MAINZ BLEIBT DOCH NICHT MAINZ!

Mainz - (20.10.2024) Viermal hatte Leipzig nicht gegen Mainz gewonnen, nur einmal in den letzten sieben Spielen! Nach der Länderspielpause wurde der Bann endlich gebrochen – Xavi und Capitano Willi trafen beim 2:0 Sieg bei den 05ern. Zwar hatte RBL auch diesmal weniger Torschüsse und Ballbesitz, aber dafür die deutlich klareren Chancen, allerdings verpasste es Šeško den Sack zuzumachen.


Vor dem Spiel ist vor dem Spiel
Als punktgleicher Tabellenzweiter und mit der besten Abwehr der Liga nach Mainz zu fahren hört sich nicht so schlecht an. Allerdings konnte RBL die letzten vier Spiele gegen Mainz nicht gewinnen und verlor ganze drei der vier letzten Spiele bei den 05ern ganz. Zeit die Bilanz aufzubessern und an frühere Topleistungen anzuknüpfen – wie beispielsweise den 13:0 Toren aus der Saison 19/20, übrigens das letzte Mal als in Mainz gewonnen wurde. Dabei dürfte Rose vor allem der Ausfall Raums einige Sorgenfalten auf die Stirn gezaubert haben, denn einen echten linksfüßigen Ersatz gibt es im Kader nicht. Auch im Zentrum waren die Optionen eher gering: Ouédraogo, Schlager und Seiwald standen nicht zur Verfügung.
Im Vergleich zum zähen Sieg in Heidenheim vor der Länderspielpause brachte Rose lediglich Geertruida für den verletzten Raum und stellte auf eine Fünferkette um, bei der Nusa Raums Platz einnahm. Mainz wartete in dieser Saison noch auf den ersten Heimsieg, konnte aber anders als RBL zuletzt gegen St. Pauli – deutlich – gewinnen. Auch Henriksen wechselte gezwungenermaßen nur auf einer Position, brachte da Costa für den gelbgesperrten Kohr – Chapeau nach nur sechs Spieltagen.

Der Sololauf zum Dosenöffner.
Dreisatz des Spiels
Gemessen an den letzten Leistungen gegen Mainz und einem Gros der bisherigen Saisonspiele war der Sieg am Oberrhein ein Schritt nach vorn. Die Null stand bei RBL absolut zurecht, da Mainz zwar viele, aber kaum gefährliche Schüsse abgeben konnte und Orbán einen bärenstarken Tag hatte. In der Offensive gab es klare Chancen, wobei Šeško die beiden besten liegen ließ. Für Team Glas halbleer war aber auch etwas dabei. So überließ die Rose-Elf den Mainzern zu viele Anteile, weswegen das Spiel leicht hätte kippen können. Die Vielzahl der Abschlüsse der Mainzer wurde durch ihren höheren Ballbesitz, die bessere Passquote, mehr Standards sowie eine höhere Laufleistung erst ermöglicht. Hier kann RBL definitiv noch souveräner in der Spielgestaltung werden.

