KEINE "ATTACKE" MEHR!

Leipzig - (08.12.2015) Am vergangenen Donnerstagabend platzte eine Bombe. Die LVZ berichtete, dass der RB Leipzig-Trompeter seine Attacke nicht mehr anstimmen darf. Die Entscheidung ist das Resultat einer Debatte, die seit zwei Monaten gärte und zugleich die Daseinsberechtigung des Fanverbandes infrage stellt.


Angesprochen wurde das Thema erstmalig im Fanverbandstreffen am 2.Oktober 2015. Hier wurde bekanntgegeben, dass die Capos die "Trompeter-Attacke" nicht mehr unterstützen werden. Die Entscheidung wurde in der Teilnahme an Legida-Demos und der rechten Gesinnung begründet. Auch von Hetze war die Rede. Grundlage der Capo-Entscheidung sollen Facebook-Beiträge, wie dieser vom 15. September 2015 gewesen sein, wo der Betroffene durch sein Profilbild in Fankleidung und Trompete spielend nach außen eindeutig als RB Leipzig-Trompeter zu erkennen war:
"Ich bin entsetzt, wie groß die Verblendung von Jule Nagel und ihrer Kinderarmee ist. Denen fehlen jegliche Argumente, nur keifen. pfeifen, kreischen. Die jungen Damen in der NoLegida-Riege könnten doch lieber erste Hilfe in der Grubehalle leisten. 80% der Neuankömmlinge leiden unter sexuellem Notstand!!!"
Doch anstatt die Entscheidung dem Betroffenen im persönlichen Gespräch mitzuteilen, verbreitete sich die Nachricht schnell unter den Fans im Block. Eine öffentliche Aussprache folgte erst vier Wochen später in der nächsten Fanverbandssitzung, an deren Ende entschieden wurde, dass es beim kommenden Fanverbandstreffen eine Abstimmung über weitere Unterstützung der "Trompeter-Attacke" geben sollte. Zwischenzeitlich schaltete sich auch der Verein ein und bat "um eine klare Positionierung in dieser Thematik".
Zur Abstimmung kam es dann jedoch nicht, da der Verein den Trompeter einen Tag vor der anberaumten Fanverbandssitzung selbst zum Gespräch bat, mit seinen Facebook-Beiträgen konfrontierte und die Entscheidung eigenmächtig – wohl auch weil die Presse davon Wind bekam und diverse Anfragen auf dem Tisch lagen – traf. Die Folge ist, dass er zukünftig nicht mehr als "der Trompeter" wahrgenommen werden soll und das Blasen zur "Attacke" entfallen wird (Stichwort: Außenwirkung). Trotzdem gelangte die Meldung in der Folge in die Presse, wo sie durch die LVZ zur öffentlichen Debatte geriet, die zeigt, dass die RBL Fanszene sehr heterogen ist.
Am Ende des Prozesses gibt es eine Menge Verlierer: Die Fankurve verliert ein fast schon einzigartiges Supportmittel, ein Capo ist als Fanvertreter zurückgetreten und die Daseinsberechtigung des Fanverbands ist infrage gestellt. Letztlich wurde der Fanverband ins Leben gerufen, um grundsätzliche Fragen in der Kurve zu klären. Auslöser damals war eine mangelhafter Austausch der Fangruppen bezüglich des Themas 12:12-Schweigen beim Spiel gegen Carl-Zeiss Jena im Dezember 2012.
Nun gab es eine ähnlich komplexe Entscheidung zu treffen – im Übrigen die erste grundsätzliche seit drei Jahren – doch anstatt dieses Problem zeitnah intern mit dem Betroffenen zu klären, wurden Kommunikationsfehler gemacht und eine Entscheidung über zwei Monate verpasst, so dass der Verein eigenmächtig handelte bzw. die Reißleine zog. Letztlich ist die Entscheidung des Vereins absolut nachvollziehbar, weil ein Fan in dieser herausgehobenen Stellung auch eine Vorbildwirkung hat und diese nicht mehr gegeben war. Hetze wird in der aktuellen Zeit zu oft mit Meinungsfreiheit verwechselt und der Verein, welcher für Respekt, Toleranz und natürlich durch viele internationale Spieler auch für Weltoffenheit steht, setzt hier ein klares Zeichen. Dennoch wäre ein gemeinsamer Entschluss innerhalb des Fanverbands die deutlich bessere und auch weniger öffentlichkeitswirksame Variante für alle Beteiligten gewesen.
Insofern stellt sich hier auch die Frage, nach der Sinnhaftigkeit des Fanverbands, der bereits durch die Austritte von drei der größten Fangruppierungen (Bulls Club, L.E. Bulls und Bennewitzer) geschwächt ist und in den letzten Jahren zu oft mit internen Querelen zu kämpfen hatte. Auch hier wurde wieder eine Chance verpasst. Wobei immer deutlicher wird, dass die Heterogenität der Fanszene, die den Grundstein für die so oft gerühmte "Bunte Kurve" bildet, auch zu einer Belastung werden kann, wenn persönliche Befindlichkeiten über dem größten gemeinsamen Nenner – der Bekennung zu RBL – stehen.
RB-Fans.de
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