INTERVIEW MIT DER FANVERTRETUNG – TEIL 2

Leipzig - (10.11.2016) Viel wurde in den letzten Wochen über Banner, Stadion und Fangruppierungen geredet und geschrieben. Wir lassen den Fanverband zu Wort kommen. Im zweiten Teil des Interviews geht es um die letzten und frühere Austritte, Konsequenzen, Kommunikationsfragen und die anstehende Fanversammlung.


Im ersten Teil
ging es um die aktuelle Organisation des Fanverbands, das Bannerthema,
Zusammenarbeit mit dem Verein sowie Ziele und Meilensteine der
Fanverbandsarbeit. Im Folgenden geht es besonders um die letzten Austritte, Kommunikationsfragen und die anstehende Fanversammlung.
Das größte Thema waren bisher die Austritte aus dem Fanverband, was ist rückblickend hier falsch gelaufen und was sind eure Lehren aus den letzten Austritten.
Für viele war es erstmal ein Schock, gerade unter uns Fanvertretern. Da aller vier Wochen eine Fanversammlung stattfindet, hätten wir erwartet, dass diesbezügliche Probleme vielleicht vorher in der Runde angesprochen werden, ehe man diese drastischen Konsequenzen zieht. Aber wenn man 3-4 Jahre in den Sitzungen keine Klagen hört bzw. Anzeichen wahrnehmen kann, ist ein so kommunizierter Austritt schon überraschend. Ein etwaiges früheres Gegensteuern war so aus unserer Sicht kaum möglich. Das Hauptproblem ist also wie so oft – und wie bei den Bannern vereinsseitig zuletzt auch – die Kommunikation.
Meines Erachtens liegen die Ursprünge wohl schon weiter zurück – ich selbst bin seit gut 10 Monaten Fanvertreterin und bei einigen der ausgetretenen Fanclubs spielt auch ein Gutteil der Generationenkonflikt eine Rolle. Gerade wenn ich so an meine frühere Chemie-Zeit zurückdenke, so haben wir uns damals von den alten Hasen auch nichts sagen lassen. Irgendwann hatte sich scheinbar so viel aufgestaut, dass man wohl die Reißleine ziehen wollte.
Aktuell haben wir uns bereits mit den jugendlicheren Fanclubs (Red Aces, Rasenballisten, LECrats und Rabauken) zusammengesetzt – auch Dank der Hilfe des Fanprojekts , die einen guten Draht zu diesen Fanclubs haben. Nicht zuletzt wegen dieses Rahmens verlief das Gespräch auch konstruktiv, konnte eine Brücke gebaut werden, so dass auch in Zukunft, abseits der Zugehörigkeit zum Fanverband eine Zusammenarbeit möglich ist. Es kamen dann auch Dinge zur Sprache, die in den jeweiligen Stellungnahmen nicht konkret beschrieben waren. Jetzt müssen alle Parteien erst einmal wieder das nötige Vertrauen zueinander aufbauen.
Wie sieht da die weitere Entwicklung aus?
Ich denke das wird ein längerer Prozess. Wir als Fanverband sind jetzt in der Pflicht Vertrauen aufzubauen und aktiv auf die Leute zuzugehen. Solange noch nicht alle Vorbehalte aus dem Weg geräumt sind, wird es aber sicher schwer. Ziel muss daher zuerst die Normalisierung der Beziehungen sein. Diese Fangruppen sind jedenfalls ein wichtiges Aushängeschild des Vereins und nach Außen z.B. durch ihre Choreos und Aktionen auch ein Sprachrohr und Fixpunkt der Fanszene.
Auf der anderen Seite kann sich die eine Seite auch nicht komplett für die andere Seite aufgeben, müssen auch die "jungen Wilden“"zu Zugeständnissen und Kompromissen bereit sein. Mir persönlich hat da hin und wieder gefehlt, dass diese Gruppierungen sich für die Argumente der anderen Seite geöffnet haben bzw. ihre Aktionen auch der breiten Masse des Fanverbands erklärend vermittelt haben. In Prinzip schade, da die Jungs ja sehr intelligent sind.
