VON TRANSFERKOSTEN UND RÜCKRUNDENBILANZEN

Leipzig - (18.01.2017) Nach einer tollen Hinrunde in der ersten Bundesligasaison landete RBL mit einem starken Punkteschnitt von 2,25 auf dem zweiten Platz. Lag es, wie gern behauptet, nur am ausgegebenen Geld? Wir haben eine Übersicht über die Transferkosten der aufgestellten Spieler diverser Clubs zusammengestellt. Zudem gehen wir der Frage nach, ob Teams unter Rangnick in der Rückrunde abstürzen – viel zitiert: Hoffenheim 2008/09.


Die Ablösetabelle
Für die einen – jedenfalls für uns – ist die aktuelle Tabellenplatzierung von RBL die Saisonüberraschung schlechthin. Andere zeigen sich traditionell wenig begeistert über die Leipziger Errungenschaften und verweisen lieber auf das liebe Geld. Die seit Jahren altbekannte Leier lautet schließlich, mit so viel Kohle sei es keine Kunst, in der *bitte-passende-Liga-einsetzen* so weit oben zu stehen. Gladbachs Sportdirektor Max Eberl meinte selbst im Angesicht der Leipziger Tabellenführung im November, "man sollte aufhören, von einer Überraschungsmannschaft zu reden." Die von ihm erwähnten 100 Millionen Euro Investition in der Kader der letzten Jahre sind korrekt. Aber auch die Leipziger Vereinsführung hat nicht ganz unrecht, wenn sie darauf hinweist, dass meist neun der Spieler, die auf dem Platz standen, bereits in Liga 2 hier aufliefen. In der Tat waren von den elf diese Saison am meisten eingesetzten Spielern neun Mann schon vor dem Aufstieg hier.
Wie nähern wir uns diesem Zwiespalt am Besten? Eine ganz sachliche – und überprüfbare – Variante zur Bewertung ist, einfach zu schauen, wie teuer die Spieler waren, die für die Punkte und damit die Tabellenplatzierung zuständig waren. Das ganze wird dann noch nach Einsatzminuten gewichtet. Und voilá: Wir wissen, wieviel die 11 Spieler jeder Mannschaft auf dem Feld im Durchschnitt gekostet haben. Die Daten zu Spielminuten und Ablösen sind von transfermarkt.de. Am Beispiel von RB Leipzig sieht die Kalkulation folgendermaßen aus:
Ablöse in Mio | Spielminuten | Minuten in % | Ablöseanteil in Mio | |
Gulácsi | 3 | 1440 | 9,13 | 0,274 |
Orban | 2 | 1440 | 9,13 | 0,183 |
Halstenberg | 3,5 | 1417 | 8,98 | 0,314 |
Demme | 0,35 | 1349 | 8,55 | 0,030 |
Ilsanker | 3 | 1267 | 8,03 | 0,241 |
Poulsen | 1,3 | 1204 | 7,63 | 0,099 |
Werner | 10 | 1182 | 7,49 | 0,749 |
Sabitzer | 2 | 1126 | 7,14 | 0,143 |
Forsberg | 3,7 | 1084 | 6,87 | 0,254 |
Keita | 15 | 954 | 6,05 | 0,907 |
Compper | 0,55 | 877 | 5,56 | 0,031 |
Bernardo | 6 | 744 | 4,72 | 0,283 |
Kaiser | 0,1 | 716 | 4,54 | 0,005 |
Schmitz | 0,8 | 421 | 2,67 | 0,021 |
Burke | 15 | 255 | 1,62 | 0,242 |
Selke | 8 | 178 | 1,13 | 0,090 |
Klostermann | 1 | 90 | 0,57 | 0,006 |
Papadopoulos | 1,5 | 26 | 0,16 | 0,002 |
Bruno | 5 | 4 | 0,03 | 0,001 |
Khedira | 0,5 | 3 | 0,02 | 0,000 |
gesamt | 82,3 | 15777 | 100% | |
| Spielerdurchschnitt: | 3,88 Mio | ||
Teamdurchschnitt: | 42,63 Mio |
Ablöse in Mio: Ablöse in Millionen laut transfermarkt.de
Spielminuten: Ligaeinsatzminuten 2016/17
Minuten in %: prozentualer Anteil der Einsatzminuten des Spielers an der Gesamtsumme der Einsatzzeiten des Teams
Ablöseanteil in Mio: Anteil der Ablösesumme eines Spielers gemessen an seinen Einsatzzeiten
Unsere Mannschaft auf dem grünen Rasen hat also im Schnitt 42,6 Mio gekostet. Würde man der Einfachheit halber nur die elf am meisten eingesetzten Spieler nehmen, käme man auf 44,4 Mio. Die Gewichtung nach Spielminuten ändert also nicht allzuviel. Die ganze Rechnung für die obere Hälfte der Marktwerttabelle der Bundesliga ergibt folgendes Bild an durchschnittlichen Ablösekosten der Kampfmannschaften:
FC Bayern München – 196,3 Mio
Borussia Dortmund – 89,7 Mio
VfL Wolfsburg – 83,1 Mio
Bayer Leverkusen – 82,9 Mio
Mönchengladbach – 46,5 Mio
RB Leipzig – 42,6 Mio
Hamburger SV – 42,1 Mio
FC Schalke – 36,1 Mio
TSG Hoffenheim – 34,2 Mio
Wie die Äußerungen von Gladbachs Max Eberl in Bezug auf Tabellenplatzierung und Kaderinvestitionen einzuordnen sind, bleibt dem geneigten Leser überlassen.
