DAS LETZTE SPIEL!

Leipzig - (14.12.2023) "Unbedeutende Spiele haben ihr eigenen Regeln." Für solche Aussagen zahlt man im "bayrischen" Doppelpass auf Sport1 ins Phrasenschwein ein. Das Spiel am Mittwoch war ein unbedeutendes Spiel und verlief auch in großen Phasen so. Dennoch gab es einige Highlights, die nicht nur spielbezogen waren. Was da alles so im Spiel und am Rande des Feldes das Leipziger Fanherz erregte, folgt nun im Beitrag.


Vor dem Spiel ist vor dem Spiel oder Ende gut alles gut
Ja, das war es, das letzte Spiel in der Champions League in einer Gruppenphase für Leipzig, jedenfalls in dem bekannten Modus, der mit dem letzten Spieltag der Vorrunde am 13.12.2023 zu Grabe getragen wurde. Ob die künftige Champions League, die dann vom Namen her besser passt, auch solch schöne Momente hervorbringen wird, wie sie die Fans und Spieler nun seit der Saison 2017/18 mit einer Unterbrechung erleben durften, steht noch in den Sternen.
Zum feierlichen Anlass, der auch einige traurige Momente in sich barg, rotierte Rose den Startkader gehörig um. Viele Champions-League-Ex-Sieger-Besieger vom vergangenen Wochenende saßen erstmal auf der Bank. Es war halt ein unwichtiges Spiel, das zwar bei einem Sieg 2,8 Mio. Euro in die Kasse spülen würde, aber am Weiterkommen oder Tabellenstand nix ändern konnte.
Und so sammelte Rose alle ein, deren Spielzeit bisher knapp und unerfüllt war.
Heraus kam folgende Startelf, die dieses historisch letzte Gruppenphasenspiel bestreiten durfte:
Wir sind Leipzig 🔴⚪️#RBLYB #UCL pic.twitter.com/ijf2GVkYps
— RB Leipzig (@RBLeipzig) December 13, 2023
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Dreisatz des Spiels oder wie seltsam unbedeutende Spiele sein können
Hier wird es schwierig. In den ersten 45 Minuten brachte Leipzig den Ball einmal auf den Kasten der Berner und dieser Ball war sogar im Netz. Šeško zeigte mal wieder, was er im Strafraum mit dem Ball am Fuß alles anfangen kann. Jedoch pfiff der Schiri mit Einsatz des VAR den Treffer zurück. Der junge Slowene stand doch eindeutig im strafbaren Abseits. Bei dem Trefferbild blieb es bis Halbzeit. Null echte Torchancen verbuchte der zweiten Leipziger Anzug in dieser Hälfte.
In der Zeit zwischen dem Abseitstor aus der 7. Minute und dem Pausenpfiff durfte man einer unbewussten "Schande von Gijón" beiwohnen. Das klingt womöglich zu hart, ist es auch, nutzt aber als bildlicher Vergleich, da beiden Teams anzusehen war, dass das Verletzungsrisiko gering bleiben sollte, was besonders das Leipziger Spiel hemmte, da dieses durch Pressing und Überfallkonter auf viel Einsatz setzt. Hauptsächlich waren beide Abwehrreihen gut aufgestellt und vereidigten ungenaue Bälle und harmlose Dribblings weg.
Die zweite Dreiviertelstunde war da deutlich attraktiver. Das lag nicht unbedingt an mehr Willen und besserem Passspiel, vielmehr waren beide Abwehrketten und auch die anderen Spieler unkonzentrierter oder noch in der Pause. Da Fußball ein Fehlerspiel ist, häuften diese sich nun auf beiden Seiten, was dem Zug zum Tor gut kam.
Šeško traf ähnlich schick wie in Halbzeit Eins und Forsberg erzielte mit seinem möglicherweise letzten Europatreffer für Leipzig das Siegtor, da die Berner den Führungstreffer sehr schnell mit einem eigenen Tor konterten. Leipzig holte somit den Sieg und verabschiedete sich von der nun endgültig letzten Gruppenphase positiv, auch wenn das Spiel nur marginale Höhepunkte hatte.
