DIE U23 NACH DEM AUFSTIEG – WAS ERWARTET UNS IN DER REGIONALLIGA?

Leipzig - (07.07.2015) Unserer Reserve gelang der Durchmarsch in die Regionalliga Nordost. Wie ist das Team in der neuen Liga einzuschätzen und was können wir von der Elf von Trainer Tino Vogel eine Etage höher erwarten?


Alte Bekannte in neuer Liga
Nachdem die zweite Mannchaft von RB Leipzig vor einem Jahr den Aufstieg aus der Landesliga Sachsen feiern konnte, gelang ihr eine Saison darauf gleich der Durchmarsch in die Regionalliga Nordost. Nach einer überzeugenden Saison wurde das Team verdient Erster in der fünftklassigen Oberliga Süd. Somit können wir uns in dieser Saison im Markranstädter Stadion am Bad auf Duelle mit den früheren Konkurrenten FSV Zwickau oder Carl Zeiss Jena freuen. Aber auch Germania Halberstadt, der ZFC Meuselwitz und die Reserve von Hertha sind mittlerweile alte Bekannte von RB, gegen die es in der Hinrunde jeweils zum 7. Aufeinandertreffen kommen wird. Ein Wiedersehen gibt es auch mit unseren ehemaligen Spielern Thiago "Rocke" Rockenbach da Silva, welcher mittlerweile in Berlin beim BFC spielt, Max Watzka (Viktoria Berlin), Michael Schlicht (Zwickau) oder Sebastian Albert (Meuselwitz).
Ein junges Team mit vielen Talenten aus der A-Jugend
Bereits nach dem Aufstieg in die Oberliga wurden für die höhere Liga keine fertigen externen Spieler geholt, sondern die Neuzugänge kamen fast ausschließlich aus der eigenen A-Jugend. An dieser Vorgehensweise wurde auch nach dem Durchmarsch festgehalten. Neu im Team sind außerdem der 20-jährige Federico Palacios – der bereits in der letztjährigen Hinrunde einige kurze Einsätze im Team hatte – sowie Henrik Ernst aus der ersten Mannschaft.
Der schmerzlichste Abgang dürfte der Wechsel von Angreifer Nattermann zum Drittligisten Aue sein. Tom Nattermann war der Toptorjäger und außerdem der erste Spieler, der für RBL sowohl in der A-Jugend als auch in der ersten Mannschaft zu Pflichtspieleinsätzen kam. Zwei Ligen höher wird sich zeigen, wie die bisherigen herausstechenden Leistungen in der Oberliga einzuordnen sind.
Verlassen haben die Elf von Tino Vogel daneben hauptsächlich Spieler mit wenigen Einsatzzeiten sowie Spieler, die 23 Jahre und älter sind und damit die U23-Regelung nicht erfüllen. Der Hintergrund dieser Regel ist, dass die zweite Mannschaft eines Profiteams gleichzeitig nur drei Fußballer auf dem Feld haben darf, welche zum Stichtag zu Saisonbeginn das 23. Lebensjahr vollendet hatten. Derzeit sind mit René Legien und Henrik Enst nur zwei Mann über diesem Alter. Dafür ist mit Fridolin Wagner sogar ein 17-jähriger im Kader. Er ist einer der vielen angesprochenen Neuen aus der U19, durch die der ohnehin schon geringe Altersdurchschnitt letzte Saison noch einmal auf jetzt unter 21 Jahre sank. Man kann die U23 daher durchaus als U21 bezeichnen. Dies basiert auch auf der Ansicht von Ralf Rangnick, dass 18- oder 19-jährige Spieler es nach dem Verlassen der Jugendmannschaften entweder in ein bis zwei Jahren ins Profiteam schaffen oder gar nicht und wird in dieser Form auch in Liefering praktiziert.
Wie ist die Mannschaft in der Regionalliga Nordost einzuordnen?
