RATLOSIGKEIT – NACH DER 3:4 NIEDERLAGE IN SINSHEIM STECKT RB IN DER KRISE
Leipzig - (24.11.2024) Das Wort Krise schwebt schon seit Längerem im Raum. Nach dem vierten Pflichtspiel hintereinander ohne Sieg begann die Phase neuerlicher englischen Wochen bis Weihnachten ernüchternd für das Team um Marco Rose. Die 3:4 Niederlage gegen Hoffenheim bestätigt die seit Monaten mangelhafte Spielkultur.
Vor dem Spiel ist vor dem Spiel
Die Länderspielrunde ist vorüber und unser Team startete weiterhin von Platz Zwei in den 11. Bundesligaspieltag, jedoch nur noch einen Punkt vor der starken Eintracht aus Frankfurt. Leider kamen nicht alle Spieler heil aus der Länderspielpause, so dass sich das Lazarett vergrößerte. Marco Rose musste in Hoffenheim neben den langzeitverletzten Xavi Simons, David Raum, Xaver Schlager nun auch auf Yussuf Poulsen, Chad Bitshiabu und Eljif Elmas verzichten, die sich bei ihren Länderspieleinsätzen verletzten. Dafür kehrte der zuletzt angeschlagene Castello Lukeba ins Team zurück.
Hoffenheim indes mit dem Rücken zur Wand stehend und mit einem neuen Trainer. Für Marco Rose und sein Team kein leichtes Unterfangen gegen die abstiegsgefährdete TSG, da diese nicht nur mit einem neuen Trainer auftreten können, sondern auch mit einer neuen Mentalität und womöglich neuen Spielstruktur. Beide Teams waren in ihren letzten Pflichtspielen nicht gerade erfolgreich unterwegs. Die TSG seit drei Spielen tor- und sieglos und die Leipziger Seite mit zwei Niederlagen und einem torlosen Remis im Gepäck. Marco Rose zeigte sich zumindest taktisch wieder flexibel und ließ mit einer Abwehrdreierkette agieren.
• Muskelverletzungen bei Yussuf #Poulsen & El Chadaille #Bitshiabu - wochenlanger Ausfall für beide Spieler. Auch Eljif #Elmas hat es muskulär bei der Nationalmannschaft erwischt.
— Philipp Hinze (@philipphinze24) November 20, 2024
• Für David #Raum & Xaver #Schlager könnte es im Dezember für Einsatzminuten reichen.
•… pic.twitter.com/h2R2oMoxc2
Viele Verletzungssorgen, aber sie sind nicht der einzige Grund für die sportliche Talfahrt.
Dreisatz des Spiels
Das Spiel begann so, wie es auch aufhörte und fügte sich nahtlos ins Muster der vergangenen Partien ein. Wie in Dortmund und gegen Gladbach zeigte man auch gegen Hoffenheim eine sehr anfällige Spielanlage, die es dem Gegner ermöglichte, gleich von Beginn an des Spiels viel Druck auszuüben. Dass die Gegner es mehrheitlich schaffen, über die gesamte Saison hinweg sich stets viele Möglichkeiten zum Torabschluss herauszuarbeiten, ist ein neues negatives Kriterium, welches es so in diesem Ausmaße bei RB noch nicht gab. Einst waren es zu einem bestimmten Zeitpunkt unter Ralph Hasenhüttl durchschnittlich 13 gegnerische Torschüsse auf den Leipziger Kasten, so sind es seit dem 32. Spieltag der vergangenen Saison schon 16! Wohlgemerkt, in den vielen guten Phasen aller bisherigen Bundesligatrainer bei RB waren es durchschnittlich 50% weniger (8).
Dass das Team von Marco Rose fast das gesamte Spiel über nur hinterherlief und reagierte, während man Hoffenheim ca. zwei Drittel der Spielzeit hinweg den Ball überließ, stellt einen neuen Tiefpunkt dar. Unser Team ist nicht mehr genügend in der Lage, den Ball in den eigenen Reihen zu halten und erst recht nicht in der Lage, das eigene Offensivspiel gewinnbringend zu gestalten. Abgesehen von unserer individuellen Qualität (u.a. Antonio Nusa) gelingt es dem Team nicht mehr über den eigenen Ballbesitz eine Teamleistung auf den Platz zu bringen. Hauptmanko ist hier die fehlende Laufarbeit oder die fehlende Laufbereitschaft (?) und womöglich das fehlende Wissen im Verbund der ballnahen Spieler Offensivaktionen zu kreieren.
Schließlich reichen auch keine drei Führungen mehr wie gegen Hoffenheim, wenn der Gegner im Stande ist, stets einfach mehr in die Laufarbeit zu investieren und sich so immer wieder ins Spiel zurück kämpfen darf. Hoffenheim, vor dem Spieltag auf Platz 15 stehend, war uns in allen Belangen überlegen. Jeder noch so statistische Wert belegt diese Tatsache und auch in Sachen Mentalität. Letzteres hinterlässt ein großes Fragezeichen. Es gibt keinen Leitwolf, der vorangeht, seine Mitspieler an den Haaren packt und mal lauthals auf den Tisch haut. Es ist zu still im Team, kein gegenseitiges Aufmuntern, keinen bedingungslosen Fight um jeden Ball und um jeden Zentimeter auf den Rasen. Am Ende steht eine verdiente 3:4 Niederlage, die man nur durch individuelle Qualität hätte wieder verhindern können, aber als Team längst nicht mehr zu überzeugen weiß.
Übles Spiel, im dem RB nur dank Nusa überhaupt ne Chance hatte. