SCHALKES AUFGABENSTELLUNGEN GELÖST – DIE EINZELKRITIK
Leipzig - (06.12.2016) Einen Bullen in seinem Lauf halten weder Kumpel noch Malocher auf. Zum zweiten Advent präsentierte sich RBL abseits aller Tieffliegerei als würdiger Tabellenführer und löste die Aufgaben, die Weinzierl den Bullen stellen wollte. Die Einzelkritik.
The day after the greatest diver in football history – oder so… Zeit, sich ein wenig mit dem Spiel an sich zu beschäftigen. Es ist tatsächlich so, dass im Spitzenspiel der Bundesliga auch nach den ersten 20 Sekunden noch echter Fußball gespielt wurde, man glaubt es kaum, wenn es einen von den Titelbildern der Gazetten nur so entgegen-„wernert“.
Beide Mannschaften waren zwölf Pflichtspiele in Folge ungeschlagen, entsprechend hoch waren die Erwartungen. Wobei man einschränkend sagen muss, dass die Gegner beider Teams in den letzten sieben Spielen auch meist nicht gerade im Formhoch waren, sieht man mal von Dortmund (Schalke) und ggf. Leverkusen (Leipzig) ab. Nichtsdestotrotz beeindruckende Serien.
Zudem war es das Aufeinandertreffen der beiden aussichtsreichsten Kandidaten auf die Rangnicknachfolge im Sommer. Weinzierl, der sich am Ende für Schalke entschied und Hasenhüttl, mit dem an der Pleiße momentan alle so happy wie in der Gesellschaft von süßen Hundewelpen sind.
Erste Überraschung des Spiels: Die von Weinzierl defensiv stabilisierten Schalker gingen relativ blauäugig in die Anfangsphase und ließen sich sofort von den Rasenballern überrumpeln. Den „Elfer“ mitgerechnet ergaben sich so 2-3 Großchancen, die in guten Spielen zur Führung genügen würden, dass es letztlich doch besagter Sinkflug richten musste, zeugte davon, dass RBL in dieser Begegnung doch nicht so abgebrüht wie zuletzt war und Fährmann nach dem Elfer ordentlich „on fire“-war. Insofern beide Teams nicht mit ihrer besten Saisonleistung.
Sei es durch den Elfer oder durch die taktische
Marschrichtung, die Weinzierl den Knappen vorgab, war zudem noch folgendes
bemerkenswert: Schalke teilte ordentlich aus. Leidtragende Ilsanker und
Schmitz, letzterer verbrachte die Nacht im Krankenhaus. Dankert auch hier in
der Bewertung wenig stringent, hätte da und in anderen Fällen (taktische
Fouls) auch früher Gelb zeigen können. Insgesamt das Mittel, was der
Schalkecoach den Seinen mitgegeben hatte, um die quirligen Rasenballer früh zu
stören. Insgesamt taktisch überschaubar. Sonst sah man die berüchtigten Spielverlagerungen (Geis), um das Pressing der Leipziger zu brechen.
Erst nach der Auswechslung von Schmitz wurde Schalke langsam besser. Abstimmungsprobleme in der Abwehr und ein wenig souverän wirkender Gulácsi (Herauslaufen/Abschläge) beförderten die Druckphase der Gäste, die in letzter Konsequenz zum nicht unverdienten Ausgleich führte. Gulácsi klärte auf der Linie zweimal stark, musste sich dann aber Kolasinac geschlagen geben. Ein Gegentor das im Ansatz wohl vermeidbarer war als am Ende der Kette.
Die zweite Halbzeit sah dann erstaunlich ungefährliche Schalker, wobei man im Hinblick auf die bisherigen Auswärtsauftritte auch feststellen darf, dass die Knappen nur im DFB Pokal auf fremdem Platz mehrfach netzen konnten. Insofern erwartbarer als die Serie vermuten ließe. Aber auch RBL fehlte das Zielwasser, so dass Kolasinac erneut zum „Mann des Spiels“ avancierte (übrigens auch läuferisch in allen Belangen vorne) und die Pille per Eigentor durch Fährmanns Arme köpfte. Klammert man Elfmeter und Eigentor aus, so bleibt zwar nur ein Tor für Schalke, die xG-Wertung fällt aber auch ohne die beiden Leipziger Treffer zugunsten der Rasenballer aus, wodurch der Sieg insgesamt auch verdient war.
Die Einzelwertung
Peter Gulácsi
Auf der Linie bockstark, im Herauslaufen wie schon zuletzt
unsicher und zögerlich. Auch die Abschläge und Klärungsversuche wirkten gegen
Schalke ungewohnt unplatziert. Er hatte daher auch einen Anteil am Gegentor,
weil es ihm in den Minuten zuvor nicht gelang, entsprechend beherzt einzugreifen und für Ruhe zu sorgen.
Am schlussendlichen Treffer hatte er keinen Anteil, hätte selbigen gar durch seine
starke Parade fast noch verhindert.