Ralf Rangnicks Teams und die Rückrunde
Sei es eher Sorge, sei es eher Wunsch (als Vater des Gedanken): Aktuell wird in schöner Regelmäßigkeit auf die erste Hoffenheimer Saison im Oberhaus unter Rangnicks Ägide verwiesen. Die Geschichte in aller Kürze lautet "Hinrunde - Herbstmeister; Rückrunde - Absturz mit Platz 7 am Ende". Verbunden mit der Sorge bzw. dem Wunsch, es wird Leipzig ähnlich ergehen. Schließlich ist das Spiel laufintensiv und die Mannschaft jung. Am Ende der Saison fehlen demzufolge Kraft und/oder Erfahrung. Die Hoffenheimer Saison 2008/09 wird dabei gerne als Manifestation der These gesehen, dass Mannschaften unter Rangnick in der Rückrunde aus den erwähnten Gründen einbrechen. Und kam nicht RBL mit ihm als Chefcoach in der Aufstiegssaison der 2. Bundesliga nach Tabellenführung im Dezember und anscheinend komfortablem 8-Punkte-Vorsprung gegen Saisonende noch ins Schwimmen?
Einzelne Saisons sollen hier nicht näher diskutiert werden, das wurde schon zur Genüge andernorts gemacht. Es geht eher um die generelle Frage: Schneiden von Ralf Rangnick gecoachte Teams in der Rückrunde schlechter ab als im davorigen Saisonverlauf? Dies lässt sich relativ einfach beantworten, indem man sich seine bisherigen Stationen anschaut.
Der Vergleich erfolgt unter zwei Prämissen: Erstens werden nur vollständige Saisons erfasst. Zweitens wird die Saison tatsächlich zwischen Hin- & Rückrunde getrennt und nicht etwa vor/nach der Winterpause. Dies ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit, da man in jedem Vergleichszeitraum einmal gegen jeden Tabellengegner spielt.
Rangnicks Stationen als Cheftrainer über jeweils eine ganze Saison waren Reutlingen 95/96; Ulm 97/98; Stuttgart 99/00; Hannover 01/02-02/03; Hoffenheim 06/07-09/10; RBL 15/16. Dazu war er für das Team als Sportdirektor verantwortlich in Salzburg & Leipzig von 2012/13 bis 2014/15.
Als Trainer erreichten seine Teams in der Hinrunde durchschnittlich 29,6 Punkte, in der Rückrunde waren es dann 28,1 Punkte. War er ausschließlich Sportdirektor und jemand anderes war für das Trainingsgeschäft zuständig, gab es in der Hinrunde 36,2 Punkte und in der Rückrunde 35,7 Punkte.
Anmerkungen zur Analyse
Die Werte als Trainer und als Sportdirektor sind nicht miteinander vergleichbar, da es in der 1. österreichischen und der 3. deutschen Liga mehr Spiele gibt und man mit Salzburg in der Bundesliga oder RBL in der Regionalliga eher punkten kann als mit Reutlingen, Ulm oder Hannover in ihren damaligen Ligen. Ralf Rangnick bringt also nicht zwingend als Sportdirektor mehr Punkte denn als Trainer. Die Zahlen bieten tatsächlich nur eine Vergleichbarkeit zwischen den ersten und den zweiten Saisonhälften. Und hier fallen die Unterschiede im Mittel gering aus. Das beschriebene Hoffenheimer Beispiel ist eher Ausnahme als Regel. Dass von Ralf trainierte Vereine in der Rückrunde um durchschnittlich 1,5 Punkte schlechter wurden, kann auf die oben erwähnten Probleme bei Fitness und Erfahrung deuten. Es kann aber auch einfach nur normale Varianz sein. Von einem generellen Einbrechen kann jedenfalls keine Rede sein. Bei nur noch 0,5 Punkten weniger unter seiner Verantwortung als Manager nivelliert sich der Sachverhalt vollends. So oder so liefern die bisherigen Laufbahnen des Chefs keinen Grund zur Sorge für den Rest der Saison.
dabdab
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