Mit den Verstärkungen aus dem eigenen Nachwuchs einher geht das System des konsequenten Pressings & Gegenpressings in Verbindung mit viel Laufarbeit, welches bereits im Jugendbereich systematisch zur Anwendung kommt und hier fortgesetzt wird. In der Oberliga hatte man laut Kapitän Alexander Sorge kaum Individualisten, sondern lebte von der Teamarbeit. Im relativ flachen 4-4-2-System von Coach Vogel übernehmen die Mittelfeldaußen und meist einer der beiden Sechser Spielmacheraufgaben, ohne dass das Team einen "klassischen" Zehner besitzt. Getreu der Devise: "Gegenpressing ist der beste Spielmacher". In der Oberliga lebte die U23 von ihrer Konditionsstärke und ihrem aggessiven Pressing, mit dem sie die Gegner vor Probleme stellte. Dementsprechend profitierte man häufig von Schnitzern der gegnerischen Abwehr und vom konditionellen Vorteil in den letzten 20 Minuten, welchen man gegenüber den semiprofessionellen Kickern der fünften Liga hatte. Trotz alledem führte die hohe Abwehrkette auch gegen schwächere Teams immer wieder zu brenzligen Situationen. Als typisches Beispiel sei hier das Auswärtsmatch in Sandersdorf genannt, wo die Unioner anfangs mehrere hervorragende Chancen liegen ließen, einen Elfmeter vergaben und schlussendlich RB durch grobe Abwehrfehler zu 2 Toren einluden. Dass Vogels Mannen gegen Vereine mit konsequenter, fehlerfreier Verteidigung ihre Probleme hatten, zu gefährlichen Strafraumenszenen zu kommen und dann auch hinten anfällig waren, hat man in der Rückrunde im Derby gegen Lok gesehen. Mangels Spielmacherqualität in der Mannschaft und durch Fehlerabstinenz in der Gegnerdefensive kam ein unansehnliches Mittelfeldgebolze heraus. Mit optischem Übergewicht für RB, aber auch Anfälligkeit in der Defensive und ohne ein Übergewicht eigener klarer Chancen.
Diese Tendenzen werden sich in der Regionalliga verstärken. Viele Vereine in der NOFV-Liga haben Profis im Kader, der Konditionsvorteil wird abnehmen. Die Defensivreihen sind auch unter Druck weniger fehleranfällig - und klären im Zweifel ganz altmodisch mit einem langen Ball hinter die hochstehenden Leipziger Innenverteidiger. Es gibt einige wenige starke Teams, die sich Hoffnungen auf einen Aufstieg machen können. Die Topfavoriten sind Zwickau, Jena & Nordhausen; der BFC und Neustrelitz können mit Glück und Konstanz vielleicht auch ein Wörtchen oben mitreden. Für den Rest der Liga geht es nur darum, wann man den Klassenerhalt sicher hat. Dementsprechend häufig wird Leipzigs Reserve auf tiefstehende Teams treffen. Aber diesmal auf höherem Niveau als in der Oberliga. Kurz gesagt: Mehr Partien werden ablaufen wie das angesprochene Match gegen Lok und weniger wie gegen Sandersdorf.
Trotzdem wurde unsere zweite Mannschaft mit hoffnungsvollen Nachwuchstalenten verstärkt, die ein starkes Team bilden und ein System haben. Die Vehemenz, mit der sie die Oberliga dominiert haben, wird man nicht mehr sehen. Man wird gegen einige Teams spielerisch unterlegen sein und gegen einige Underdogs Lehrgeld zahlen. Aber die Qualität reicht aus, um sich hinter den Ligafavoriten im oberen Mittelfeld zu platzieren. Und was noch wichtiger ist: Junge Talente, die noch nicht in der 2. Bundesliga bestehen können, können wichtige Erfahrung und Spielpraxis sammeln, um sich für Höheres zu empfehlen. Ein guter Vergleichsmaßstab wird die Reserve von Hertha BSC sein, die ebenfalls fast ausschließlich auf Verstärkungen aus der hauseigenen U19 setzt.
Haben Nachwuchsspieler realistische Chancen fürs Profiteam?
Ehrlicherweise muss man konstatieren, dass bisher das Niveau in Landes- & Oberliga zu schwach war, als dass sich jemand ernsthaft für unseren Bundesligakader empfehlen konnte. So kam auch Tom Nattermann als bisher individuell Bester und trotz beeindruckender Torquote nur zu einem Bankeinsatz in der 2. Bundesliga.
