Mit Spannung erwartet, das erste Bundesligaspiel unserer Rasenballer stieg gestern unter tropischen Temperaturen in Sinsheim. Über 1200 Leipziger reisten mit in den Südwesten, um ihre Messestädter anzufeuern und waren über die gesamte Spielzeit quasi tonangebend in der Wirsol Rhein-Neckar-Arena. Die Fans der TSG nahmen sich und auch RBL mit einigen Plakaten auf die Schippe, mal über, mal unter der Gürtellinie aber im Großen und Ganzen deutlich niveauvoller als zuletzt die Fans des DDR-Polizeisportvereins aus der sächsischen Landeshauptstadt.

Zum Spiel: Hasenhüttl wartete mit einer Überraschung auf und ließ den zuletzt schwachen Forsberg für Neuzugang Werner draußen, der Rest blieb wie erwartet: Compper rückte in die IV, Demme und Ilsanker sollten das Zentrum stabilisieren und Schmitz vertrat den angeschlagenen Klostermann. Trotz Temperaturen nahe am Siedepunkt oder vielleicht gerade deswegen startete das Spiel gleich hitzig. Gulácsi musste mehrfach rettend eingreifen und zeigte, warum er derzeit die Nummer 1 im Leipziger Kasten ist. Nach gut 10 Minuten fingen sich die Rasenballer und kamen zu immer besseren Chancen. Kaiser (Schuss 12.) und Poulsen (Kopfball 30.) hatten am ehesten die Führung auf dem Fuß.

Mit einem 0:0 ging es in die Pause in der Nagelsmann den schwachen Vogt vom Platz nahm. In der 54. Minute gingen die Gastgeber dann in Führung, nach einer Ecke klärte Orban zu kurz und "fand" im Rückraum den vollkommen freistehenden Rupp (überhaupt wirkte die Rückraumdeckung bei Standards eher schwach), der zögerte nicht lange und versenkte den Ball unhaltbar rechts unten. Aber die Hoffenheimer Führung währte nicht lange, nur vier Minuten später wurde Demme auf der rechten Außenbahn freigespielt und flanke in die Mitte, wo Kaiser den Ball ins Tor spitzelte. Nach 58 Minuten war es also soweit: das erste Bundesligator für RBL und wer anders als Rückkehrer und Kapitän Kaiser hätte es erzielen können...

Die Partie kam in der Folge etwas zur Ruhe, die hohen Temperaturen und die Gangart beider Teams forderten ihren Tribut. In der 75. Minute hatte RBL dann erneut die große Chance zur Führung: Sabitzer kam nach einer Ecke frei zum Abschluss. Sein Schuss aus gut 5 Metern wurde jedoch von Baumann pariert. Während Leipzig nicht nur in der Chancenverwertung sondern auch im Ausspielen der Konter eher durchwachsen blieb, schlug Hoffenheim kurz vor Schluss gnadenlos zu. Nach einem Fehlpass von Schmitz am gegnerischen Strafraum kam der Ball zu Rudy, der Abwehr fehlte es im drei gegen drei an der nötigen Abstimmung, so dass Uth das Spielgerät bekam und Gulácsi kaum eine Abwehrchance ließ, auch wenn der Ungar noch dran war: 2:1 für die TSG.

RBL um den verdienten Lohn betrogen? Nein, wie so oft in Liga 2 kämpfte sich das das Team zurück. Erneut brachte ein Angriff über die rechte Seite den Ausgleich. Forsberg spielte Schmitz frei, dessen Flanke bis zu Sabitzer durchrutschte, der Österreicher ließ sich nicht erneut zweimal bitten und versenkte das Leder zum 2:2 Endstand.