Šeško zu unüberlegt.
Aufgefallen
1) Die gute Chancenverwertung der eigentlich schlechteren Möglichkeiten der ersten Halbzeit sicherte Leipzig den Sieg. Zur Wahrheit gehört allerding auch, dass hier viel von Einzelaktionen ausging. Allein Xavis Dribbling und der Abschluss zeigte seine ganz Klasse, war aber kein herausgespielter Spielzug sondern eben eine individuelle Leistung. Auch vor dem Abstaubertor von Orbán waren es Xavi (präzise Flanke nach geklärter Ecke) und Openda (klasse Direktabnahme), die einen großen Anteil am Treffer hatten. Im zweiten Durchgang ergaben sich durch die tiefere Spielanlage dann Konterräume, die Leipzig durch Openda & Vermeeren sowie doppelt durch Šeško nur ungenügend nutzte. Diese Konter wurden aber durch die Zwei-Tore-Führung erst ermöglicht, so dass Leipzig eher so agieren konnte, wie Mainz wohl hätte spielen wollen, aber nicht mehr konnte.
Ja, miese Chancenverwertung, richtig. Aber die fehlenden Ballbesitzstrukturen sind das, was es kompliziert macht. Weil der Gegner permanent den Ball und das Gefühl kriegt, am Drücker zu sein. Publikum kommt dazu und dann kippt so ein Spiel vll sinnlos sogar noch. #m05rbl
— rotebrauseblogger (@rotebrauseblog) October 19, 2024
Der Rotebrauseblogger legt den Finger in die Wunde.
2) Dass der Sieg komplett in Ordnung geht, zeigt ein Blick auf die Chancen und den Chancenverlauf. Von Mainz kam fast nichts. Die besten fünf bzw. acht der besten zehn Chancen gingen auf das Leipziger Konto. Gulácsi musste nur zweimal eingreifen – beim Kopfball von Sieb und beim Fernschuss von Caci. Selbst nach dem 2:0, als Leipzig über 30 Minuten kaum noch Torgefahr ausstrahlte, konnten die 05er daraus kein Kapital schlagen. Hier wackelte RBL in den letzten Spielen deutlich mehr, so dass die Null dieses Mal hochverdient war. Die zwei Gegentore sind zwar immer noch ein statistischer Ausreißer, aber das Mainz-Spiel zahlte nur wenig auf diese Abweichung ein.
Service-Tweet für alle (mich eingeschlossen), die es nicht glauben können. Doch, das ist eben passiert. #Sesko #M05RBL pic.twitter.com/wz24NzNIOh
— Irish Star (@LEZwenn) October 19, 2024
Muss man gesehen haben, um es zu glauben.
3) Bedenklich bleibt jedoch, dass Leipzig in Sachen Ballbesitz (47%), Torschüsse (11) und Passquote (76%) schlechter war als die Gastgeber. Zwar führte diese „Spielverweigerung“ auch zu einer gewissen Stabilität, was gegnerische Konter anbelangt und unterstützte die hohe Zweikampfquote (59%), aber der Anspruch eines Spitzenteams sollte schon sein, so einen Gegner zu dominieren und einzuschnüren. So ließen Bayern (4) und Leverkusen (9) gegen deutlich stärkere Gegner viel weniger Torschüsse zu und hatten Passquoten um die 90%. Spielerisch muss sich Leipzig hier noch weiterentwickeln, wie man auch an den Spielen in der Königsklasse gesehen hat.
#mainz05 #m05rbl #klopp pic.twitter.com/0wU1yjnigQ
— Christoph Kessel (@meenzer_on_tour) October 19, 2024
Deutsche Fanszenen sitzen auf dem höchsten aller Rösser.
4) Interessante Lösung von Rose auf eine Fünferkette mit Geertruida (rechts) und Nusa (links) auf den Ausfall von Raum zu reagieren. Der Norweger überzeugte mit guten Pass- und Zweikampfquoten, allerdings gab es kaum echtes Flügelspiel und Flanken zu sehen. Die einzigen Leipziger Flanken, die ihr Ziel fanden, waren die von Xavi (3 von 5). Defensive Stabilität war durch diese Aufstellung jedenfalls gegeben und da Nusa auf dem Feld blieb, litt auch nicht die Anzahl der eher offensiv denkenden Akteure. Ob dies für den Rest der Hinrunde das System der Wahl wird, bleibt abzuwarten. Dazu muss zum einen die Passqualität aus der Defensive heraus steigen (Klostermann und Lukeba waren hier schlechter als der Teamschnitt) und zum anderen müssen die offensiven Abläufe besser passen.
