NEUZUGÄNGE MIT VIEL LUFT NACH OBEN!

Leipzig - (02.01.2018) Glücksmomente vs. Ernüchterung; Erfolg und Misserfolg – es war eine ereignisreiche wie auch lehrreiche Hinrunde für unsere neuen Bullen. Im Endeffekt bleibt noch viel Luft nach oben, der Druck auf die Neuzugänge dürfte nicht gerade kleiner werden.


Augustin & Bruma: Wenig Licht – viel Schatten?
80 Minuten waren gespielt gegen den SC Freiburg als der eingewechselte Bruma den Ball von der Strafraumkante per Volleyabnahme aus der Drehung in den rechten oberen Torwinkel nagelte und sich anschließend mit verschränkten Armen cool vor der jubelnden Gegentribüne feiern ließ. Das Stadion stand Kopf – soeben war das vierte Tor in dieser Partie gefallen und die Mehrzahl der Beteiligten war sich sicher, dass mit ihm eine neue Qualität ins Team floss, die uns weiterbringen würde. Ein anderer Tag – ein anderes Spiel, ein vergleichbares Szenario. Jean-Kévin Augustin netzt gerade im Champions League Spiel gegen Porto zum 3:1 ein. Mit geballten Fäusten jubelt er den feiernden Fans im heimischen Stadion entgegen. Auch hier waren sich viele sicher: dies ist die gewünschte Ergänzung zu Timo Werner und genau die Bereicherung im Sturmspiel, die im Sommer erhofft wurde.
Dies waren die Sternstunden dieser zwei Neuzugänge, die herausstachen, aber leider fast die Einzigen die uns so emotional in Erinnerung blieben. Augustin zeigte je nach Einsatzmöglichkeit darüber hinaus sein Talent, seine Klasse und konnte mit weiteren Treffern gegen Mönchengladbach, Frankfurt und Dortmund im Zeichen der Neuzugänge wertvolle Lichtblicke setzen, wie auch der Mannschaft beim Punktesammeln helfen. Für Bruma langte es hingegen zu keinen weiteren Torerfolg mehr, lediglich zu einem sehenswerten Assist in Dortmund. Was beide gemein haben, sind verhältnismäßig wenig Einsatzzeiten und dass sie kaum mal ein Match durchspielen konnten. Von 25 Partien in der Hinrunde spielte Jean-Kévin Augustin gerade einmal zwei Spiele vollständig durch, während Bruma auch nur auf fünf komplette Einsätze kam. Es ist ein schwieriges Los für unsere Neuen, sich in eine erfolgreiche und eingespielte Truppe hinein zu kämpfen. Trainer Ralph Hasenhüttel nutzte die Neuzugänge bisher vor allem, um in den englischen Wochen die Belastung der letzt- und diesjährigen Stammspieler in Grenzen zu halten. Bruma und Augustin zusammen bringen es auf 16 Ein- und 14 Auswechslungen und entpuppen sich sozusagen als Wechselspieler. Das ist in der Gesamtheit natürlich aus Sicht der Spieler eher suboptimal und offenbart das Manko der Neuzugänge. Sie sind noch nicht richtig innerhalb des Teams und der geforderten Spielkultur angekommen. Auch das Trainerteam hat scheinbar noch nicht das nötige Vertrauen in ihre technisch-taktischen Fähigkeiten erlangt.
Alt vs. Jung – Kevin Kampl & Ibrahima Konaté
Kurz vor Ende der Transferperiode schlug RB Leipzig noch einmal zu, so dass Ende August der wichtige Wechsel von Kevin Kampl zu den Roten Bullen vermeldet wurde. Mit seinen internationalen Erfahrungen und qualitativen Fähigkeiten, gepaart mit Flexibilität auf verschiedenen Positionen, gelang es ihm, sich als einziger Neuzugang in die Start- und Stammelf zu spielen. Nach anfänglichen Abtasten ab September mit insgesamt sechs Ein- und drei Auswechslungen, langte es schließlich für elf komplette Einsätze, wie auch zu einem Torerfolg (Mainz) und einem Assist. Seine Qualität stach dabei vor allem im defensiven Mittelfeld hervor und hier könnte er am ehesten Naby Keïta ersetzen, der ja bekanntlich im Sommer zum FC Liverpool wechselt. Trainer Ralph Hasenhüttl hat auf der Sechser Position nun das schwierige Los, wenngleich auch das Glück zur Rotation, so dass Diego Demme oft nur noch der Platz auf der Bank übrig blieb. Kevin Kampl – ein insgesamt gelungener Transfer, dessen Spielintelligenz und technisches Know-How sehr gut zu unserer Spielanlage passt.
Ibrahima Konaté,
ganze neun Jahre jünger als Kampl und erst 18 Jahre alt, muss indes viel Geduld
aufweisen. Der 1,92m große Innenverteidiger soll behutsam aufgebaut und an das
Top-Niveau herangeführt werden. Leicht wird es für die junge Nachwuchshoffnung
nicht, denn der Leistungsdruck wie auch die psychische Belastung größtmöglich
fehlerfrei in der zentralen Defensive die Zweikämpfe zu gewinnen, wie auch
mittels Erfahrung mit gekonnten Stellungs- und Aufbauspiel zu fungieren,
verlangen sehr viel Qualität und Können auf dieser Spielposition ab. Somit
neigte sich seine Einsatzzeit, wohl aufgrund seiner Unerfahrenheit, in der
ersten Hälfte der Hinrunde gen Null, ehe er gezwungenermaßen durch
Kartensperren und verletzungsbedingte Ausfälle auf der
Innenverteidigerposition zu den ersten Rotationen kam. Zwar konnte Ibrahima
Konaté zum Ende der Hinrunde noch das ein oder andere Spiel komplett mit
gestalten, jedoch waren dabei auch die zwei Niederlagen gegen 1899 Hoffenheim
und Hertha BSC, in denen er wenig zur Stabilität beitragen konnte. Zwei zeitige
Auswechslungen und fünf Einsätze über die gesamte Spielzeit, stehen einer Nichtberücksichtigung
für die restlichen 18 Partien gegenüber und offenbaren somit den schweren Stand
des jungen Talents. Trotzdem ist die Hoffnung sehr groß, dass er sich bei uns
im Laufe der Spielzeiten weiterentwickelt und unser Team in der Zukunft
weiterbringen kann. Immerhin gelang es ihm sich gegen Compper durchzusetzen und fest als dritten IV in der Hackordnung zu etablieren.