Nun ist man mit der 4. Liga auf einem Level angekommen, wo auch die meisten anderen Reserven von Bundesligisten spielen und sich Talente auf Profiniveau beweisen können. Dass das auch die Vereinsführung von RB so sieht, erkennt man daran, dass Fridolin Wagner (defensives Mittelfeld) und Joshua Endres (Sturm) künftig in der Regionalliga auflaufen werden, obwohl sie noch für die A-Jugend spielberechtigt wären. Beide spielten bereits für die deutsche U18-Auswahl und können bei entsprechenden Leistungen eine Option für Ralf Rangnick werden.
Auch Firat Sucsuz (Linksverteidiger) und Sören Reddemann (Innenverteidiger) sind beim Chefcoach auf dem Radar und kamen unter ihm genauso wie Wagner und Endres bei den bisherigen Testspielen der A-Elf zum Einsatz. Die beiden bildeten bereits in der U19 eine starke linke Abwehrseite, über welche die meisten Angriffe liefen. Jetzt haben sie die Gelegenheit, diese starken Eindrücke im Männerbereich zu bestätigen. Sören Reddemann steht außerdem im erweiterten Kader der U19-Nationalmannschaft und wird am Trainingslager der Profis in Leogang teilnehmen. Allrounder Patrick Strauß hat bereits einen Profivertrag. Um Spielpraxis zu sammeln, spielte er noch eine (starke) Saison in der A-Jugend.
Dass die Neuzugänge aus der Jugend Potential haben, bewiesen sie bereits letzte Saison, als sie als Aufsteiger gleich die Meisterschaft in der Bundesliga Nord/Nordost erringen konnten und ins Halbfinale um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft einzogen.
Allerdings ist unser Bundesligateam mit der Amtsübernahme von Ralf Rangnick massiv mit gestandenen Profis verstärkt wurden, der Aufstieg hat Priorität. Die Gelegenheit, Fehler zu machen und daraus zu lernen, werden die Jungs vorläufig nur in der Regionalliga bekommen. In dieser Saison werden U23-Spieler höchstens bei gehäuften Ausfällen durch Verletzungen und/oder Sperren realistische Chancen auf Einsatzzeiten in der Bundesliga haben.
Regionalliga oder 3. Liga?
Wegen dem angesprochenen fehlenden Wettkampfniveau auf Landes- & Oberligaebene wurden Torhüter Bredlow und Stürmer Prevljak als vielversprechende Talente zum Salzburger Kooperationspartner Liefering verliehen. Dort kamen sie zu Einsatzzeiten in der zweiten östereichischen Liga (welche ironischerweise "Erste Liga" heißt). Die besten zwei/drei Teams einer Saison dort könnten vermutlich in Deutschlands 3. Liga bestehen, der Rest hat in etwa Regionalliganiveau. Derartige Leihen sind in Zukunft nicht mehr notwendig, da nach dem Aufstieg die Stärke der Ligen unserer U23 und von Liefering vergleichbar ist.
Was zu der Frage führt, welches Ligenniveau für Leipzigs Zweite eigentlich ideal wäre. Die meisten anderen Reserven spielen ebenfalls in den fünf Regionalligen. Allerdings waren Stuttgart 2, Mainz 2 und Dortmund 2 in der 3. Liga. Dortmund stieg zwar ab, dafür kam mit Bremen 2 eine andere Zweitvertretung hoch. Wolfsburg und Bayern wollen erklärtermaßen auch dorthin (zurück).
Sollte RB ebenfalls mit seinem Nachwuchs in der 3. Liga vertreten sein? Das Spielniveau ist höher und damit förderlicher für die Ausbildung. Dafür reicht es häufig nicht, nur auf eigenen Nachwuchs zu vertrauen, man braucht auch starke externe Zugänge, um in dieser Liga zu bestehen. Die Abstiege von Bayerns, Bremens und Dortmunds U23 in den letzten Jahren sowie der permanente Abstiegskampf von Stuttgart machen diese Problematik deutlich. Dazu kommen jährliche Mehrkosten im niedrigen Millionenbereich. Lohnt sich das langfristig?
