FANVERBAND & BANNERGATE

Leipzig - (08.10.2016) Es rumort in der Fanszene. Gestern traten weite Teile der aktiven Fanszene aus dem Fanverband aus und vorgestern entschied der Verein, dass künftig keine Banner mehr Sektor A schmücken dürften. Ein Kommentar.


Eine Fanszene ist ein kompliziertes Gebilde, schon in lange gefestigten Szenen, die deutlich homogener aufgestellt sind, als die unserer Rasenballer, kann es zu Problemen und Unstimmigkeiten untereinander und mit dem Verein kommen. In einer Kurve, die immer noch in ihrer Findungsphase steckt und die obendrein zu den heterogensten und buntesten der Republik zu zählen ist, sind Differenzen vielleicht nicht vorprogrammiert, kommen jedoch allgemein und im Speziellen hier nicht unerwartet.
Der Fanverband und die Austritte aktiver Supportergruppen
Seit der Gründung des Fanverbands im Januar 2013 hat RB-Fans.de den Weg als Berichterstatter begleitet. Einfach war es nie, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen und sich über die grundsätzliche Ausrichtung und die Wertigkeit des Fanverbands einig zu werden. Bereits die Gründung erfolgte nicht zuletzt wegen den Unstimmigkeiten, die sich im Dezember 2012 Rund um das Thema: Beteiligung an der Aktion 12:12 ergeben hatten.
Schon zwei Jahre später traten mit den Bennewitzern und den L.E. Bulls zwei der größten Fangruppierungen aus, der Bulls Club ließ zudem seine Mitgliedschaft ruhen. Eine unbefriedigende Situation in deren Folge es zu einigen inneren Problemen und Besetzungsfragen kam. Im Herbst/Winter 2015 schaffte es der Fanverband nicht sich zum Attacke-Trompeter klar und zügig zu positionieren, so dass der Verein nachvollziehbarerweise die Entscheidung selbst übernahm. Zu den Problemen im Fanverband äußerte sich der damalige Fanverbandsvorsitzenden Grabow im Mai wie folgt: „Von den Zielen, die wir uns gesteckt haben, wurden die wenigsten erreicht. Die Zusammenarbeit hat sich nicht zum Positiven entwickelt.“ … „Bei manchen Fanclubs gibt es Eitelkeiten. Jeder möchte gern mitmachen, aber keiner möchte sich reinreden lassen.“.
Insgesamt eine ernüchternde Bilanz, die sich zuletzt auch beim Thema Vereinshymne zeigte. Lange lag das Thema beim Fanverband, als der nach Jahren endlich die Fanhymne präsentierte, war der Verein in die erste Bundesliga aufgestiegen und hatte selbst bereits für eine Vereinshymne gesorgt. Auch die endgültige Entscheidung über eine offizielle Internetpräsenz ließ über zwei Jahre auf sich warten, die Facebookseite des Fanverbands hat mit aktuell 559 Likes eine geringe Relevanz und auch bei Twitter hat man aktuell lediglich 217 Follower, so dass der Fanverband nach außen nur eine geringe Anzahl an RBL-Fans erreichen kann. Die geringe Beteiligung bei der Abstimmung der Fanhymne war insofern nur logisch. Themen wie Fanheim und Stehplätze werden zwar seit langem diskutiert, zielführende Lösungen sind jedoch auch hier nicht in Sicht.
Nun also der Austritt von mehreren aktiven Supportergruppen. Die Red Aces, Rasenballisten, Rabauken und LeCrats verlassen den Fanverband, auch die RBL-Fans Delitzsch (ein weiterer FC der ersten Stunde) sollen ausgetreten sein, damit sind fünf der neun Fanclubs und Vereinigungen, die bei der Gründung anwesend waren, ausgetreten, mit ihnen umhin weite Teile des aktiven Kerns der Kurve. Der Fanverband ist nun also auf 23 Mitglieder geschrumpft. Nachdem man sich bereits vor zwei Jahren schon fragen konnte, wie groß die Berechtigung und der Nutzen eines übergreifenden Fanverbands sein kann, wenn große Teile der Fanszene nicht gewillt sind, selbigem weiter anzugehören, stellt sich diese Frage nun erneut. Dazu muss ebenfalls gefragt werden, ob man aus den bisherigen Austritten nichts gelernt hat bzw. keine Konsequenzen gezogen hatte. Ein großes Thema war hier beispielsweise immer die Stimmrechtsverteilung.
Auf der anderen Seite steht auch die Frage, warum die vier Fanclubs nun den Verband verlassen. Eine echte Erklärung lässt sich in den Zeilen der Stellungnahme nicht wirklich finden. Klar ist indes, dass zuletzt – wie schon zuvor – vieles ohne die aktive Mitarbeit des Fanverbands auf die Beine gestellt wurde. Choreos und große Aktionen im Stadion werden seit jeher eher von den einzelnen Fanclubs getragen. So auch zuletzt die Initiative 60 Plus, deren dazugehörige Diskussion im Fanverband (eine Unterstützung der Aktion durch den Fanverband wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt) wohl auch die Entscheidung über den Austritt beeinflusst hat, so jedenfalls der Eindruck, den man von außen gewinnen könnte, kam es doch in der Folge zu einigen Unstimmigkeiten. Insgesamt müssen sich die Austretenden jedoch auch den Vorwurf gefallen lassen, selbst nicht aktiver in die Gestaltung der inneren Funktionsweisen des Fanverbands reformierend eingegriffen zu haben.
