RB LEIPZIG – SC PADERBORN: ANALYSE & EINZELKRITIK

Leipzig - (13.09.2015) Erster Heimsieg! Eine runde Angelegenheit, auch wenn es immer Kritikansätze geben wird. Ein gut gefülltes Stadion, eine absolut gelungene Patenaktion und dazu ein nie ernsthaft gefährdeter 2:0 Sieg unserer Rasenballer. Unsere Analyse & Einzelkritik zum Spiel.


Obwohl die Tore nur aus Standardsituationen fielen, konnte man nach dem Spiel in Berlin erneut zeigen, dass man sich technisch und taktisch weiterentwickelt hat. Dazu war endlich auch die überlegene individuelle Klasse zu sehen, was dann insgesamt zu 27 Torschüssen führte, Rekord für RBL in Liga zwei! Daran schließt sich allerdings auch der größte Kritikpunkt an, da es nicht gelang, insbesondere in den 20 Minuten nach dem 2:0, als die Rangnickelf das Spiel komplett in der Hand hatte, ein drittes Tor zu erzielen und den Vorsprung auszubauen.
Dadurch war es den Westfalen möglich, in der Startphase der zweiten Hälfte erneut ins Spiel zu finden und nach der Einwechslung von Stoppelkamp mit bissigen Zweikämpfen nochmals auf den Anschlusstreffer zu drücken, der ihnen durch Saglik auch fast gelungen wäre. Insgesamt hätte das Spiel mit mehr Toren beendet werden können, denn die Leipziger hatten einige gute Szenen, während Paderborn zwei hochkarätige Kopfballchancen für sich verbuchen konnte.
Wie erwartet fiel den Gästen ihre eher zurückhaltende Spielweise zunehmend auf die Füße: Paderborn als eines der fairsten (Karten wie Fouls) bzw. zweikampfschwächsten Teams konnte dem Leipziger Pressing und den technisch straken Angreifern (Forsberg, Bruno) zu wenig entgegensetzen, dies zeigte sich gerade auch am Verhalten eines bis in die zweite Halbzeit hinein sehr entspannten Yussi Poulsen. Am Ende sollte Leipzig zwar die schwächste Zweikampfbilanz der bisherigen Saison aufweisen, dies lag im Endeffekt jedoch eher an dem drückenden Offensivspiel, dass zu mehr Zweikämpfen im Offensivbereich führt, die mit höherer Wahrscheinlichkeit verloren gehen.
Zwar konterte Gellhaus anfangs solide das Leipziger Pressing, indem er seine Spieler diagonale Seitenwechsel, lange Bälle aus der Abwehr und Vorstöße über die Außen spielen ließ – dazu spielten Abspiel- und Stockfehler dem SCP in die „Füße“ – allerdings kam wenig zählbares heraus und mit dem 1:0 durch Sabitzer verlor Paderborn komplett den Faden. Erst nach dem Pausentee traten die Gäste wieder offensiv in Aktion.
RBL kontrollierte das Spiel über weite Strecken (zum fünften Mal über 50% Ballbesitz) und zeigte sich auch sehr passsicher, nur Teigl, Orban und Poulsen fielen hier deutlich ab.
Die Spieler in der Einzelkritik:
Abkürzungen: PQ: Passquote / ZwQ: Zweikampfquote / BK: Ballkontakte / LS: Laufstrecke / Sp: Sprints
Fabio Coltorti (PQ: 58,3% / ZwQ: – / BK: 28 / LS: 5,2 km / Sp: – )
Hatte wenig zu tun und musste nur einen Ball halten, konnte dadurch zum dritten Mal zu Null spielen, auch wenn Paderborn zu Chancen kam. Er fing einige Flankenbälle gut ab, war aber in der Spieleinleitung und bei Abschlägen ausbaufähig. Sitzt nach dem Saisonstart vorerst fest im Sattel.
Willi Orban (PQ: 61,9% / ZwQ: 55% / BK: 67 / LS: 10 km / Sp: 7 )
Hatte auf der Teigl-Abwehrseite (rechts) naturgemäß etwas mehr zu tun als Klostermann im Verbund mit dem starken Halstenberg, konnte die Durchbrüche der Paderborner hier nicht immer verhindern und reihte sich in Pass- und Zweikampfquote klar hinter Klostermann ein. Dafür offensiv bei den Standards stets präsent, wenn auch bei seinen fünf Torschussbeteiligungen ohne Fortune. Gerade in der ersten Halbzeit noch zu ungenau und mit vielen langen Bällen, später dann ruhiger und souveräner im Spielaufbau.
Lukas Klostermann (PQ: 73,1% / ZwQ: 62,5% / BK: 42 / LS: 9,9 km / Sp: 14 )
Allrounder Klostermann agierte nach seiner langen Länderspielreise (ohne große Einsatzzeiten) in der Innenverteidigung und machte dort eine gute Figur. Solide Zweikampf- und Passquoten aber relativ geringe Spielbeteiligung, hier lief mehr über Halstenberg und Orban. Bis auf ein paar kleinere Wackler fast fehlerfrei. Muss seine Rolle im Team noch finden, könnte dies bis zur Rückkehr von Nukan vielleicht über gute Leistungen in der Innenverteidigung schaffen oder auf die Rechtsverteidigerposition rücken.