Meine persönliche Einschätzung dazu lautet:
Es wird zu einer Spezialisierung kommen. Bundesligaclubs werden entweder das Reserveteam komplett aufgeben und die frei werdenden Ressourcen in die A- & B-Jugend stecken, mit der Zielsetzung, die herausragenden Talente sofort ins Profiteam zu integrieren bzw. ihnen per Leihe bei anderen Vereinen Spielpraxis zu verschaffen (wie es beispielsweise Leverkusen vor hat).
Oder aber sie werden deutlich mehr Geld in die Hand nehmen, um eine wettbewerbsfähige Reservemannschaft auf mindestens gehobenem Regionalliganiveau zu unterhalten mit dem Ziel, mehr Nachwuchsspieler einzubinden und auch Talente aufzubauen, die mit Verlassen des Jugendbereichs noch keine fertigen Spieler sind.
Für die Ambitionen von Wolfsburg oder Bayern ist es wenig zielführend, potentiell championsleaguetaugliche Spiele in der Regionalliga auszubilden. Dafür muss das Wettkampfniveau bereits für die 19-jährigen so hoch wie möglich sein. In die 3. Liga schafft man es mit dieser Herangehensweise allerdings nicht mit Talenten ausschließlich aus der Region. Dazu muss man in der Nachwuchsarbeit schon ein paar Jahre früher ansetzen und bereits die B-Jugend gezielt verstärken (ab 15 Jahren dürfen Fußballer Förderverträge abschließen). Den damit verbundenen erheblichen finanziellen Mehraufwand können nur die Big Player der Bundesliga stemmen. Derartige Wechsel von Jugendspielern werden zwar - gerade im Kontext mit RBL - gerne kritisiert, sind aber bereits seit Jahren im deutschen Profifußball Usus.
Unter Umständen kann die Regionalliga für die Zweitvertretung paradoxerweise sogar förderlicher sein. So verzichtete Freiburg 2014 auf seinen Platz für die Aufstiegsrelegation. Der Nachwuchskoordinator des KSC erklärte, dass er eine Ausbildung in der 4. Liga für zielführender hält, als den von permanentem Abstiegskampf & Defensivfußball geprägten Ligenalltag eine Etage höher.
Welchen Weg Rasenballsport Leipzig gehen wird, steht noch nicht fest. Wie wir alle wissen, kann der Weg aus der Regionalliga lang und steinig sein. Die aktuelle unsinnige Aufstiegsregelung tut ihr Übriges dazu, wie man auch bei Wolfsburg und Bayern München leidvoll feststellen musste.
Fest steht, dass die Leipziger U23 hauptsächlich eine U21 sein wird, in welcher sich die Spielweise von Pressingfetischist Rangnick aus den Jugendmannschaften nahtlos fortsetzen wird. Das Team wird sich in der neuen Liga behaupten und hoffentlich wird die Entwicklung von einigen jungen Spielern so gut verlaufen, dass sie in einem Jahr eine Option für den Profikader sind.
Die Spiele werden weiterhin im Stadion am Bad in Markranstädt ausgetragen, zu ausgewählten Auswärtsfahrten wird es Fanbusse geben. Wir können uns auf eine Saison mit etlichen bekannten Gegnern und auf ein junges, talentiertes Team freuen.
vorläufiger Kader (weitere Spieler werden momentan getestet)
Nachtrag:
Die Preise zur neuen Saison betragen 10€ (ermäßigt 8€) für die Haupttribüne sowie 8€ (ermäßigt 5€) für die restlichen Stadionbereiche.
dabdab
Nachdem die zweite Mannchaft von RB Leipzig vor einem Jahr den Aufstieg aus der Landesliga Sachsen feiern konnte, gelang ihr eine Saison darauf gleich der Durchmarsch in die Regionalliga Nordost. Nach einer überzeugenden Saison wurde das Team verdient Erster in der fünftklassigen Oberliga Süd. Somit können wir uns in dieser Saison im Markranstädter Stadion am Bad auf Duelle mit den früheren Konkurrenten FSV Zwickau oder Carl Zeiss Jena freuen. Aber auch Germania Halberstadt, der ZFC Meuselwitz und die Reserve von Hertha sind mittlerweile alte Bekannte von RB, gegen die es in der Hinrunde jeweils zum 7. Aufeinandertreffen kommen wird. Ein Wiedersehen gibt es auch mit unseren ehemaligen Spielern Thiago "Rocke" Rockenbach da Silva, welcher mittlerweile in Berlin beim BFC spielt, Max Watzka (Viktoria Berlin), Michael Schlicht (Zwickau) oder Sebastian Albert (Meuselwitz).
