun, wo es so weit ist, kann man es fast schulterzuckend zur Kenntnis nehmen. Der Blick richtet sich nach vorn, zu den schweren Spielen gegen den KSC und bei der Fortuna.
Relativ gut verdauen lässt sich die Niederlage aber auch, weil die Erkenntnis reift, dass bei Union hinter der großen Klappe doch einiges dahinter steckt. Natürlich kommt man kaum hinterher beim Aufzählen der dümmlichen Sprüche im Umfeld des Spiels („In Leipzig stirbt die Fußballkultur“, „Fußballprofis mit Eurozeichen in den Augen“, „gleichgeschaltete Konsumenten auf den Rängen, die noch nie etwas von Mitgestaltung gehört haben“, …). Natürlich fällt es schwer, Verständnis dafür aufzubringen, die eigene Mannschaft eine Viertelstunde lang im Stich zu lassen, nur um sich selbstgefällig auf die Schulter klopfen zu können, ein Zeichen gegen den angeblichen Tod des Fußballs gesetzt zu haben. Und natürlich kann man es ganz besonders absurd finden, wenn sogar der Stadionsprecher zur Teilnahme an dieser Aktion aufruft. Im Kontext all dessen hat sich so mancher RB-Fan sicher gewünscht, nicht ausgerechnet bei Union zu verlieren.
Aber Union ist auch einfach ein bisschen anders. Wenn die Hymne brachial durchs Stadion schmettert und nicht weniger laut 75 Minuten lang supportet wird – aus dem Fanblock heraus ebenso engagiert wie auf den Haupttribünen – dann ist das schon feinste Fußballatmosphäre. Und zumindest an diesem Tag beeindruckender als man das bei so manch anderem Retter der Tradition in den vergangenen Jahren erlebt hat.
Rechnet man einmal die drei verweigerten Elfmeter für Leipzig heraus, hat Union das Spiel zudem verdient gewonnen. Die Rasenballer hatten den Ball häufiger als die Eisernen, aber wirklich etwas damit anzustellen vermochten sie nur selten. Union beschränkte sich in der ersten Halbzeit fast nur aufs Kontern, legte in Hälfte 2 dann aber los wie die Feuerwehr. Union erspielte sich Chancen und nutzte Standardsituation beziehungsweise Kontergelegenheit zweimal eiskalt. Der Gegentreffer durch Poulsen resultierte schließlich auch nur aus einem individuellen Abwehrfehler und nicht aus einer durchschlagskräftigen Kombination. Nachdem eigentlich schon das Spiel in Frankfurt hätte verloren gehen müssen, war es nun halt wirklich mal so weit.
Zu guter letzt ein dritter Grund, dieser Niederlage etwas Positives abzugewinnen: unsere eigenen Fans. Die waren wieder zahlreich erschienen: etwa 2.000, wie in München. Dass wir zu unseren ersten beiden Wochenendauswärtsspielen in der zweiten Liga mit so vielen Leuten auswärts reisen, hätte außerhalb von Leipzig vor einiger Zeit wohl kaum jemand geglaubt, zumal 1860 und Union sportlich gesehen jeweils nicht gerade die attraktivsten Gegner waren. Doch das Wichtigste: Die Leute waren nicht nur zahlreich da, sondern auch sehr aktiv. In den ersten 15 Minuten sorgten sie zumindest für ein bisschen Fußballatmosphäre, auch wenn das Schweigen oder leichte Raunen auf Heimseite die Sache zu einer äußerst merkwürdigen Angelegenheit machte. Später war es natürlich extrem schwer, gegen ein dermaßen lautes Stadion anzusingen, aber das wäre an diesem Tag auch ganz anderen Szenen schwer gefallen. Bis auf eine kurze Phase nach dem 2:1 waren wir jedenfalls gut wahrnehmbar.
Und dass die Fußballkultur in Leipzig wohl doch nicht stirbt, zeigte sich dann, als nach Schlusspfiff einfach weitergefeiert wurde, und das in einer Lautstärke, die gelegentlich sogar den Jubel der Eisernen durchbrach. Ja, auf der Haupttribüne schaute der eine oder andere etwas verwundert Richtung Gästeblock, der sich – wohl entgegen der eigenen Erwartung – noch nicht geleert hatte als die Spieler dort ankamen, sondern diese – ganz im Gegenteil – aufmunterte. Wie schon bei den Löwen war das ein starker Auftritt auf den Rängen. Nun müssten wir allerdings auch mal wieder die Kurve bei Heimspielen bekommen. Hoffentlich schon gegen den KSC. Wirft man einen Blick auf die Vorverkaufszahlen, scheint es ja diesmal auf einen verhältnismäßig harten Kern an RB-Fans hinauszulaufen.
Ach ja: Nach sechs Spieltagen steht Rasenballsport auf dem vierten Tabellenplatz, nach „kicker“-Noten sogar nur auf Rang 8. Alle bisherigen Gegner halten sich aktuell in der unteren Tabellenhälfte auf. Aufstiegsfavoriten sind im Moment also andere.
Loch
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