Und sonst so? Nach nervenaufreibenden 95 Minuten feierten die RBL Fans ausgelassen mit Team und Hasenhüttl, der sich anders als viele seiner Vorgänger sogleich in die Kurve begab. Dazu sollten zwei Transfermeldungen für Furore sorgen. Eine, weil der linksfüßige Brasilianer Bernardo erneut als Transfer aus dem Alpenland zu Leipzig stieß, was in Salzburg bei Fans und Trainern für einigen Unmut sorgte und eine, weil mit Oliver Burke erneut ein typischer Rangnicktransfer gelang. Der 19-jährige schottische Neu-Nationalspieler kommt für gut 15 Millionen Euro aus der englischen zweiten Liga von Nottingham Forrest und wurde zuletzt neben einigen Engländern auch mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht. Ein Transfer so geräuschlos wie Poulsen und Co. Ein echtes Ausrufezeichen an die Konkurrenz, jetzt muss der Rechtsaußen nur noch die großen Vorschusslorbeeren rechtfertigen. Eine spannende Saison hat gerade erst begonnen...

Fazit: Glas halb voll oder Glas halb leer? Nach der überschaubaren zweiten Hälfte gegen Dresden, den Ausfällen der Stammspieler Keita und Klostermann sowie den Nebengeräuschen im Transfersektor war die Dominanz und der Zug zum Tor teilweise beeindruckend. Gerade wenn man bedenkt, dass Hoffenheim unter Nagelsmann zu den Topmannschaften der Liga gehörte, zumindest was die Punkteausbeute anbelangt. Wie im letzten Gastspiel von Hasenhüttls Ingolstädtern zeigten sich die Hoffenheimer effektiv und abgebrüht vor dem Tor (damals hatte der FCI trotz doppelt so vieler Chancen 2:1 verloren), auch die Konteranfälligkeit des Leipziger Systems wurde offen gelegt (alle Gelben Karten resultierten aus unterbundenen Kontern). Auf der anderen Seite darf die hohe Fehlpassquote und der geringere Ballbesitzanteil neben den spielstärkeren Bundesligisten auch auf die Handschrift Hasenhüttls zurückgeführt werden. Das versuchte schnelle Umschalten ermöglichte aber erst einige Konter – exemplarisch dafür das Tor zum 2:1. Ein Punktgewinn auf den man aufbauen kann und der zeigt, dass RBL bereits in der Liga angekommen ist. Die zweitmeisten Torschüsse nach den übermächtigen Bayern, die meisten Ecken und Baumann im Hoffenheimer Kasten mit den meisten Paraden des Spieltags. Mit dem BVB und Gladbach warten daheim nun noch größere Aufgaben, nach diesem Wochenende könnte man RBL gerüstet dafür wähnen.

Statistik zum Spiel:
TSG 1899 Hoffenheim: Baumann – Kaderábek, Süle, Schär, Ochs – Vogt (46. Schwegler) – Rudy (C), Rupp (65. Amiri) – Uth, Kramaric (79. Terrazzino) – Wagner
RB Leipzig: Gulácsi – Schmitz, Compper (63. Forsberg), Orban, Halstenberg – Ilsanker, Demme – Kaiser (C), Sabitzer – Werner (86. Bruno) – Poulsen (82. Selke)
Tore: 1:0 Rupp (54.), 1:1 Kaiser (58.), 2:1 Uth (84.), 2:2 Sabitzer (90.)
Schiedsrichter: Tobias Stieler (Hamburg)
Schüsse: 11 / 23
Ballbesitz: 55,3% / 44,7%
Zweikämpfe: 50,8% (91) / 49,2% (88)
Angekommene Pässe: 72,4% (301) / 61,3% (187)
Fehlpässe: 27,6% (115) / 38,7% (118)
Laufstrecke: 108,4 km / 113,3 km
Sprints: 205 / 209
Ecken: 2 / 9
Abseits: 1 / 1
Fouls: 12 / 11
Gelbe Karten: Vogt (1), Schär (1) / Orban (1), Compper (1), Demme (1), Ilsanker (1)
Zuschauer: 24.188 (ca. 1.200 Leipziger)

Rumpelstilzchen

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