Sieg …. #RBLyb pic.twitter.com/f2Z23GkI9C
— BrauseCrew Berlin (@brausecrew) December 13, 2023
Wer hat sich ins Blickfeld von Rose gespielt und wer nicht
Gulácsi: Pete durfte das Tor hüten. Er zeigte, was man von der langjährigen Nummer Eins kennt. Auf der Linie hielt er auf Topniveau, mit dem Ball am Fuß war er mehrfach überfordert. Die Berner bestraften das zum Glück nicht. Jedoch wird er sich deshalb weiterhin hinter Blaswich einreihen müssen.
Henrichs: Benny ist der Stamm RV, der aktuell keinen Herausforderer hat, da diese Innen besser aufgehoben sind.
Simakan und Lukeba: Mo spielt aktuell seine beste Saison, da er aufgrund der Verletzung Orbáns der Chef in der Verteidigung ist. Castello hat auch ein paar kleine Fehler im Repertoire. Im Spiel gegen Bern gab es wohl den bisher größten. Jedoch ist es seine erste Saison und vergleicht man ihn mit seinen Vorgängern, wie Upamecano, Gvardiol, Simakan und Konaté, dann wirkt er dennoch deutlich talentierter und weniger fehleranfällig. Beide spielen weiterhin als feste IV bis Orbán zurück ist und auch dann bleibt alles offen.
Lenz: Er hatte zu Beginn ein paar Szenen, die ungenau waren, insgesamt war es aber keine schlechte Partie. Im Vergleich zu Raum spielte er deutlich defensiver und wurde weniger einbezogen. Er wird Raum auch nicht verdrängen. Rose sollte ihn aber öfter mal einwechseln, damit Raum nicht immer 90 Minuten in Vollpower durchziehen muss.
Kampl: Er war während der Verletzung von Haidara gesetzt und machte da seine Arbeit sehr gut. Nun setzt Rose seit längerem auf das Duo Haidara und Schlager. Seit dem ist aber auch ein wenig der Wurm drin. Gegen Bern war Kampl einer der besten Leipziger Spieler. Mit dem Ball am Fuß war er schwerer greifbar als die beiden Techniker im offensiven Mittelfeldspieler. Tatsächlich fehlt dem aktuellen Team ein Spieler mit den Fähigkeiten Kampls in der Zentrale. Dass er immer noch gebraucht wird und Rose ihn nicht abschreiben soll, zeigte er erneut eindrucksvoll.
⭐️ Man of the match ⭐️#RBLYB #UCL pic.twitter.com/75Y31aE2DD
— RB Leipzig (@RBLeipzig) December 13, 2023
Seiwald: Der Junge ist im Leipziger Trikot ein Schatten seiner selbst. Spielte er noch letzte Saison in der CL und aktuell bei der Nationalmannschaft groß auf, so fällt es ihm unter Rose schwer, in Tritt zu kommen. Er muss endlich in Leipzig auch mit dem Kopf Fuß fassen, da es nicht allein am Spielstil und der Liga liegen kann, wenn er es doch schon bei Rangnick und bei den Salzburgern international bewiesen hat.
Carvalho: Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern. Liverpool ist nicht mit seiner Spielzeit zufrieden, er sicher auch nicht. Deshalb überdenkt man die Leihe und diese könnte im Winter schon enden. Mit seiner Leistung gegen Bern spielte er sich jedoch weiter nicht ins Blickfeld. Er arbeitete unglaublich viel, ging in 22 Zweikämpfe, gewann davon über 40% und bringt den Ball auch gut zum Mann, aber er wirkt dennoch wie ein Fremdkörper im Leipziger Spiel. Auf ihn als Ersatz für Forsberg zu setzen, wäre fahrlässig. Selbst sein möglicher Abgang im Winter wäre durchaus nachvollziehbar.
Poulsen: Er konnte diesmal nicht treffen und spielte auch nicht sehr gut. Da er aber unter Rose gesetzt ist und davor seine Momente hatte, wird ihm dieses Spiel nicht zurückwerfen.
Šeško: Er wird, er ist und kann kein Poulsen sein. Seine Qualität liegt woanders und Rose muss sich und sein System ein wenig überdenken, wenn er Šeško langfristig in den Stammkader einbauen will. Rose darf nicht mehr darauf setzen, dass Šeško zum Pressingmonster wird. Ansonsten endet diese Liaison ohne Perfekt Fit.
