MEIN TAG IM SEKTOR D – EIN ERLEBNISBERICHT

Leipzig - (08.10.2015) Seitdem mein Verein in der Schüssel spielt bin ich begeisterter „B-Block-Gänger“. Oder besser gesagt „B-Block-Steher“. Nur das denkwürdige Borel-Patzer-Spiel gegen Wolfsburgs Reserve (Erdhügel) und den müden Kick gegen den BAK (Haupttribüne) habe ich außerhalb des Fanblocks miterlebt.


Also dachte ich mir: Warum nicht mal schauen, wie es in Sektor D so
abläuft? Der Kartenkauf war schon merkwürdig, schließlich habe ich sonst
meine Dauerkarte und muss mich nicht mit einer „Sitzplatzbindung“
auseinandersetzen. Letztlich entschied ich mich für Block 59, Reihe 3,
Platz 3 – ganz nah dran am Geschehen auf dem Rasen.
Am Sonntag
lief anfangs alles wie gewohnt – Auto geparkt, über die Festwiese
gelaufen, an der Treppe auf die Fanclub-Mitglieder gewartet. Nach kurzem
Plausch mit eben jenen machte ich mich auf – einmal Fußmarsch um das
Stadion herum. Es war gerade einmal 11:50 Uhr. So früh schon vor Ort?
Logisch! Schließlich startete ja um 12 Uhr der Einlass! Dabei konnte ich
mir doch dieses Mal eigentlich Zeit lassen – Platz reservieren fiel ja
aus.
Es hieß dann Treppen wieder runter, an der Hauptkasse und
den ersten Nürnberg-Fans vorbei und Treppen wieder rauf. Die Security
vor Sektor D war mehr als entspannt. Noch nichts los hier – keine
Menschenseele weit und breit! Ganz alleine zeigte ich meine Karte vor
und ließ mich abtasten. "Was ist das für ein Schal?", fragte ein
Security-Mitarbeiter. "Vom Fanclub...", sagte ich. "...von RB" musste
ich noch hinzufügen! Sonst hätte er mich wohl für einen Glubberer
gehalten und wieder weggeschickt. Auch die Jungs, die immer die
Stadionhefte verteilen, waren noch im Ruhemodus. "Selbst ist der RB-Fan",
dachte ich und schnappte mir gleich 2 Exemplare – die Kisten waren ja
noch prall gefüllt!
Im großen Rund angekommen habe ich erst mal
den Gästeblock beäugt und unseren Caterer getestet. Ein paar Nürnberger
standen schon bereit, das Bier jedoch noch nicht. Dauert scheinbar alles
ein wenig länger hier?! Egal. Auf ging es zum ungewohnten Sitzplatz. So
ganz alleine hat schon was: Sonnenbrille auf, Dauersonne tanken, der
Musik lauschen und auf die Mannschaft warten. Gegen 13 Uhr füllte sich
dann der Sektor: Familien mit samt der Oma, Pärchen mit RB-Schal und
fast alle im Trikot. Gar nicht mal so anders hier, dachte ich. Bis auf
die Omas, die gibt es im B wirklich nicht!
Und dann kamen sogar
noch die organisierten Fans aus Leipzig Wahren oder Lausigk. Samt
Bannern und "Wir sind Schweine" Doppelhalter. Sehr stimmungsvoll,
kreativ und untereinander vertraut. Auch beim Vorstellen der Mannschaft
passte alles: Jeder Name wurde lautstark mit gerufen!
Was auffiel:
Durch die Nähe zum mittlerweile gut gefüllten Gästeblock wurden schnell
„Nettigkeiten“ ausgetauscht – verbal oder mit „Effenberg`schem
Gedenkfinger“.
Beim Spiel selbst fehlte natürlich der Dauer-Support,
verständlich ohne lautstarken Capo auf dem Podest. Bei den bekannten
Liedern wurde aber kräftig mitgesungen und geklatscht – das hatte ich in
der Intensität ehrlich gesagt nicht wirklich erwartet.
Zum
Spiel selbst gibt es nicht viel zu sagen – alle Tore fielen auf der
Seite des Heimblocks. Logisch, dachte ich mir. Ausgerechnet heute, wenn
ich mal nicht im B bin! Lediglich Halstes Seitfallzieher Tor des Monats
und Yussufs vergebene Chancen bekam ich aus nächster Nähe zu sehen. Und
natürlich die Eckbälle – gefühlte 20 Stück. Die sahen auch aus Sektor D
aus wie immer: Ungefährlich.
Zur Halbzeit startete ich eine
kleine Umfrage. "Früher haben wir auch im B gesessen, aber mit unseren
Kleinen (zeigt nach unten auf die Kids im Mini-RB-Trikot) wollten wir
dort nicht mehr hin", erklärte mir ein Familienvater. "Aktiver Support
in Form von Capos würde uns hier in D auch sehr gefallen", meinte ein
Jugendlicher. Vielleicht irgendwann mal, dachte ich mir. Schließlich ist
unser Verein ja noch im "Vorschulalter".
Mit dem 2:3
Anschluss-Treffer des FCN wurde es auf einmal still, Unmut machte sich
breit. Die Anfeuerung wich der Schockstarre! Bitte nicht schon wieder
ein Unentschieden dachten sich wohl alle. Der Ton in der Kurve wurde
schließlich rauer: "Hinsetzen, wir sehen nichts!" oder gar "Sch***
Spielsystem!" waren immer wiederkehrende Sprüche. Die Mannschaft
rettete den Dreier bekanntlich knapp: Schlusspfiff, Heimsieg, Glück
gehabt, Durchatmen!
Der Block leerte sich danach nur langsam,
viele Kinder warteten auf die Spieler – hofften auf Autogramme. Als das
Team schließlich vorstellig wurde, applaudierte die Kurve. Nicht
ausgelassen, aber erleichtert. Deutlich leiser, als ich das in B gewohnt
bin.
Dennoch muss man als Fazit ziehen, dass sich ein Ausflug in den
Sektor D durchaus lohnt. Für Familien und Sonnenanbeter sehr gut
geeignet. Für den eingefleischten Dauersupporter natürlich eher weniger.
Dafür braucht unsere Fanszene einfach noch ein wenig Zeit. Aber das ist
okay – schließlich ist es bis zur Erstklassigkeit ein weiter Weg!
Gastbeitrag eines Fans der ersten Stunde
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20151008-special-sektor-d.html