Benno Schmitz
Liegt auf der Rechtsverteidigerposition ein Fluch? Hat
irgendein Schamane vor der Saison dort ein Hühnchen geopfert oder jemand einen
Spiegel zerbrochen? Man will es fast meinen. Sicher ist, dass Schmitz recht
früh den Platz verlassen musste, bis dahin war er komplett fehlerlos geblieben
und hatte seine Sache wie zuletzt sehr gut gemacht. Nun also eine Nacht mit
Schädelprellung im Krankenhaus. Es bleibt zu hoffen, dass er bald wieder
angreifen kann (heute schon wieder im Training), nicht nur weil die Personaldecke in der Abwehr langsam auf
Taschentuchniveau zusammengeschrumpft ist, sondern auch weil Schmitz nach
seinem umstrittenen Saisonstart als Vertreter von Klostermann/Bernardo/Ilsanker
eine gute Figur gemacht hatte und die Schalker Offensive erst nach seiner
Auswechslung ins Rollen kam.
Marcel Halstenberg
Der letzte noch fitte Außenverteidiger. Gegen Schalke hatte er seine Abwehrseite meist ganz gut im
Griff, gerade wenn man bedenkt, dass Schalke eine ganz ordentliche Offensive
aufbieten kann. Ein paar Abstimmungsprobleme mit Gulácsi gab es zwar, am
Gegentreffer jedoch schuldlos. Zudem nach Demme am häufigsten am Ball –
insgesamt eine runde Leistung eines Spielers, der vor der Saison auf gut 80
Zweitligaspiele zurückblickte. Ein echter Aufsteiger!
Willi Orban
Der letzte noch fitte Innenverteidiger, auch er steht kurz
vor einer Sperre. Gegen Schalke wieder mit einer schon fast erschreckend
abgeklärten Leistung und der besten Zweikampfquote (nach Schmitz, dazu ohne
Fouls) sowie der besten Passquote. Auch wenn er vor dem Tor das Kopfballduell
verliert, so muss man anerkennen, dass Orban derzeit zu den besten
Innenverteidigern der Liga zu zählen ist. Alles richtig gemacht Willi!
Stefan Ilsanker
Mr. Notnagel. Ilse sicher nicht ganz so stabil wie Orban (Pass-
bzw. Zweikampfquote, Fouls), aber im Verbund mit Kaiser und Sabitzer dennoch
meist sicher in der Abwehr der rechten Spielhälfte. Beim Gegentor ohne
Zuordnung, sonst kam in der Innenverteidigung seine Antrittsschwäche nicht so
zur „Geltung“ wie zuletzt auf der AV. Schaltete sich zudem etwas mehr ins
Offensivspiel ein als Orban, hatte dabei jedoch auch deutlich mehr Fehlpässe, die durchaus gefährliche Gegenzüge ermöglichten, was ja schon von früheren Spielen bekannt ist.
Diego Demme
Wenn Leipzigs Entwicklung überrascht, so fallen einem bei
Diego fast schon die Augen aus. Dass er alles mitbringt, um ein Großer zu
werden, hat man schon in der Drittligarückrunde gesehen (Toreinleitungen). Dass er auch dieses
Jahr wieder seinen Platz verteidigen wird, erstaunt dennoch. Seine herausragenden
Wadenbeißerfähigkeiten kombiniert er immer häufiger mit spielerischen
Glanzlichtern. Gegen Schalke auch wieder mit sehenswerten Ballgewinnen und
guter Abstimmung mit Keita. Demme ist und bleibt ein Phänomen: Während sein
Ex-Klub in Liga 3 ums blanke Überleben kämpft, rockt er die Bundesliga. Ein
Wechsel der sich mittelfristig für alle Parteien mehr als gelohnt hat und wohl
mit einer baldigen Vertragsverlängerung versilbert werden dürfte – absolut zu
Recht!
Naby Keita
Den jetzt schon legendären Strafstoß Werners eingeleitet,
Leipziger mit den meisten erfolgreichen Tacklings, das 3:1 auf dem Fuß und
einer weitere Leipziger Großchance ermöglicht (64.). Keita gehört momentan zu
den absoluten Leistungsträgern und kommt immer besser in Tritt, ein
Mann an dem wir und die Liga noch sehr viel Freude haben werden, nur seine
Gegenspieler, die können einem jetzt schon leidtun… Neben Forsberg Mann des
Spiels, wenn man die tragischen „Helden“ Kolasinac und Werner ausklammert.
Marcel Sabitzer
Weniger auffällig als zuletzt, wohl auch deswegen, weil
Kaiser größerer Absicherungen bedurfte als seine Vorgänger auf der
Außenverteidigerposition. Nur Schöpf und Kolasinac zogen mehr Läufe und nach
Werner und Poulsen legte er die meisten Sprints hin. Dazu mit der besten
Zweikampfquote aller Offensivspieler (eine deutliche Steigerung im Vergleich mit dem Saisonstart), stellte sich gegen Schalke defensiv in
den Dienst der Mannschaft und sicherte so das letzte Aufgebot der Viererkette
zusätzlich ab.