Ein junges Team mit vielen Talenten aus der A-Jugend
Bereits nach dem Aufstieg in die Oberliga wurden für die höhere Liga keine fertigen externen Spieler geholt, sondern die Neuzugänge kamen fast ausschließlich aus der eigenen A-Jugend. An dieser Vorgehensweise wurde auch nach dem Durchmarsch festgehalten. Neu im Team sind außerdem der 20-jährige Federico Palacios – der bereits in der letztjährigen Hinrunde einige kurze Einsätze im Team hatte – sowie Henrik Ernst aus der ersten Mannschaft.
Der schmerzlichste Abgang dürfte der Wechsel von Angreifer Nattermann zum Drittligisten Aue sein. Tom Nattermann war der Toptorjäger und außerdem der erste Spieler, der für RBL sowohl in der A-Jugend als auch in der ersten Mannschaft zu Pflichtspieleinsätzen kam. Zwei Ligen höher wird sich zeigen, wie die bisherigen herausstechenden Leistungen in der Oberliga einzuordnen sind.
Verlassen haben die Elf von Tino Vogel daneben hauptsächlich Spieler mit wenigen Einsatzzeiten sowie Spieler, die 23 Jahre und älter sind und damit die U23-Regelung nicht erfüllen. Der Hintergrund dieser Regel ist, dass die zweite Mannschaft eines Profiteams gleichzeitig nur drei Fußballer auf dem Feld haben darf, welche zum Stichtag zu Saisonbeginn das 23. Lebensjahr vollendet hatten. Derzeit sind mit René Legien und Henrik Enst nur zwei Mann über diesem Alter. Dafür ist mit Fridolin Wagner sogar ein 17-jähriger im Kader. Er ist einer der vielen angesprochenen Neuen aus der U19, durch die der ohnehin schon geringe Altersdurchschnitt letzte Saison noch einmal auf jetzt unter 21 Jahre sank. Man kann die U23 daher durchaus als U21 bezeichnen. Dies basiert auch auf der Ansicht von Ralf Rangnick, dass 18- oder 19-jährige Spieler es nach dem Verlassen der Jugendmannschaften entweder in ein bis zwei Jahren ins Profiteam schaffen oder gar nicht und wird in dieser Form auch in Liefering praktiziert.
Wie ist die Mannschaft in der Regionalliga Nordost einzuordnen?
Mit den Verstärkungen aus dem eigenen Nachwuchs einher geht das System des konsequenten Pressings & Gegenpressings in Verbindung mit viel Laufarbeit, welches bereits im Jugendbereich systematisch zur Anwendung kommt und hier fortgesetzt wird. In der Oberliga hatte man laut Kapitän Alexander Sorge kaum Individualisten, sondern lebte von der Teamarbeit. Im relativ flachen 4-4-2-System von Coach Vogel übernehmen die Mittelfeldaußen und meist einer der beiden Sechser Spielmacheraufgaben, ohne dass das Team einen "klassischen" Zehner besitzt. Getreu der Devise: "Gegenpressing ist der beste Spielmacher". In der Oberliga lebte die U23 von ihrer Konditionsstärke und ihrem aggessiven Pressing, mit dem sie die Gegner vor Probleme stellte. Dementsprechend profitierte man häufig von Schnitzern der gegnerischen Abwehr und vom konditionellen Vorteil in den letzten 20 Minuten, welchen man gegenüber den semiprofessionellen Kickern der fünften Liga hatte. Trotz alledem führte die hohe Abwehrkette auch gegen schwächere Teams immer wieder zu brenzligen Situationen. Als typisches Beispiel sei hier das Auswärtsmatch in Sandersdorf genannt, wo die Unioner anfangs mehrere hervorragende Chancen liegen ließen, einen Elfmeter vergaben und schlussendlich RB durch grobe Abwehrfehler zu 2 Toren einluden. Dass Vogels Mannen gegen Vereine mit konsequenter, fehlerfreier Verteidigung ihre Probleme hatten, zu gefährlichen Strafraumenszenen zu kommen und dann auch hinten anfällig waren, hat man in der Rückrunde im Derby gegen Lok gesehen. Mangels Spielmacherqualität in der Mannschaft und durch Fehlerabstinenz in der Gegnerdefensive kam ein unansehnliches Mittelfeldgebolze heraus. Mit optischem Übergewicht für RB, aber auch Anfälligkeit in der Defensive und ohne ein Übergewicht eigener klarer Chancen.