Georg Teigl (PQ: 60,6% / ZwQ: 47,6% / BK: 69 / LS: 11,2 km / Sp: 24 )<
Kämpft weiterhin mit seiner Form, gegen Paderborn der schwächste Verteidiger aber trotzdem engagiert, mit 21 Zweikämpfen sehr aktiv, wenn auch nicht immer erfolgreich. Hatte im Gegensatz zu Halstenberg größere Probleme im Angriffsdrittel zu aussichtsreichen Pässen zu kommen. Nach dem soliden Spiel gegen Union könnte man trotzdem zu der Überzeugung kommen, dass es wieder aufwärts geht. Bleibt weiter einer der antrittsstärksten Spieler im Kader, der auch defensiv weite Wege ging.
Marcel Halstenberg (PQ: 80% / ZwQ: 88,9% / BK: 76 / LS: 11,8 km / Sp: 20 )
Sehr starkes Debüt des neuen Linksverteidigers! Gerade auch in Anbetracht der Verletzungs- und Länderspielpause. Harmonierte gut mit Sabitzer und Poulsen, die er gerne anspielte. Bester Zweikämpfer des Teams, kam dazu ohne Foul aus und hatte nach Kaiser auch die höchste Passquote aller Startspieler. Leitete zudem mit seinem Eckball das 1:0 ein, besser kann so ein Debüt wohl kaum laufen, dürfte in dieser Form Jung starke Kopfschmerzen bereiten und vorerst gesetzt sein. Wenn er so weitermacht, werden wohl alle Zweifel am sehr späten Zeitpunkt seiner Verpflichtung schnellstens verstummen - Bombe!
Diego Demme (PQ: 74,3% / ZwQ: 51,3% / BK: 87 / LS: 12,4 km / Sp: 21
DIE Schaltzentrale im Leipziger Spiel, war Ballverteiler Nr. 1, unglaublich aggressiv im Spiel gegen den Ball und mit 39 Zweikämpfen der mit weitem Abstand zweikampffreudigste Spieler. Setzte besonders die Außenverteidiger sowie Forsberg und Sabitzer gut ins Spiel und war zudem auch der lauffreudigste Spieler sowie der Kicker mit den meisten Torschuss-Assists (6). Nach seinem guten Spiel gegen Union konnte er sich gegen seinen Ex-Verein nochmals steigern. Im Zentrum trotzdem mit starker Konkurrenz, da aber weder Ilsanker noch Kaiser bisher vollends überzeugt haben, aktuell wohl die Top-Wahl mittig.
Dominik Kaiser (PQ: 81,6% / ZwQ: 36,4% / BK: 61 / LS: 11,7 km / Sp: 12 )
Spielte diesmal mit starker Rechtsauslage und sicherte für Orban und Teigl ab. War zwar der passsicherste Spieler auf dem Feld, aber nicht so aktiv wie Demme und mit weniger Pässen im/ins Angriffsdrittel. Dazu mit relativ schlechter Zweikampfquote. Während Halstenberg (Ecke) und Forsberg (Freistoß) in Kaisers Kernkompetenzen glänzten, bleibt die Frage, ob der steigende Konkurrenzdruck den (ehemaligen?)Schlüsselspieler nicht sogar auf die Bank befördern könnte - gerade in Bezug auf die defensive Kompetenz in der Absicherung einer Viereroffensive dürften Ilsanker, Demme und Khedira die Nase vorn haben, weshalb Kaiser im Ausgleich mehr Zug nach vorn entwickeln muss.
Massimo Bruno (PQ: 77,1% / ZwQ: 21,9% / BK: 56 / LS: 9,9 km / Sp: 20 )
Versuchte viel, wobei nicht alles gelang, hatte zwar seine Momente, verlor jedoch gerade um den Strafraum herum zu viele Zweikämpfe, was sich dann auch in der schlechtesten Bilanz aller RBL-Kicker niederschlagen sollte. Harmonierte besonders gut mit Sabitzer, den er auch immer wieder suchte, hier sah man die größeren Automatismen der beiden Ex-Salzburger, war wie der Österreicher an sieben Torschüssen beteilig und zudem der passsicherste Offensivspieler. Bruno befindet sich auf einem guten Weg, die Härte für die 2. Bundesliga geht ihm jedoch teilweise immer noch ab. Geniale Momente (Seitenwechselpass 66. Min auf Forsberg!) wechseln sich ab mit dem Versuch mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.
Emil Forsberg (PQ: 71,4% / ZwQ: 34,5% / BK: 45 / LS: 10,9 km / Sp: 25 )
Sehenswertes Freistoßtor, das die Weichen auf Sieg stellte. Auch darüber hinaus mit einem sehr guten Spiel, entwickelte mit zehn Torschussbeteiligungen den größten Zug zum Tor und hatte erneut Chancen, auch aus dem Spiel heraus zu treffen. Besonders herausgehoben werden muss, dass er nach sehr strapaziösen und nicht gerade erfolgreichen 180 Minuten Länderspieleinsatz nochmal volle Pulle gehen konnte, einen sehr großen Aktionsradius hatte und im Verbund mit Halstenberg die Linke Seite dicht hielt. Während er in den Zweikämpfen im Mittelfeld öfter glücklos blieb, war er besonders im und um den Strafraum unser Gäste herum, kaum in den Griff zu bekommen. Zurecht derzeit in der Offensive ohne Wenn und Aber gesetzt.