Da hatte jemand wohl eine Vorahnung.😀 RBL-Ehrenmann!#M05RBL #Bundesliga pic.twitter.com/ccASsCH0Ys
— RB Leipzig (@RBLeipzig) October 19, 2024
Bitte Schild jetzt angepasst immer mitbringen!
5) Mann des Spiels sicherlich Orbán, wobei sein Tor nur die Sahnehaube auf einer tadellosen Zweikampfleistung (14/14 Duellen gewonnen) und einer guten Passquote (83% war die beste der Fünferette) war. Dem Capitano auf den Fersen war Xavi, der das 1:0 durch eine Einzelleistung erzielte und das 2:0 durch eine scharfsichtige Flanke einleitete, ein echter Dosenöffner eben und vielleicht eine der bisher besten Saisonleistungen des Niederländers. Daneben sollte auch Vermeeren genannt werden, der mit 92% Passquote den besten Wert aller 22 Startelfspieler hatte, wobei er zudem die meisten vorwärts gerichteten Offensivpässe (6) spielte. Mit Xavi führte er die zweitmeisten Duelle auf dem Feld (15), bei der Quote (33%) muss er hier aber noch nachbessern. In der Form sollte er bis zur Rückkehr Schlagers erstmal die Nase vorn haben.
6) Mainz sollte aktuell nicht als Messlatte dienen, auch wenn Leipzig in den letzten Jahren Probleme mit diesem Gegner hatte. In keinem Saisonspiel kamen die 05er bisher über einen Wert von 2 xG, kein Heimspiel konnte gewonnen werden und bis auf Amiri erreichte gegen RBL auch kein Mainzer seine Bestform. Dies konnte besonders an den vielen individuellen Fehlern der Gastgeber im zweiten Durchgang abgelesen werden, welche zu den Leipziger Kontern führten.
Wieder eine abgezockte 2. HZ, bei der die Defensive herausragt & „nur“ Seskos schlechte Entscheidungsfindung eine frühere Entscheidung verhindert.
— Niklas (@gNiklas43) October 19, 2024
Vermeeren solle sich seinen Platz in der Startelf mit diesem Spiel gesichert haben.
MotM: Willi „Maschine“ Orban.#M05RBL #RBLeipzig https://t.co/Gaj6NMfewd
Willi mit unwirklicher Zweikampfquote.
7) Es erstaunt mich immer wieder auf welch hohem Ross sich die Fanszenen in Deutschland so wähnen und wie gut sie darin sind, sich den Realitäten zu verweigern. Wie zu erwarten war (ja, überraschend sind sie auch nicht), gab es in Mainz plumpe Spruchbänder gegen Klopp, der sich erdreistet hat, nach dem Bundesligist Mainz, der GmbH & Co. KG auf Aktien aus Dortmund sowie der Fenway (nicht Fanway by the way…) Sports Group Dependance aus Liverpool zu Red Bull zu wechseln. Ein Sakrileg in diesem sonst so unbeschmutzt und gänzlich unkommerziellen Werdegang. Überhaupt tatsächlich der Meinung zu sein, dass die Bannerträger im Mainzer Fanblock, von denen einige beim letzten Spiel Klopps als Kicker ggf. noch gar nicht geboren waren, den Champions League Sieger menschlich geformt hätten, bedarf schon eines besonderen Maßes an Selbstüberschätzung, dass man in dieser quasi puren Form fast nur noch auf Fußballtribünen finden kann.
Wohin der Weg mit Klopp bei Red Bull führt, bleibt dabei weiterhin relativ schwammig und schwer abzuschätzen. Sprüche, wie gegen die Selbstzufriedenheit der Leipziger, auf einem Champions League Qualifikationsplatz zu stehen und nicht nach Höherem zu streben, müssen nämlich erstmal mit Leben gefüllt werden. Spannend, aber die Möglichkeiten auf dieser Position in die Tagesgeschäfte hineinzuwirken, waren bisher eher beschränkt.