Diese Tendenzen werden sich in der Regionalliga verstärken. Viele Vereine in der NOFV-Liga haben Profis im Kader, der Konditionsvorteil wird abnehmen. Die Defensivreihen sind auch unter Druck weniger fehleranfällig - und klären im Zweifel ganz altmodisch mit einem langen Ball hinter die hochstehenden Leipziger Innenverteidiger. Es gibt einige wenige starke Teams, die sich Hoffnungen auf einen Aufstieg machen können. Die Topfavoriten sind Zwickau, Jena & Nordhausen; der BFC und Neustrelitz können mit Glück und Konstanz vielleicht auch ein Wörtchen oben mitreden. Für den Rest der Liga geht es nur darum, wann man den Klassenerhalt sicher hat. Dementsprechend häufig wird Leipzigs Reserve auf tiefstehende Teams treffen. Aber diesmal auf höherem Niveau als in der Oberliga. Kurz gesagt: Mehr Partien werden ablaufen wie das angesprochene Match gegen Lok und weniger wie gegen Sandersdorf.
Trotzdem wurde unsere zweite Mannschaft mit hoffnungsvollen Nachwuchstalenten verstärkt, die ein starkes Team bilden und ein System haben. Die Vehemenz, mit der sie die Oberliga dominiert haben, wird man nicht mehr sehen. Man wird gegen einige Teams spielerisch unterlegen sein und gegen einige Underdogs Lehrgeld zahlen. Aber die Qualität reicht aus, um sich hinter den Ligafavoriten im oberen Mittelfeld zu platzieren. Und was noch wichtiger ist: Junge Talente, die noch nicht in der 2. Bundesliga bestehen können, können wichtige Erfahrung und Spielpraxis sammeln, um sich für Höheres zu empfehlen. Ein guter Vergleichsmaßstab wird die Reserve von Hertha BSC sein, die ebenfalls fast ausschließlich auf Verstärkungen aus der hauseigenen U19 setzt.
Haben Nachwuchsspieler realistische Chancen fürs Profiteam?
Ehrlicherweise muss man konstatieren, dass bisher das Niveau in Landes- & Oberliga zu schwach war, als dass sich jemand ernsthaft für unseren Bundesligakader empfehlen konnte. So kam auch Tom Nattermann als bisher individuell Bester und trotz beeindruckender Torquote nur zu einem Bankeinsatz in der 2. Bundesliga.
Nun ist man mit der 4. Liga auf einem Level angekommen, wo auch die meisten anderen Reserven von Bundesligisten spielen und sich Talente auf Profiniveau beweisen können. Dass das auch die Vereinsführung von RB so sieht, erkennt man daran, dass Fridolin Wagner (defensives Mittelfeld) und Joshua Endres (Sturm) künftig in der Regionalliga auflaufen werden, obwohl sie noch für die A-Jugend spielberechtigt wären. Beide spielten bereits für die deutsche U18-Auswahl und können bei entsprechenden Leistungen eine Option für Ralf Rangnick werden.