Viel Talent – wenig Spielpraxis
Auch Konrad Laimer konnte bis dato sich
nicht aufdrängen und in einem Maße Akzente setzen, mit der er sich für die
Stammelf hätte empfehlen können. Noch in der vergangenen Saison einst ein starker
Stammspieler bei Red Bull Salzburg und bester Kicker der Ösiliga, wagte er den Sprung in die Bundesliga mit
dem Wechsel zu unseren Bullen. Sicherlich hat er sich, wie auch seine anderen
Kollegen, viel mehr erhofft. Nur einmal durfte er eine Partie
durchspielen, während er viermal ausgewechselt und neunmal eingewechselt wurde.
Im Schnitt bleiben nur 19 Minuten Spielpraxis je Match – recht wenig, um seine
Fähigkeiten und Fertigkeiten auf hohem Niveau entwickeln und zeigen zu können.
Aber unser Trainerteam hat auf seiner Position des defensiven Mittelfelds eine
zu große Auswahl auf der Sechs, so dass er weitestgehend kaum
Berücksichtigung findet. Vielleicht wäre hier eine Umschulung zum Außenverteidiger eine Option, um mehr Spielpraxis zu sammeln.
Noch
unangenehmer dürfte die Lage für unsere Torwart-Neuzugänge Yvon Mvogo und Philipp Köhn
sein, die hinter den starken Péter Gulácsi so gut wie keine Einsatzchance
erhalten – verständlicherweise auch berechtigt. Lediglich Mvogo war es für ein
Spiel gegönnt, ausgerechnet bei der Niederlage beim FC Augsburg, ein wenig
wettkampforientierte Spielpraxis sammeln zu können. Beide sind mit ihren 22-
und 23 Jahren noch recht jung. Da es aber nun keine zweite Mannschaft im Verein gibt,
stehen sie in ihrer Karriere nun vor einer wichtigen Herausforderung, den richtigen Schritt abzuwägen.
Andererseits wurde der 22-jährige Federico
Palacios vor der Auflösung der U23 noch in den Profikader aufgenommen,
jedoch ebenso nicht eingesetzt und kaum für den erweiterten Kader berufen. Er darf laut Rangnick den Verein verlassen.
Anforderungen für die jungen Neuen noch zu hoch
Alles in allem kein gutes Zeugnis für die Neuzugänge oder kein gutes Händchen in Sachen Transferpolitik? Vielmehr mag auch insgesamt eine veränderte Situation eingetreten sein, die schwer vorhersehbar war. Augustin hat die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die dem schnellen Umschalt- und Konterspiel zu Gute kommen, jedoch bei tiefstehenden Gegnern und mittels eigenen Ballbesitz so noch nicht zum Tragen kommen. Gleichermaßen stehen unsere Abwehrspieler aufgrund des Ballbesitzfußballs viel höher und müssen eine enorme Grundschnelligkeit aufweisen, um die schnellen Gegenangriffe in Eins-gegen-Eins-Situationen unterbinden zu können. Parallel dazu bedarf es bei gegnerischen Standards ein gekonntes Zweikampfverhalten, was immer mehr an Bedeutung findet, denn die Gegner konzentrieren sich bei unserer Spielanlage auf andere relevante Spielsituationen, um unser spielerisch und technisch starke Umschaltspiel umgehen zu können – für Konaté noch eine zu große Hürde. Auch für Bruma ist es schwer auf den Außenbahnen Forsberg und Sabitzer Paroli zu bieten, wie auch die beiden Torhüter Mvogo und Kühn hinter Gulácsi das Nachsehen haben. Gleiches widerfährt Konrad Laimer im defensiven Mittelfeld. Während Palacios auch keine Berücksichtigung erhält, hat lediglich Kevin Kampl den Sprung in die Stammelf geschafft.
Insgesamt haben unsere Neuzugänge einerseits unser Trainerteam noch nicht vollends überzeugt. Jedoch ist für den notwendigen Entwicklungsprozess noch viel Geduld gefragt, die die neuen jungen Bullen aufbringen müssen. Andererseits sind es aber auch unsere erfolgreichen Stammspieler der vergangenen Saison, die nicht ohne Widerstand den Positionskampf begegnen. Dazu kommt die veränderte Spielanlage, die flexible Fähigkeiten und vor allem Fertigkeiten von jedem einzelnen Spieler verlangen. Aber nicht alles mag so negativ sein, wie vielleicht die nackten Zahlen es vermuten lassen. Es steckt viel Potential in den Neuen – die Spieler selber, das Trainerteam und wir Fans müssen Geduld haben und sie unterstützen. Die Hoffnung besteht darin, dass sie eines Tages die Stammspieler leistungsgerecht ersetzen oder gemeinsam mit ihnen auftreten können.
oligei
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