Marcel Sabitzer (PQ: 75,6% / ZwQ: 39,1% / BK: 64 / LS: 12,2 km / Sp: 27 )
Weiter ansteigende Form nach der Qualifikation für die Europameisterschaft mit seinen Österreichern, erneut einer der laufstärksten (2. nach Demme) und sprintfreudigsten (2. nach Poulsen) auf dem Feld. Schoss sein überfälliges zweites Saisontor und war über die Außen sehr agil und passsicher. Dazu, gerade wenn er in die Mitte zog, mit einigen guten Zweikämpfen. Defensiv und in Sachen Abgezocktheit noch mit Luft nach oben, aber das trifft derzeit (noch?) auf die gesamte Offensive zu.
Yussuf Poulsen (PQ: 63% / ZwQ: 40,8% / BK: 39 / LS: 7,7 km / Sp: 32 )
Spielte mal wieder in der Sturmspitze und ersetzte den wohl noch zu "platten" Selke. War gerade in der ersten Halbzeit sehr präsent und lamentierte wenig. Konnte zudem endlich wieder mehr Zug zum Tor entwickeln und ging extrem viele weite Wege (32 Sprints), mit seiner ersten Vorlage und fünf Torschussbeteiligungen endlich wieder auf dem aufsteigenden Ast, wenngleich er noch nicht in Topform ist. Ließ auch bedingt durch die Länderspieleinsätze in Halbzeit zwei konditionell nach und wurde zurecht durch Quaschner ersetzt, der sich im Zusammenspiel sicherer zeigte
Nils Quaschner (PQ: 76,5% / ZwQ: 38,5% / BK: 25 / LS: 3,7 km / Sp: 17 )
Kam für Poulsen und agierte nicht so breit wie der Däne, sondern stützte sich lieber auf seine Salzburger Kollegen, zu denen er dann auch 8 seiner 13 angekommen Pässe spielte. Durfte erstmals über einen längeren Zeitraum zeigen, was er drauf hat und war nach Bruno der passsicherste Offensivakteur. Hatte zudem – ausgeruht – ein hohes Laufpensum, war jedoch in der Defensive nicht so aktiv wie Poulsen, wenngleich am Ende dort auch nur noch selten gefordert. Mit drei Torschussbeteiligungen relativ solide und pro Minute besser als Startspieler Poulsen.
Rani Khedira (PQ: 100% / ZwQ: 50% / BK: 6 / LS: 1,8 km / Sp: 6 )
Kam 11 Minuten vor Spielende und hatte kaum etwas zu tun bzw. war kaum ins Spiel eingebunden, nur sechs Ballkontakte waren weniger als der später eingewechselte Jung, dafür brachte Khedira wie Jung alle Pässe an den Mann.
Anthony Jung (PQ: 100% / ZwQ: 60% / BK: 10 / LS: 0,9 km / Sp: 5 )
Wurde die letzten Minuten für Forsberg eingewechselt, der völlig zu Recht mit standing ovations verabschiedet wurde. Fügte sich offensiv gut ein und brachte alle acht Pässe an den Mitspieler. Dazu auch eine starke Zweikampfquote in der etwas hitzigeren Endphase. Wird sich trotzdem nun erstmal hinter Halstenberg einsortieren müssen und könnte auf links auch offensiv zur Absicherung eines Ergebnisses zum Einsatz kommen.
Fazit: Die Qualität von Paderborn war überschaubar, sicher nicht die Schießbude der Liga wie z.B. gegen Sandhausen, als alles schief lief, aber auch keine Wundermannschaft, die nach Fehlstart wieder ganz oben angreifen dürfte. Paderborn begann taktisch solide, sollte aber erst in der zweiten Halbzeit merken, dass es eine gewisse Grundbissigkeit braucht, um RBL ernsthaft zu gefährden, da war es jedoch schon zu spät. Zwei Standardtore lassen an alte Zeiten denken, als Kaiser in Liga 3 und auch teilweise in der letzten Rückrunde zum Standardschreck avancierte, diesmal standen jedoch andere im Fokus. Bleibt DAS größte Manko: die Chancenverwertung, während RBL bisher oft Probleme hatte aussichtsreiche Chancen zu kreieren und diese auch zu verwerten, blieb es gegen den SC Paderborn nur bei der letzteren Problematik, ein Schritt nach vorne ja, aber der zweite muss folgen, denn bei den zurzeit gut aufgelegten (bes. defensiv) Heidenheimern wird es sicher ein deutlich heißeres Tänzchen.
Quellen: Spielbericht / Bundesliga.de / Sportdaten Bild / deltatre / Sport1
Rumpelstilzchen
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