Auch Firat Sucsuz (Linksverteidiger) und Sören Reddemann (Innenverteidiger) sind beim Chefcoach auf dem Radar und kamen unter ihm genauso wie Wagner und Endres bei den bisherigen Testspielen der A-Elf zum Einsatz. Die beiden bildeten bereits in der U19 eine starke linke Abwehrseite, über welche die meisten Angriffe liefen. Jetzt haben sie die Gelegenheit, diese starken Eindrücke im Männerbereich zu bestätigen. Sören Reddemann steht außerdem im erweiterten Kader der U19-Nationalmannschaft und wird am Trainingslager der Profis in Leogang teilnehmen. Allrounder Patrick Strauß hat bereits einen Profivertrag. Um Spielpraxis zu sammeln, spielte er noch eine (starke) Saison in der A-Jugend.
Dass die Neuzugänge aus der Jugend Potential haben, bewiesen sie bereits letzte Saison, als sie als Aufsteiger gleich die Meisterschaft in der Bundesliga Nord/Nordost erringen konnten und ins Halbfinale um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft einzogen.
Allerdings ist unser Bundesligateam mit der Amtsübernahme von Ralf Rangnick massiv mit gestandenen Profis verstärkt wurden, der Aufstieg hat Priorität. Die Gelegenheit, Fehler zu machen und daraus zu lernen, werden die Jungs vorläufig nur in der Regionalliga bekommen. In dieser Saison werden U23-Spieler höchstens bei gehäuften Ausfällen durch Verletzungen und/oder Sperren realistische Chancen auf Einsatzzeiten in der Bundesliga haben.
Regionalliga oder 3. Liga?
Wegen dem angesprochenen fehlenden Wettkampfniveau auf Landes- & Oberligaebene wurden Torhüter Bredlow und Stürmer Prevljak als vielversprechende Talente zum Salzburger Kooperationspartner Liefering verliehen. Dort kamen sie zu Einsatzzeiten in der zweiten östereichischen Liga (welche ironischerweise "Erste Liga" heißt). Die besten zwei/drei Teams einer Saison dort könnten vermutlich in Deutschlands 3. Liga bestehen, der Rest hat in etwa Regionalliganiveau. Derartige Leihen sind in Zukunft nicht mehr notwendig, da nach dem Aufstieg die Stärke der Ligen unserer U23 und von Liefering vergleichbar ist.
Was zu der Frage führt, welches Ligenniveau für Leipzigs Zweite eigentlich ideal wäre. Die meisten anderen Reserven spielen ebenfalls in den fünf Regionalligen. Allerdings waren Stuttgart 2, Mainz 2 und Dortmund 2 in der 3. Liga. Dortmund stieg zwar ab, dafür kam mit Bremen 2 eine andere Zweitvertretung hoch. Wolfsburg und Bayern wollen erklärtermaßen auch dorthin (zurück).
Sollte RB ebenfalls mit seinem Nachwuchs in der 3. Liga vertreten sein? Das Spielniveau ist höher und damit förderlicher für die Ausbildung. Dafür reicht es häufig nicht, nur auf eigenen Nachwuchs zu vertrauen, man braucht auch starke externe Zugänge, um in dieser Liga zu bestehen. Die Abstiege von Bayerns, Bremens und Dortmunds U23 in den letzten Jahren sowie der permanente Abstiegskampf von Stuttgart machen diese Problematik deutlich. Dazu kommen jährliche Mehrkosten im niedrigen Millionenbereich. Lohnt sich das langfristig?
Meine persönliche Einschätzung dazu lautet:
Es wird zu einer Spezialisierung kommen. Bundesligaclubs werden entweder das Reserveteam komplett aufgeben und die frei werdenden Ressourcen in die A- & B-Jugend stecken, mit der Zielsetzung, die herausragenden Talente sofort ins Profiteam zu integrieren bzw. ihnen per Leihe bei anderen Vereinen Spielpraxis zu verschaffen (wie es beispielsweise Leverkusen vor hat).
Oder aber sie werden deutlich mehr Geld in die Hand nehmen, um eine wettbewerbsfähige Reservemannschaft auf mindestens gehobenem Regionalliganiveau zu unterhalten mit dem Ziel, mehr Nachwuchsspieler einzubinden und auch Talente aufzubauen, die mit Verlassen des Jugendbereichs noch keine fertigen Spieler sind.