Emil Forsberg
Neben Keita der Mann der Stunde im Rasenballerdress. Auch
hier hilft ein Blick zurück, um sich die Entwicklung besser vor Augen zu
halten. Die meisten werden sich noch an seine extrem glücklose Rückrunde unter
Beierlorzer erinnern, auch in der letzten Saison zeigte die Formkurve am Ende
etwas nach unten. Aber noch ist Hinrunde und Forsberg wie eine Bombe in der
Bundesliga eingeschlagen. Wieder mit Pässen von denen andere nachts nur träumen
können, wenn sie zuvor mal FIFA gezockt haben. Dank Ecken (bitte weiter ihn
ranlassen!) mit den meisten kreierten Chancen und dazu mit der Vorlage zu
Kolasinacs Eigentor. Auch in Sachen Bissigkeit legt er weiterhin zu und
insgesamt brutal passsicher!
Timo Werner
Zu Timo ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Die
Schwalbe wird ihn wohl noch einige Spieltage verfolgen und trübt seine erneut
gute Leistung ein. Dennoch darf abseits des Boheis festgehalten werden, dass Werner
sich immer mehr steigert und auch deshalb für Bankdrücker Selke schwer
einzufangen ist. Ein unglaublicher Antritt, solide Balance zwischen Offensive
und Defensive und das nötige Abschlussglück. Dass man Werner, und sei es um ihn
medial aus der Schusslinie zu nehmen – demnächst draußen lassen wird – eher unwahrscheinlich.
Yussuf Poulsen
Der Mann, dem man am ehesten mal einen Torerfolg wünscht.
Auch gegen Schalke wieder aufgerieben und Meter gefressen, führte zudem die
meisten Zweikämpfe und gewann immerhin 15 (nur Keita mehr), dazu mit guter
Passquote und der dicken Chance zum 2:0 in der vierten Minute, die Fährmann
exzellent vereitelt. Immer wenn Selke oder Burke für ihn spielen, sieht man die
Unterschiede am deutlichsten. Poulsen ist die vorgeschobene erste Verteidigungslinie
der Bullen, eine Ein-Mann-Dampframme!
Dominik Kaiser
Bei Minus drei Grad ohne große Aufwärmphase mal schnell auf
eine komplett ungewohnte Position geworfen und dort mit dem laufstärksten
Schalker konfrontiert zu werden? Kann man mal machen, wenn man Dome Kaiser
heißt… Die Lunge soll ganz schön gepfiffen haben, auf dem Feld machte er seine
Sache solide. Ging in einige Zweikämpfe, auch wenn die Aussichten, selbige zu
gewinnen, nicht sonderlich gut standen. Insgesamt wird aus ihm wohl so schnell
kein veritabler Außenverteidiger, aber sonderlich wählerisch darf man aktuell
nicht sein und gegen ein Schalke, dass zuletzt durchaus zu den besseren Teams
der Liga zählte, darf diese Leistung auf ungewohnter Position durchaus lobend
gewürdigt werden.
Oliver Burke
Ersetzte Werner in der Sturmspitze und zog nochmal einige
Sprints, seine Hereingabe auf Forsberg, der Fährmann mit der Hacke tunnelte
wurde leider nicht mit einer Vorlage belohnt, denn Naldo klärte den trudelnden
Ball vor der Linie. Bleibt weiter der Leipziger Edeljoker, aber immer noch
besser als wie Selke der Leipziger Edelbanksitzer zu sein…
Rani Khedira
Durfte wie zuletzt die letzten paar Minuten absichern,
unauffällig, da nicht mehr gefordert. Für ihn dürfte im Winter eine
Luftveränderung anstehen, wenn RBL dies kadertechnisch kompensieren kann.
Fazit
Hinten bis auf die zweite Hälfte der ersten Halbzeit sehr
gut gestanden und dies mit einer Notabwehr, vorne mit guten Chancen aber etwas
fehlendem Abschlussglück, dafür halfen Niedrigflieger Werner und ein Eigentor.
Ein dreckiger und dennoch verdienter Sieg, wäre RBL eine Mannschaft von
unterhalb des Weißwurstäquators, dann würde man jetzt Sprüche bemühen wie: „So
wird man Meister“. Wir lassen das lieber und blicken mit Hasenhüttl nur aufs
nächste Spiel und dort wartet mit neuem Trainer (unser alter Bekannter
Walpurgis, ein „ekliges“ Spiel ist garantiert) ein mit dem Rücken zur Wand
stehendes Ingolstadt. Hasenhüttls alte Wirkungsstätte, gut 1.600 Fans werden
mitkommen (Tageskarten für den Gästeblock noch verfügbar), wenn Leipzig den nächsten Angriff auf die Tabellenspitze abwehren
will. Im Hinblick auf die anstehenden Spiele gegen Hertha und die Bayern dürfte die größte Gefahr davon ausgehen, dass sich die Abwehr (durch Verletzungen oder Sperren) weiter ausdünnt.
Quellen: Squawka, Whoscored, Sportdaten.Bild, Bundesliga.de, Bundesliga Liveticker
Rumpelstilzchen
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20161206-spielbericht-schalke-einzelkritik.html
- 2016/17
- Einzelkritik
- Emil Forsberg
- FC Schalke 04
- Heimspiel
- Hinrunde
- Naby Keita
- Timo Werner