SHITSTORM GEGEN TIMO WERNER NACH SCHWALBE – EIN KOMMENTAR

Leipzig - (05.12.2016) Nach einer inzwischen eingeräumten Schwalbe von Timo Werner im Heimspiel gegen die Schalker Knappen steht unser form- starker Goalgetter im Kreuzfeuer der deutschen Fan- und Medienlandschaft. Aber ist dies auch berechtigt? Ein Kommentar.


Fast ganz Fussballdeutschland ist schwer empört. Hängt doch die moralische Messlatte gerade in Sachen RB Leipzig extrem hoch und hätten sich doch viele Menschen allzu gerne das Ende der Siegesserie unserer Überraschungsbullen herbei gewünscht. Die Serie hielt, man ist wieder Tabellenerster vor den Bayern, besiegte den sich ebenfalls auf der Erfolgsspur befindlichen FC Schalke 04 mit 2:1 und beendete zum Leidwesen der Gelsenkirchener deren Serie. Für die rot-weiße Leipziger Weihnachts(fussball)welt alles glänzend und schillernd. Der Rest Fussballdeutschlands ist wegen dem Zustandekommen des ersten Tores durch Elfmeter eher frostig gestimmt und es werden Aufrufe für eine Sperre wegen Unsportlichkeit und sogar reihenweise Verletzungswünsche gegen Sturmbulle Werner laut.
War es die Aktion an sich oder das Verhalten danach, welches für derartigen Unmut sorgt? Fakt ist eines: Wenn ein zwanzigjähriger junger, torhungriger Spieler hochmotiviert in eine Partie geht, dann will er vor allem eines, seine Leistung bringen und im Idealfall sein Team durch Treffer zum Sieg führen. Wenn Timo also mit kräftigem Zug zum Tor ebenso kräftig durch Körperkontakt von seinem Gegenspieler aus dem Tritt gebracht wird, kann in Sekunden-
bruchteilen ein Gefühl von Unrecht aufkommen worauf von ihm affektiv mit dem Wunsch nach Gerechtigkeit reagiert wird. Erfolgt diese nicht, wird fast jeder Spieler dieses Fussballuniversums durch deutliche Körpersprache den Richterspruch des Unparteischen einfordern. Die Szene verlief in nur wenigen Sekunden und mit viel Geschwindigkeit, weshalb Timo Werner vor dem unschuldigen S04-Keeper Fährmann, theatralisch zu Boden ging. Dummerweise im Strafraum. Schiedsrichter Bastian Dankert pfiff prompt und gab daraufhin einen Strafstoß, seine Assistenten reklamierten nicht und es folgte das übliche Gestikulieren vom benachteiligten Team. Spätestens hier wäre es die Aufgabe von einem Erstliga-Schiri gewesen, den "Sünder" persönlich anzuhören und an dessen wahrheitsgetreue Wiedergabe der Situation zu appellieren. Timo hätte von sich aus zur aktiven Aufklärung beitragen können. Adrenalin, das frisch angepfiffene Spiel, eine andere Überzeugung wegen des vorangegangenen Naldo-Kontakts hielten ihn wohl davon ab, er nahm das Geschenk gerne an und schoss sein Team in Minute zwei zur Führung.
Die Schalker hatten also noch 88 Minuten Zeit ihre Wut in Tore umzumünzen, was aber aufgrund der starken Gesamtleistung der Leipziger nicht gelang. Endstand 2:1 - Sieg wegen Werners "Schwalbentor"? Nein, zur Halbzeit stand es 1:1 und die Knappen schenkten sich das zweite Tor nach Wiederanpfiff selbst ein. Die Leipziger Notabwehr mit Mittelfeldspieler Dominik Kaiser machte souverän ihren Job, so dass nach einem ausgeglichen Halbzeitstand das bessere Team in der 2. Halbzeit gewann.
Nach der Partie erklärte Timo im Interview, wo er erstmals die Spielszene auf dem Monitor sah, dass "es ihm Leid tut, dass sein Fallen nach einer Schwalbe aussah und dass dies nicht seine Intention gewesen sei." Genau das wird er auch gedacht haben, denn als Schwalbenkönig mit hoher Schwerkraft im gegnerischen Strafraum ist er nicht bekannt geworden, hat es zu über 100 BL-Einsätzen gebracht oder in das U21-Nationalteam geschafft. Einen Tag später bestieg er auch den medialen Beichtstuhl und ordnete seine Aktion als das ein was es aus Regelsicht war, wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz, wie es Strafrechtler nennen würden. „Natürlich sieht es dann nicht nur nach einer Schwalbe aus, sondern es ist eine – Punkt." zeigt sich Werner dann doch reumütig.
Fazit:
Solange es keinen Videobeweis gibt, der aktuell wieder verstärkt gefordert wird und es Schiedsrichter gibt, die nicht die Authorität und Kommunikations-
fähigkeit besitzen, um solche Szenen vor Ort aufzuklären, sind solche Tore weiterhin möglich.
Ob man von einem zwanzigjährigen unmittelbare Reue verlangen kann, sei dahingestellt – befindet man sich doch in diesem Alter naturgemäß noch in der Charakterformung. Diese Erfahrung wird Timo Werner aber als Spielerpersönlichkeit weiter reifen lassen und man kann sich sicher sein, dass auch von ihm im Verlauf seiner Karriere Fairplay-Gesten zu sehen sein werden. Timo zum Karma-Ausgleich die schlimmsten Verletzungen zu wünschen, benötigt zudem ebenfalls charakterliche Weiterentwicklung. Der Shitstorm ist total überzogen, eine nachträgliche Spielsperre wäre dies auch. Mit dem Bullen-Multiplikator ist natürlich alles viel größer und ungerechter, als bei jedem anderen deutschen Club, aber waren das die Schwalben von Robben, Vidal, Klinsmann, Hölzenbein, Möller und Co. nicht auch? Hoffen wir auch für Timo auf Vergebung. Da jeder mal Fehler in seinem Leben macht, stehen wir voll hinter Timo! Wir wünschen einen gesegneten Start in die dritte Adventswoche! Amen.
OzzyRBL
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