NA GEHT DOCH 🔥🔥#Sesko mit der Führung für unsere Roten Bullen!
— RB Leipzig (@RBLeipzig) December 13, 2023
⏱ 51. Minute
🔴⚪️ 1:0 🟡⚫️#RBLYB #UCL pic.twitter.com/6NId0HPUZ5
Ganz viel für die Tränendrüsen
Forsberg: Was kann man sagen, was soll man schreiben, wenn die Tränen in den Augen stehen? Ich nehme mir hier nicht aus, den Beitrag über das Spiel allein mit einer Lobhudelei um Forsberg zu füllen. Dieses Spiel entspricht, trotz des Tores des wahren Kings of the North, nicht seiner Vita. Zudem ist der Rahmen zu klein. Ein eigener Artikel würde dem ewigen Schweden gerechter werden. Deshalb kurz ein passender Tweet:
Der Kreis schließt sich.
— GordonShumway™ (@bumbumbastisch) December 13, 2023
Forsberg hat das erste Tor in der Championsleague RBL-Historie geschossen.
Er schießt das letzte solange er das RB-Dress trägt.
Er darf jetzt gehen.
Mach es gut @eforsberg10 #RBLYB
Halstenberg: Nicht nur die Legende Forsberg wandelt hier auf seinen letzten Pfaden. Halstenberg ist da schon weiter. Am Mittwoch wurde er nun gänzlich verabschiedet.
DANKE, Marcel #Halstenberg!
— RB Leipzig (@RBLeipzig) December 13, 2023
8⃣ Jahre RB Leipzig, 2⃣ Pokalsiege, für immer ein Teil von uns 🔴⚪️#EinmalLeipzigImmerLeipzig pic.twitter.com/niCj8BzFs0
Champagner statt Bier – die Fans
Das tatsächlich letzte Spiel einer derartigen und diesjährigen Gruppenphase wollten 43.331 Zuschauer per Ticketkauf im Station bestaunen. Bei fehlender Attraktivität wegen Belanglosigkeit des Spiels, dem unschönen kalten Wetter und einigen frischen Atemwegserkrankungen versammelten sich optisch noch etwas weniger Zuschauer. Die damit auch letzte Choreo in einer Gruppenphase spielte ebenfalls auf die kalte Jahreszeit an und hätte vor zwei Wochen sogar noch etwas besser gepasst. Da sich der Winter aber laut Kachelmannprognosen noch einmal zurückmeldet, war es zeitlich und voraussichtlich nicht unbedacht. Der Support plätscherte sich spielabhängig so ein, wie es das Spiel hergab. Jedoch wurden Forsberg und Halste gebührend gefeiert. Viele Fußball Vlogs auf YouTube vom Stadionerlebnis wird es diesmal nicht geben, dafür spricht die Zuschauerzahl nicht.
Die Choreo der Fans von @RBLeipzig ist heute an die Jahreszeit angelehnt. #RBLeipzig #RBLYB pic.twitter.com/ANyvt7lKd2
— LVZ (@LVZ) December 13, 2023
Pfeife des Spiels
Das Abseitstor war früh erkennbar, musste aber vom VAR bewertet werden. Lukjanciukas hatte kaum zu tun, jedoch waren einige Zweikämpfe härter als erlaubt und hätten den ein oder anderen Pfiff benötigt. Mehr muss man nicht schreiben.