Ein schwieriger Prozess, der m.E. Nur durch lange und intensive Kommunikation irgendwann zu lösen sein wird. Der Anfang ist jedoch gemacht. Wir hätten gerne alle wieder mit in einem Boot, wie es in 2-3 Jahren aussehen wird, lässt sich momentan aber noch nicht absehen.
Derzeit läuft die Kommunikation über das Fanprojekt, regelmäßige Treffen untereinander sind angedacht. Unser Ziel ist es jedenfalls die Kräfte der Fanszene wieder zu bündeln und allen auch klar zu machen, dass ein starker Fanverband auch in ihrem bzw. in aller Interesse ist. Der Verein hat sich hinsichtlich des "ersten Ansprechpartners" innerhalb der Fanszene klar positioniert und dieser Verantwortung wollen wir auch gerecht werden, gerade hier ist es schade, dass man seitens der Ausgetretenen auf eine aktive Mitgestaltung verzichtet, auch ihre Stimmen sind hier wichtig und nötig. Sonst schwächt es nicht nur die Stimme des Fanverbands sondern auch ihre eigenen. Fakt ist, dass wir uns alle dem verbindenden Faktor, nämlich Fans des Rasenballsport zu sein, bewusst sein müssen. Am meisten bewegen können wir zusammen.
Ein weiterer großer Vorteil ist, dass bei RBL noch vieles im Fluss ist, die Strukturen wachsen noch, die Möglichkeiten diese zu gestalten sind noch viel eher vorhanden als bei schon lange bestehenden Klubs. Die Möglichkeit, den Fanverband und die Beziehung zwischen Fanverband und Verein aktiv mitzugestalten, sollte man sich nicht entgehen lassen.
Neben den jungen Wilden sind ja auch noch andere Fanclubs ausgetreten. Z.B. die Gründungsmitglieder des Fanverbands, die Bennewitzer, LE Bulls und zuletzt auch die Delitzscher. Wie seht ihr diese Austritte? Gibt es da auch Gespräche?
Die Bennewitzer und die LE Bulls sind ja nun schon vor einiger Zeit ausgetreten, natürlich gab es da Kontakte, von unserer Seite aus gibt es für eine Rückkehr auch keine Vorbehalte, nur müssen das die jeweiligen Fanclubs auch selbst wollen. Wir als Fanverband sind in der Pflicht mit Leistung zu glänzen und in diesem Sinne für eine Mitgliedschaft oder Rückkehr zu werben. Es gilt also Fananliegen gegenüber bzw. mit dem Verein umzusetzen.
Was sind aus eurer Sicht die Gründe für die Austritte von Fangruppen? Die Formulierungen der Statements waren ja eher schwammig.
In den Gesprächen mit den Ausgetretenen sind die Karten schon auf den Tisch gepackt worden (persönliche Befindlichkeiten), auch wenn ich der Meinung bin, dass da nicht alles gesagt wurde. Also ja, wir haben da jetzt auch ein besseres Bild von den Gründen.
Repräsentiert der Fanverband nach den Austritten eurer Meinung nach noch die breite Mehrheit der organisierten Fanszene? Gibt es nach den Austritten Veränderungen im Fanverband?
Ja, nur weil die Fanclubs kein Mitglied mehr im Fanverband sind, heißt das nicht, dass wir ihre etwaigen Probleme mit dem Verein ignorieren würden. Wenn sie ein Problem haben, wollen wir auch für sie ein Ansprechpartner sein. Das war vielleicht – aus deren Sicht – nicht immer so, aber das ist unsere Vorstellung. Unser Ziel ist es weiterhin die RB-Fans als Gesamtheit zu vertreten und "das" Sprachrohr der Fanszene gegenüber dem Verein zu sein. Jeder der Kummer hat, kann zu uns kommen.
