KADERANALYSE: MITTELFELD UND ANGRIFF

Leipzig - (17.07.2015) Kaderplanung (so gut wie) abgeschlossen?! Zeit für uns, um den aktuellen Kader einmal genauer zu betrachten und zu schauen, was sich auf den einzelnen Spielpositionen so getan hat. Im zweiten Teil widmen wir uns heute dem Mittelfeld und dem Angriff.


Defensives Mittelfeld
Einziger Neuzugang im defensiven Mittelfeld war Stefan Ilsanker.
Der ist allerdings im Gegensatz zu einigen anderen Neuen kein junges
Talent mehr, sondern ein gestandener Spieler und Leistungsträger bei
seinem alten Verein Salzburg. Überdies läuft er seit einem guten Jahr auch für das
österreichische Nationalteam auf. "Ilse" ist ein defensivstarker
& kopfballstarker Mittelfeldspieler, der idealerweise den Abräumer
vor der Abwehr gibt. Er hat seine Stärken im Gegenpressing, ist aber
unter Druck auch selbst anfällig für Ballverluste (eine schöne Analyse
von ihm gibt es hier).
Das
sind schlechte Nachrichten für Rani Khedira, der ein ganz ähnlicher
Spielertyp ist, bisher auf der 6 gesetzt war und seine Sache letzte
Saison gut gemacht hat. Auch wenn beide in der zweiten Liga sehr große
Qualität verkörpern – als Spieler sind sie sich zu ähnlich und haben
gegenüber ihren Mittelfeldkollegen Defizite mit dem Ball am Fuß,
insbesondere wenn sie gepresst werden. In der Startformation wird daher
wahrscheinlich nur einer von beiden stehen. Augenscheinlich ist dies
Stefan Ilsanker.
In einem von Rangnick präferierten 4-2-2-2 braucht
es einen Nebenmann mit Dribbling- & Spielmacherqualitäten , welcher
in der Lage ist, eine gute Balance zwischen defensivem & offensivem
Spiel mit dem Ball zu finden. Wie gemacht für diese Rolle sind Diego
Demme und Dominik Kaiser, wobei Kaiser derjenige ist, der etwas mehr
Offensivqualität gegen tiefstehende Gegner auf den Platz bringt. Auch
hier gilt: Obwohl beide sehr gute Zweitligaspieler sind, wird vermutlich
nur einer von ihnen seinen Platz in der Startelf finden. Wenn man die
Form der Zweitligarückrunde zum Maßstab nimmt, hat Kaiser hier die
besseren Karten.
Sollte der Coach im Mittelfeld mit zwei zentralen
Spielern (also eine 4-3-Grundformation bei einer Mittelfeldraute oder
einem 3-Stürmer-System) spielen lassen, würde das für beide die
Einsatzchancen erhöhen.
Insbesondere für ein 3er-Mittelfeld sind
Stefan Hierländer und John-Patrick Strauß weitere Alternativen.
Hierländer zeigte in der abgelaufenen Saison unter zwei Trainern außer
seiner Schnelligkeit nichts, was ihn für einen Stammplatz prädestiniert,
kam aber unter Rangnick trotzdem in den Testspielen mehrfach zum
Einsatz. Strauß lieferte als Mittelfeldallrounder in der U19 gute Spiele
ab. In jedem Fall bringen beide die Qualität mit, um in der zweiten
Liga zu bestehen. Ob das dann reicht, um regelmäßig zu spielen, bleibt
abzuwarten und wird auch von möglichen Ausfällen abhängen.
Offensives Mittelfeld
Die
drei naheliegendsten Kandidaten hierfür sind Emil Forsberg, Massimo
Bruno und Marcel Sabitzer. Alle drei sind gelernte offensive
Mittelfeldspieler, alle drei kosteten Millionen und alle drei bringen
tolle Fähigkeiten mit dem Ball auf den Platz. Da es für diesen Teil der
Aufstellung nicht mehr als drei Planstellen geben wird, steht damit die
Stammbesetzung theoretisch schon fest. Des Weiteren ist Kaiser eine
Option für die Position eines Spielmachers - sofern es sie überhaupt
gibt. Denn auch ein System ohne klassischen 10er und nur mit zwei
flexiblen offensiven Mittelfeldleuten ist denkbar und wird vom Chefcoach
präferiert. Auch Zsolt Kalmár könnte diese Positionen ausfüllen. Er
wird sich aber angesichts seiner durchwachsenen Leistungen in seinen
zahlreichen Teilzeiteinsätzen letzte Saison und angesichts der Stärke
seiner Konkurrenten trotz seines angedeuteten Talents wohl nur auf Bank
oder Tribüne wiederfinden.