Aufgefallen oder ernsthafte Kritik
Rose muss aufpassen, dass er keine Zweikadergesellschaft im Team produziert. Wenn man das gestrige Spiel jedoch analysiert, kann man nicht verneinen, ob nicht bereits das Kind in den Brunnen gefallen ist. Ein Spielstil war kaum zu erkennen, den die Spieler trotz wenig Trainingszeit aufgrund englischer Wochen innerhalb eines halben Jahres doch rudimentär innehaben müssten. Letzte Saison beschwerte sich der Trainer noch dauerhaft über den zu kleinen Kader. In dieser Spielzeit setzt er wie ein Übungsleiter einer Nationalmannschaft während der WM auf 15 bis 16 Spieler. Schaut man die Jungs dahinter an, dann fallen diese völlig ab, als gebe es kein Training für sie. Werner und Carvalho haben beide bereits gezeigt, dass sie eigentlich deutlich besser sind. Selbst bei Chelsea war Werner nicht so verunsichert und dauerhaft fehlerhaft. Das erinnert an Silva in der letzten Saison. Auch Seiwald kommt keinen Schritt voran. Man kann das auch nicht allein auf fehlende Spielpraxis zurückführen, um den Trainer hier aus der Verantwortung zu nehmen. Auch Roses Vorgänger waren an das Ziel gebunden, mindestens den vierten Platz der Liga zu erreichen und international zu überwintern. Ihnen gelang es trotzdem junge Spieler langsam einzubauen. Schaut man auf Roses Portfolio an Spielern, die stagnieren oder sich verschlechtern, dann sind es vom Alter und Talent jedoch keine reinen Jugendspieler, den es nur an Erfahrung mangelt. Erinnert man sich an Spieler wie zum Beispiel an Ethan Ampadu, Ademola Lookman oder Justin Kluivert, waren diese damals sicher auch nur zweite Wahl im Kader, aber im Notfall einsetzbar, ohne dass es einen sehr großen Unterschied gab. Wenn das aktuelle Trainerteam in der Hinsicht Probleme hat, auch letzte Saison gab es da schon Tendenzen, dass bei einigen Spieler der Abstand zur Stammelf stetig stieg, sollte man das Team vielleicht noch um einen Trainer erweitern, der dieses Problem auf dem Schirm hat.

Marco Rose, der Arsene Wenger von Leipzig?
Fazit & Ausblick
Die Startelf vom Mittwoch wird es in dieser Saison nicht mehr geben, da es kaum noch Spiele gibt, die eine solche Rotation hergeben. Auch die fehlende Chancenerarbeitung wie gegen Bern bleibt sicher aus, da eher das Team spielen wird, das weniger trifft, aber sehr viele Möglichkeiten hat.
Geladen ist Hoffenheim zum Abendspiel. Das El-Plastico wird als Spiel des Tages übertragen. Die Social Media Kanäle werden brennen. Nach dem BVB kommt da der nächste schwere Gegner, den man in einem "kleinem" Sechs-Punkte-Spiel in die Schranken weisen kann.
Das Spiel könnte jedoch voll in den Hintergrund treten, weil Emils letzter Auftritt in der Heimarena anstehen könnte.
Mein Tipp: 2:2 und unglaublich viele Tränen
🫶🥹#WirSindLeipzig 🔴⚪️ pic.twitter.com/OQ88iWywyV
— RB Leipzig (@RBLeipzig) December 13, 2023
Kicker – Whoscored – Sofacore – RBL – UEFA – FotMob – fbref
Statistik
RB Leipzig: Gulácsi (C) – Henrichs, Simakan (59. Klostermann), Lukeba (80. Schlager), Lenz – Kampl, Seiwald – Carvalho, Forsberg (74. Xavi) – Poulsen (74. Werner), Šeško (74. Openda)
Bank: Blaswich – Haidara, Baumgartner, Raum
BSC Young Boys: Ballmoos – Janko, Lustenberger (C), Amenda, Garcia – Colley (82. Rrudhani), Niasse (62. Ganvoula), Lauper (70. Łakomy), Ugrinić (70. Maleš) – Elia (62. Monteiro), Nsame
Bank: Racioppi, Marzino – Camara, Chaiwa, Persson, Benito, Blum
Schiedsrichter: Manfredas Lukjančukas (Litauen)
Tore: 1:0 Šeško (51.), 1:1 Colley (53.), 2:1 Forsberg (55.)
Torschüsse: 10 / 16
Schüsse aufs Tor: 2 / 3
expected Goals: 0,74 / 1,55
Passquote: 80% / 78%
Zweikampfquote: 54% / 46%
Ballbesitz: 53% / 47%
Laufleistung: 118,8 km / 117,8 km
Fouls: 9 / 18
Ecken: 1 / 3
Abseits: 3 / 7
Gelbe Karten: Poulsen (1), Lenz (1) / Garcia (1), Colley (1), Monteiro (2)
Zuschauer: 43.331
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