GEGNEREINSCHÄTZUNG – DIE ABSTIEGSKANDIDATEN
Leipzig - (20.07.2015) Die Liga scharrt mit den Hufen. Es wird Zeit, dass es wieder losgeht. Für uns das Signal einen Blick auf alle Teams zu werfen. Heute sind zunächst die Abstiegskandidaten dran.
Die 2. Liga ist extrem ausgeglichen. Es ist keineswegs nur eine Phrase, zu behaupten, jeder könne jeden schlagen. Es ist, wie viele Teams schon erfahren mussten – so auch unsere roten Bullen – schlicht Realität. Umso schwerer ist es, klare Abstiegskandidaten zu benennen. Dennoch glauben wir, für diese Teams muss die erste Priorität sein, erst einmal die Klasse zu halten.
SV Sandhausen
Der SV Sandhausen schaffte den Klassenerhalt letzte Saison für viele unerwartet locker. Wenn man so will sogar zwei mal. Zunächst durch das denkwürdige 4:0 in unserer Heimstätte und dann noch einmal am letzten Spieltag, nachdem ein Dreipunktabzug wegen Lizenzverstößen verhängt worden war. Das gleiche Kunststück wird auch dieses Jahr nötig sein, denn die Strafe der DFL beinhaltete auch einen Abzug von drei Punkten für die kommende Saison.
Große Sprünge können die Etatminimalisten auch diese Saison nicht machen. Doch mit ihrer Aussenseiterrolle wissen die Rand-Heidelberger sicher auch im nunmehr schon vierten Zweitligajahr umzugehen. Kontinuität ist Trumpf. Trainer Alois Schwarz geht ins dritte Jahr und auch die Mannschaft blieb großteils zusammen. Lediglich die Abgänge von Stammtorwart Riemann und der Abwehrmänner Kübler und Achenbach sind beim Stammpersonal zu beklagen. Mittelfeld und Sturm blieben beisammen. Vor allem auf die treffsicheren Bouhaddouz und Wooten (zusammen 17 Treffer) wird man wieder setzen.
Namhafte Neuzugänge gibt es erwartungsgemäß kaum. Am bekanntesten ist noch José Pierre Vunguidica von Drittligist Wehen Wiesbaden. Die Lücken in der Abwehr sollen Phillip Klingmann vom KSC und Damian Rossbach von Mainz 05 stopfen. Auf der Torhüterposition bekommt der bisherige Ersatzmann Marco Knaller (28) zwei junge Keeper zur Seite gestellt: Rick Wulle (21) und Phillip Kühn (22).
Insgesamt sind die Sandhausener einer der Top-Kandidaten auf den Abstieg. Wieder einmal...
FSV Frankfurt
Ein Wiedersehen mit Ex-Trainer Tomas Oral wartet auf uns. Durch den Durchmarsch von Liga 4 in die 2. Liga mit dem FSV Frankfurt hatte er die RB-Oberen auf sich aufmerksam gemacht. Doch die Zeit bei RB war wenig erfolgreich, wenngleich zumindest der Sachsenpokal erstmals gewonnen werden konnte. Nach ebenfalls wenig erbaulichen Stationen in Ingolstadt und als Co. von Felix Magath in Fulham heuerte er nun wieder in Frankfurt an. Als Feuerwehrmann war er erfolgreich - wird ihm nun auch in einer vollen Saison der Klassenerhalt gelingen? Dass seinetwegen die Mannschaftsärzte den FSV verließen, geht jedenfalls nicht als glücklicher Start durch.
Mit 14 Zugängen und 13 Abgängen wurde das Team ordentlich durcheinandergewirbelt. Mit Stammtorwart Klandt und den Mittelfeldspielern Kauko, Roshie, Balitsch und Grifo verließen dabei fünf Spieler mit über 20 Einsätzen den Bornheimer Hang. Eine ordentliche Lücke, die Oral nun schließen muss.
Erfahrung holte man sich z.B. mit Tim Golley und Heinrich Schmidtgal aus Düsseldorf sowie per Leihe von Bundesligist Mainz 05 in Dani Schahin. Letzterer kam nach 8 Saisontoren für Düsseldorf in der Bundesligasaison 2012/13 nicht mehr Recht in Schwung, so dass Frankfurt für ihn ein Neubeginn ist.
Viele junge Spieler kamen zudem neu ins Team, dabei allein sechs Spieler im Alter von 20 Jahren oder jünger. Besar Halimi (20) etwa wurde ebenfalls von Mainz ausgeliehen, die ihn gerade erst von den Stuttgarter Kickers holten, aber ihm nun erst in Liga 2 Spielpraxis verschaffen wollen. Ob sich diese jungen Wilden schnell entwickeln können, wird entscheidend für den FSV sein.
FC St. Pauli
Kurz gefasst könnte man zu den Paulianern fragen: Gelingt Ewald Lienen mehr als seine Konsolidierung der Rückrunde? Immerhin machte der erfahrene Trainerfuchs aus der Hinrunden-Schießbude der Liga (36 Gegentore), denen sogar unsere herbstlichen Rumpelballer 4 Tore einschenken konnten, eine der stabilsten Defensiven der Liga (15 Gegentore). Der Klassenerhalt gelang dennoch einigermaßen glücklich, denn rechnen konnte man am Millerntor wohl eher weniger mit Siegen gegen die (verhinderten) Aufstiegskandidaten aus Leipzig und Kaiserslautern.
Viele Spieler haben den Hamburgern den Rücken gekehrt. Daube, Koch, Schachten, Trybull, Nöthe, Tschauner, Görlitz und Kringe. Fast kann man fragen, wer ist eigentlich noch da? Zunächst wären da die bisher nur ausgeliehenen Sobiech und Sobota. Ersterer wurde fest vom HSV verpflichtet, Sobota erneut vom FC Brügge ausgeliehen. An echten Zugängen konnten die Paulianer dagegegen bisher nur den Japaner Ryo Miyaichi (22, Arsenal London) für die linke Aussenbahn präsentieren können.