Update: Auch der Fanverband hat sich nun zu Wort gemeldet. Eine Meldung die insgesamt leider mehr Fragen aufwirft, als welche zu beantworten.
Vielleicht ist das größte Scheitern des Fanverbands daher nicht in der geringen Zahl von sichtbaren Aktionen und tragfähigen Entscheidungen zu sehen, sondern, dass er es in den letzten drei Jahren scheinbar nicht geschafft hat, die heterogene Leipziger Fanszene zusammenzuführen und letztlich eher als Hindernis in der internen Kommunikation wahrgenommen wird. Obwohl man sich die Verbesserung der Kommunikation untereinander als großes Ziel auf die Fahnen geschrieben hatte. Nun stehen die Verantwortlichen und die Fanclubs vor einem Scherbenhaufen, den zu kitten, wohl durchaus als Herkulesaufgabe angesehen werden kann. Ein griechischer Held ist indes nicht in Sicht…
Zur aktuellen Diskussion zum Thema Fanverband geht es hier.
Bannergate
Nicht nur innerhalb der Fanszene rumort es, auch zwischen Verein und den Fanclubs sorgte eine Meldung am Ende der Woche für einigen Gesprächsstoff. Teile der Banner auf der Haupttribüne (Sektor A Unterrang) und dem zweiten Fanblock (Sektor D links des Tores) sollen weichen und müssen laut Verein ab- bzw. umgehängt werden. Der Hintergrund: RB Leipzig soll Teile der derzeit mit Fotos der Spieler geschmückten Betonwände über eine PR Agentur vermarktet haben und will auf diese Art weitere Einnahmen generieren. Insofern verständlich, will und muss sich RBL doch weiter von Red Bull abnabeln und auf eigenen Füßen stehen. Dazu muss natürlich gesichert werden, dass Werbung, die zukünftig an diesem Ort präsentiert wird, auch sichtbar ist und nicht etwa von Bannern überdeckt wird. Auch steuerliche Gründe (Angabe der Gesamtfläche für Werbung) sollen hier eine Rolle spielen.
Was vor dem Hintergrund der gewünschten finanziellen Eigenständigkeit des Klubs nachvollziehbar ist, scheint in Sachen Kommunikationsstrategie zumindest ausbaufähig zu sein. Ohne Vorwarnung – beispielsweise über den Fanverband (was wiederum ein Hinweis auf dessen Wertigkeit ist) oder Rücksprache teilte der Verein diese Entscheidung den betroffenen Fanclubs telefonisch mit. Clubs die teilweise seit Jahren dort ihre Banner aufhängen und den Verein auswärts und daheim seit langem unterstützen. Eine offenere Auseinandersetzung mit diesem Thema wäre durchaus möglich gewesen, zumal der Wunsch nach Steigerungen von Einnahmen abseits der Dose ein nachvollziehbarer ist, denn diese Entscheidung wurde sicher nicht über Nacht getroffen. Auch ein offizielles Statement des Vereins steht noch aus.
Der Verein hat den gut einen Dutzend betroffenen Fanclubs einen Kompromissvorschlag unterbreitet, nämlich die Banner auf der Gegentribüne in Sektor C aufzuhängen (in D würden die Banner auf die rechte Seite des Tores wandern). Eine Lösung die fair scheint, in der Realität jedoch schwer umsetzbar ist, da die Banner ja nicht ohne Grund dort aufgehangen werden, wo die Fanclubs selbst sitzen und ein Auf- und Abhängen an anderen Orten mit einem deutlichen Mehraufwand einhergehen würde, der einige sicher dazu zwingen würde, auf das Aufhängen der Banner zu verzichten. Besonders deutlich wird diese Problematik bei Fanclubs wie den A-Block-Bullen, die ihr gleichnamiges Banner im C-Block als wenig sinnvoll erachten. Wie praktikabel diese Lösung ist, wird sich wohl noch zeigen müssen.
Wie schon bei den Diskussionen um die Ticketpreiserhöhung und um den allgemeinen technokratischen Anstrich, der mit Mintzlaffs Führungsstil einhergeht, scheint die RB-Revolution ihre Kinder zu fressen. Nicht zuletzt die, welche dem Verein schon lange die Treue halten – OFCs, die seit langem im Sektor-A sitzen, oder eben auch die Fans, die seinerzeit von B nach D gegangen sind (zu einer Zeit, als die Zuschauerzahlen noch vierstellig waren), um nun beim Bundesligaaufstieg zu denen zu zählen, bei denen die Preise prozentuell am stärksten stiegen – sind davon am stärksten betroffen. Die Entwicklung des Vereins, der nach Jahren der vollkommenen Alimentierung durch Red Bull nun in der Bundesliga finanziell abnabeln muss, bietet einige Reibungspunkte. Es ist am Verein diese Entscheidungen für alle nachvollziehbar zu kommunizieren, um Probleme wie das jetzige zu vermeiden.
RB Leipzig sollte hier aufpassen, die guten Beziehungen, die man schon lange mit den Fans pflegt, nicht durch eine verfehlte Kommunikationsstrategie in Mitleidenschaft zu ziehen. Das bisher gelebte gute Miteinander und die kurzen informellen Wege zwischen Klub und seinen Fans, waren stets ein Pfund, mit dem man argumentativ wuchern konnte, Aktionen wie das relativ unvermittelte Verbot von Bannern auf der Haupttribüne torpedieren diese Errungenschaften.
Rumpelstilzchen
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