Geplant ist, über unsere Kanäle (Website, Twitter, Facebook, Email) auch regelmäßige Fragenrunden anzubieten, wo Fans schnell ihre Anliegen an den Fanverband herantragen können. Das haben wir in den letzten Wochen über Twitter bspw. auch schon verbessert und sind da schnell für Anfragen zu erreichen. Insgesamt wollen wir uns im Bereich Kommunikation auch massiv öffnen, wollen mehr Input haben. In den Fanversammlungen fassen wir primär die Fanclubs ab, aber auch die nicht organisierten sollen uns als ersten Ansprechpartner sehen. Auch im Stadion wollen wir mehr Präsenz zeigen, als Fanvertreter können wir auch leicht zwischen den Sektoren wechseln und zusätzlich zu den Umhängekarten wollen wir auch mit Westen oder Armbinden optisch erkennbarer werden. So dass wir nicht nur für die Fanclubs sondern für alle RB-Fans erreichbar sind.
Zuletzt gab es Probleme bei der Kommunikation nach außen (Facebook, MZ Aussagen) – wie wollt ihr das in Zukunft handhaben? Was kann auch zwischen RB-Fans.de (wir berichteten zuletzt kritisch über die Austritte) und dem Fanverband vielleicht besser werden?
Von Seiten RB-Fans.de hätten wir uns ein wenig mehr Fingerspitzengefühl in der Berichterstattung gewünscht. Einfach eine kurze Rückfrage bei uns, statt einer Berichterstattung und eines Kommentars ohne weitere Informationen. Vielleicht können wir das in Zukunft ja gemeinsam verbessern. Auch, um den Fans ein besseres Bild zu geben.
Natürlich wurden auch von unserer Seite Fehler gemacht und war bis vor kurzem die Kommunikation stark ausbaufähig. Das Thema Kommunikation ist nun wie schon angesprochen auf unserer Agenda. Hier sind in der Vergangenheit auch von den Medien Zitate unserer Verantwortlichen recht "sportlich" interpretiert bzw. aus dem Zusammenhang gerissen worden, was den Gesamteindruck auch nicht gerade verbessert hat.
Insgesamt muss aber auch festgestellt werden, dass die kritische Berichterstattung den Verbesserungsbedarf offen gelegt hat und uns insofern auch geholfen hat, die Probleme nun gezielter anzugehen.
Am 12.11. ist Fanversammlung („Alte Messe“, Messehalle 14, 18 Uhr). Kann man sich aktuell noch anmelden? Was würdet ihr Interessierten noch mit auf den Weg geben wollen?
„Kommt alle hin!“ Es wird sicher eine ganz interessante Veranstaltung. ASB, Polizei und Verein (Anm.: Hommel und wohl auch Wolter sind dabei) sind eingeladen, so dass man viele Dinge Vorort klären kann bzw. Informationen aus erster Hand erhält. Die Tagesordnungspunkte sind bereits veröffentlicht.
Es ist einfach für jeden eine gute Möglichkeit seine Anliegen loszuwerden und mal reinzuschnuppern in das große Ganze: Fanverband, Fanszene, Fanversammlung.
Die Fanvertreter werden anwesend sein, aber sich zurücknehmen und nicht moderieren. Es wird natürlich eine Moderation geben, wer das ist, wird aber noch nicht verraten.
Also entweder der MDR, Guido oder Bulli?
(lacht) Bulli können wir schon mal ausschließen!
Bis zum 6.11. konnte man sich zwar offiziell anmelden, aber auch ohne Anmeldung kann man noch teilnehmen. Die vorherige Anmeldung wäre aber auch in Zukunft zu bevorzugen, da wir diese als Grundlage für die Planungen (Lokalität, Catering) benötigen.
Jeder der kommen will, ist willkommen!
Bonusfrage: Gibt es eigentlich einen Grund, wo du sagen würdest: Jetzt reicht es – ich lege mein Amt nieder?
Nein! Es gibt natürlich Momente, wo man persönlich geknickt ist – wie zum Beispiel rund um die Kommunikation zum Bannerthema und den Austritten, aber Hinschmeißen? Nein!
Gibt es noch etwas, was ihr den Fans mitteilen wollt?
Wenn es Probleme gibt: Reden, reden, reden! Es darf nicht eskalieren, es darf nicht so sein, dass man sich in letzter Konsequenz nichts mehr zu sagen hat. Immer den Mund aufmachen.
Wenn es Fragen, Sorgen und Nöte gibt: einfach an uns herantreten, wir sind für euch da!
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führten Rumpelstilzchen und OzzyRBL.
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20161110-special-interview-fanverband-2.html
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