Auch ohne ihn wird es ein Hauen und
Stechen um die beiden Startplätze geben. Von drei Spielern mit genug
Qualität für eine höhere Liga können schließlich nur zwei in der
Startelf stehen. Denkbar ist, dass Sabitzer stattdessen wie bereits
letztes Jahr bei Salzburg im Sturm spielt – wo es dann das nächste Hauen
und Stechen gibt.
Sturm
Das meiste Augenmerk wird
zweifelsohne auf dem ebenso teuren wie talentierten Davie Selke liegen,
der einen modernen Strafraumstürmer verkörpert und als solcher auch in
der Sturmspitze gesetzt sein wird. Zum Leidwesen von Terrence Boyd, der
sich leider in einer Saison gleich zweimal am Kreuzband verletzt hat
und mindestens bis September ausfallen wird. Danach wird er sich hinten
anstellen müssen, wenn es um Einsatzzeiten geht. Wiewohl auch er ein
guter, bissiger & kopfballstarker Stürmer ist, der sich im Strafraum
wohlfühlt. Auch bei der Besetzung der weiteren Positionen im Sturm hat
Ralf Rangnick die Qual der Wahl. Yussuf Poulsen als bisheriger Fixpunkt
unserer Offensive und der österreichische Nationalspieler Marcel
Sabitzer sind herausragende Angreifer, die jeden Gegenspieler in der
Liga vor Probleme stellen können. Poulsen ist stärker als Wandspieler
bei langen Bällen und bei Standards. Sabitzer dagegen hat seine Vorteile
beim Zurückweichen ins Mittelfeld und Integrieren ins Passspiel.
Ebensolche Fähigkeiten hat Emil Forsberg, der als Außenstürmer denkbar
ist, auch wenn er bisher die Torgefährlichkeit vermissen ließ. Im
angesprochenen 4-2-2-2 wird er eher im offensiven Mittelfeld zu finden
sein. Last but not least steht mit Nils Quaschner ein weiterer Angreifer
zur Verfügung. Verletzungsbedingt kam er in der letzten Saison nur zu
einigen wenigen Teilzeiteinsätzen. Aufgrund dessen scheinen seine
Chancen auf Einsätze angesichts der Konkurrenzsituation gering zu sein.
Allerdings konnte er durch überzeugende Testspielauftritte in der
Vorbereitung auf sich aufmerksam machen.
Fazit
Auf dem
Papier hat das defensive Mittelfeld bis hin zur Bank sehr fähige
Spieler. Die Herausforderung wird darin bestehen, gegen viele massiv
verteidigende Mannschaften zuverlässig gegen Konter abzusichern und
gleichzeitig das Offensivspiel der eigenen Elf durch Hervorrücken zu
unterstützen. Die Lösungen dafür basieren nicht auf der Stärke
Einzelner, sondern können nur im Team gefunden werden.
Insbesondere
in der Offensive ist Leipzig herausragend besetzt und kann auch bei
Ausfällen immer noch eine individuelle Qualität aufbieten, die andere
Zweitligisten meist nicht zur Verfügung haben.
Dabei bestehen
allerdings zwei Gefahren: Aufgrund des investierten Geldeinsatzes wird man das
Ergebnis nicht nur an den absoluten Resultaten messen, sondern auch an
den hohen Ablösen. Und angesichts der aufsummierten (geschätzt) 22
Millionen kann man dieses mediale Hase & Igel-Rennen in der 2.
Bundesliga nicht gewinnen. Dass man auch trotz Siegen von außen unter
Kritik geraten kann, damit wird das Team daher lernen müssen umzugehen.
Die
zweite Gefahr liegt einem Luxusproblem inne. Was ist, wenn alle fit
sind? Kein Spieler, für dessen Fähigkeiten man Millionen zahlen muss,
setzt sich in der zweiten Liga freiwillig auf die Bank. Das kann Unruhe
ins Team bringen.
Und zu guter Letzt eine banale Fußballweisheit:
"Geld schießt keine Tore". Favorit auf den Aufstieg ist RB Leipzig
nichtsdestotrotz, da es auch bei Ausfällen eine für die Ligaverhältnisse
sehr starke Elf aufbieten kann.
dabdab
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