Für die Ambitionen von Wolfsburg oder Bayern ist es wenig zielführend, potentiell championsleaguetaugliche Spiele in der Regionalliga auszubilden. Dafür muss das Wettkampfniveau bereits für die 19-jährigen so hoch wie möglich sein. In die 3. Liga schafft man es mit dieser Herangehensweise allerdings nicht mit Talenten ausschließlich aus der Region. Dazu muss man in der Nachwuchsarbeit schon ein paar Jahre früher ansetzen und bereits die B-Jugend gezielt verstärken (ab 15 Jahren dürfen Fußballer Förderverträge abschließen). Den damit verbundenen erheblichen finanziellen Mehraufwand können nur die Big Player der Bundesliga stemmen. Derartige Wechsel von Jugendspielern werden zwar - gerade im Kontext mit RBL - gerne kritisiert, sind aber bereits seit Jahren im deutschen Profifußball Usus.
Unter Umständen kann die Regionalliga für die Zweitvertretung paradoxerweise sogar förderlicher sein. So verzichtete Freiburg 2014 auf seinen Platz für die Aufstiegsrelegation. Der Nachwuchskoordinator des KSC erklärte, dass er eine Ausbildung in der 4. Liga für zielführender hält, als den von permanentem Abstiegskampf & Defensivfußball geprägten Ligenalltag eine Etage höher.
Welchen Weg Rasenballsport Leipzig gehen wird, steht noch nicht fest. Wie wir alle wissen, kann der Weg aus der Regionalliga lang und steinig sein. Die aktuelle unsinnige Aufstiegsregelung tut ihr Übriges dazu, wie man auch bei Wolfsburg und Bayern München leidvoll feststellen musste.
Fest steht, dass die Leipziger U23 hauptsächlich eine U21 sein wird, in welcher sich die Spielweise von Pressingfetischist Rangnick aus den Jugendmannschaften nahtlos fortsetzen wird. Das Team wird sich in der neuen Liga behaupten und hoffentlich wird die Entwicklung von einigen jungen Spielern so gut verlaufen, dass sie in einem Jahr eine Option für den Profikader sind.
Die Spiele werden weiterhin im Stadion am Bad in Markranstädt ausgetragen, zu ausgewählten Auswärtsfahrten wird es Fanbusse geben. Wir können uns auf eine Saison mit etlichen bekannten Gegnern und auf ein junges, talentiertes Team freuen.
vorläufiger Kader (weitere Spieler werden momentan getestet)
Spieler |
Alter |
Position |
bei RBL seit |
Dominic-René Heine | 19 | Torhüter |
01/2011 |
Sören Kurt Reddemann | 19 | Innenverteidiger |
07/2010 |
Alexander Sorge | 22 | Innenverteidiger | 07/2009 |
Firat Sucsuz | 19 | Linker Verteidiger |
07/2014 |
Sebastian Konik | 20 | Linker Verteidiger | 07/2011 |
Jonas Hildebrandt | 18 | Defensiver Mittelfeldspieler |
07/2013 |
René-Mike Legien | 23 | Defensiver Mittelfeldspieler | 01/2013 |
Henrik Ernst | 28 | Defensiver Mittelfeldspieler | 07/2011 |
Alexander Siebeck | 21 | Defensiver Mittelfeldspieler |
07/2009 |
Fridolin Wagner | 17 | Zentraler Mittelfeldspieler |
07/2011 |
Hannes Mietzelfeld | 20 | Linker Mittelfeldspieler | 07/2011 |
Vincent Rabiega | 20 | Rechtsaußen |
01/2013 |
Janik Mäder | 18 | Offensiver Mittelfeldspieler |
07/2010 |
Federico Palacios-Martinez |
20 | Mittelstürmer | 01/2014 |
Dennis Rothenstein | 19 | Mittelstürmer | 07/2013 |
Joshua Endres | 18 | Mittelstürmer | 07/2013 |
Daniel Barth | 21 | Mittelstürmer |
07/2013 |
Die Preise zur neuen Saison betragen 10€ (ermäßigt 8€) für die Haupttribüne sowie 8€ (ermäßigt 5€) für die restlichen Stadionbereiche.
dabdab
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20150707-special-u23-saisonvorschau.html