Nusa ersetzte Raum in einer Fünferkette.
8) Von einem ehemaligen Klopp Klub also zum nächsten – man darf gespannt sein, ob ähnliche Sprüche aus dem meist deutlich näher an den Realitäten lebenden Liverpool-Fanszene kommen werden. Ich würde das, zumindest was den Grad der Moralinsäurung anbelangt, eher bezweifeln. Gegen Pool steht Leipzig in der CL-Tabelle schon fast mit dem Rücken zur Wand, will man danach nicht auf eine Siegesstrecke angewiesen sein. Die Engländer spielen heute gegen Chelsea – da gibt es also mal wieder ein Leipziger Klassentreffen…

Dein Becher zählt gegen Liverpool und Freiburg!
Nach Liverpool kommt Freiburg in die Arena, aktuell Leipzigs direkter Verfolger. Einzig die Niederlage gegen St. Pauli trübt den guten Gesamteindruck und daher wird es auch ein schwerer Kick, denn der SC kann sich über die Woche ausruhen und direkt auf dieses Spitzenspiel vorbereiten. Mal wieder top in Form ist Vincenzo Grifo, der schon sieben Scorer gesammelt hat. Gegen Augsburg verhalfen den Freiburgern aber auch zwei extrem gut passende Distanzschüsse (Grifo & Günter) zum Sieg.

Leipzig wie es singt und tanzt.
Fazit
Einen Sieg in Mainz gab es zuletzt unter Nagelsmann. In den letzten Jahren hatten sich die 05er zu einem echten Angstgegner gemausert, insofern darf der gestrige Erfolg durchaus an die große Glocke gehangen werden. Dazu verdiente sich Leipzig anders als bisher den gegentorlosen Sieg redlich. 0,6 xG sind der bisher niedrigste Saisonwert für einen Leipziger Gegner, was auch zeigt, dass wir uns bei den zwei Gegentoren in einem statistischen Ausreißer bewegen.
Offensiv resultierten die guten Chancen eher aus Einzelaktionen und Kontern. Bei der Spielkontrolle muss die Rose-Elf noch zulegen. Dass es für die großen Kaliber in der Form im Normalfall nicht reicht, sieht man nämlich in der Königsklasse. Gegen Liverpool wird das eine ganz andere Nummer und in der Champions League steht Leipzig immer noch ohne Punkte da. Auch in der Liga kommt Freiburg der direkte Verfolger in die Red Bull Arena – spannende Woche!

Da darf man schon mal klatschen, wenn RBL nach fünf Jahren wieder in Mainz gewinnt.
Kicker – Whoscored – Sofacore – RBL – Bundesliga – FotMob – understat – fbref
Statistik
1. FSV Mainz 05: Zentner – Jenz, Da Costa, Leitsch (87. Widmer) – Mwene, Caci (87. Vidovic), Sano, Amiri – Lee (73 Weiper), Sieb (59. Nebel) – Burkardt (C)
Bank: Riess – Bell, Barkok, Hong, Gleiber
RB Leipzig: Gulácsi - Castello Jr., Orbán (C), Klostermann, Geertruida - Vermeeren (73. Elmas), Haidara (56. Kampl) - Xavi, Nusa (73. Baumgartner) - Šeško (73. Henrichs), Openda (84. Poulsen)
Bank: Vandevoordt, Zingerle – Bitshiabu, Silva
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
Tore: 0:1 Xavi (20.), 0:2 Orbán (37.)
Torschüsse: 17 / 11
Schüsse aufs Tor: 2 / 5
expected Goals: 0,61 / 2,16
Passquote: 79% / 76%
Zweikampfquote: 41% / 59%
Ballbesitz: 53% / 47%
Laufstrecke: 113,20km / 111,38km
Sprints: 238 / 209
Fouls: 12 / 15
Ecken: 5 / 3
Abseits: 2 / 0
Gelbe Karten: Nebel (1) / Haidara (3), Vermeeren (1), Elmas (1)
Zuschauer: 30.100
Rumpelstilzchen
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20241019-spielbericht-mainz.html
- 1. Bundesliga
- 1. FSV Mainz 05
- 2024/25
- Antonio Nusa
- Arthur Vermeeren
- Auswärtssieg
- Auswärtsspiel
- Benjamin Šeško
- FC Liverpool
- Hinrunde
- Jürgen Klopp
- Mainz
- Willi Orban
- Xavi Simons