Eingespieltheit und ein besseres Mannschaftsklima im kleineren Team könnten den so entschlackten Paulianern helfen. Aber auf Dauer kann man nur mit viel Defensive und Kämpfen keine höheren Ansprüche anmelden. Das weiß auch Ewald Lienen. Man darf gespannt sein, wie es am Millerntor weitergeht.
1860 München
Chaotisch. Chaotischer. Sechziger. So könnte man die Lage in München schon recht treffend beschreiben. Nach der gruseligen Vorsaison mit der Last Minute-Rettung in der Relegation gegen die Kieler Störche hoffen die Löwen auf ruhigeres Fahrwasser. Doch hinter den Kulissen geht es auch weiterhin drunter und drüber. Mit Geldgeber Hasan Ismaik schwelt weiter der Dauerstreit um Kompetenzen, der schließlich zum Rücktritt des Präsidiums führte. Sportdirektor Gerhard Poschner wurde als Schuldiger der sportlichen Misere identifiziert und ist nicht mehr Geschäftsführer Sport, darf aber dennoch quasi auf Bewährung als Sportdirektor – teilweise flankiert von fußballfremden Handlungsträgern, wie Investor-Vertreter Noor Basha – weitermachen.
Da ist es letztlich nicht verwunderlich, dass die Kaderplanung nicht recht vorangeht. Lediglich die Verteidiger Milos Degenek (22) von der Reserve des VFB Stuttgart, Rodnei (uns wohlbekannt) und Mittelfeldmann und französischer U21-Nationalspieler Romuald Lacazette (21, PSG II) konnten bisher verpflichtet werden. Angesichts der schlechten Vorsaison und den Abgängen von z.B. Julian Weigl nach Dortmund und Bobby Wood nach Berlin erscheint das doch arg wenig. Obwohl man generell der 60er Mannschaft mehr zutrauen könnte. Nur ob Trainer Torsten Fröhling in diesem Umfeld ein erfolgreiches Team formen kann, erscheint fragwürdig.
Arminia Bielefeld
Souveräner Aufsteiger nach dem unglücklichen Abstieg in der Relegation gegen Darmstadt im Vorjahr. Apropos Lilien – was spricht eigentlich dagegen, dass Bielefeld auch durchstartet und gleich oben mitspielt? Nun eigentlich sind alle Vorraussetzungen dafür da. Dennoch wird man in Bielefeld erst einmal wieder in Liga 2 ankommen müssen und dies im Sinne des gern genommenen Understatements auch wollen.
Trainer Norbert Maier steht dafür sein Aufstiegsteam mit wenigen Veränderungen zur Verfügung. Lediglich im Tor gibt es den großen Wechsel. Wolfgang Hesl kam neu aus Fürth um den nach Freiburg zurückgekehrten Alexander Schwolow zu ersetzen. Wobei auch Daniel Davari von Grashoppers Zürich Ansprüche auf die Nummer eins haben wird.
Bei den Feldspielern hat man einiges an gestandenen Zweitligaspielern geholt in Görlitz und Nöthe (St. Pauli) sowie Jopek (Union). Dazu konnte man Dennis Mast vom KSC (uns noch bekannt aus Halle) nach Leihe nun fest binden. Dem gegenüber stehen keine absoluten Leistungsträger als Abgänge. Lediglich Testroet und Lorenz kamen auf zweistellige Einsätze.
Keine Frage, Bielefeld ist sehr solide aufgestellt und sollte den Klassenkampf überstehen. Bei der Qualität fehlt aber etwas die Breite, so dass zum Besipiel eine Verletzung von Tormaschine Fabian Klos (23 Treffer in Liga 3) nicht zu kompensieren wäre.
MSV Duisburg
Die Zebras sind nach dem Lizenzentzug vor zwei Jahren zurück in Liga 2. Anders als in Bielefeld ist der Kader seitdem einmal komplett umgepflügt worden. Der Fast-Kollaps wirkt natürlich weiter nach. Es ist ja kein Geheimnis, das die 3. Liga kein finanzielles Gesundungsbad ist. Dementsprechend kleine Brötchen musste man an der Wedau bei der Kaderzusammenstellung dann auch backen.
Typisch für einen Aufsteiger gab es unter den Leistungsträgern kaum Abgänge. Nur Mittelfeldmann Gardawski und Verteidiger Schorch hatten über 20 Einsätze. Zugänge gab es natürlich nur ablösefrei. Gleich zweimal bediente man sich in Form von Simon Brandstetter (25, Sturm) und Andreas Wiegel (23, RA) bei Drittligist Rot Weiss Erfurt. Dustin Bomheuer (24, IV) kam aus Düsseldorf und Thomas Bröker (30, Sturm) vom 1. FC Köln. Dan-Patrick Poggenberg (23, IV) von Wolfsburg II und Stanislav Iljutschenko (24, Sturm) aus Osnabrück komplettieren neben einigen Junioren die soliden Zugänge der Duisburger. Solide vor allem in der Breite, aber eben auch nicht mehr.
Die Mannschaft von Aufstiegstrainer Gino Lettieri wird um jeden Punkt kämpfen müssen. Die Eingespieltheit wird sicher dabei helfen, aber mit dem Klassenerhalt könnte es knapp werden.
Hier könnt ihr euren Tabellentipp abgeben. Morgen folgen die Mittelfeldmannschaften, ehe am Mittwoch die Aufstiegskandidaten besprochen werden.
roger
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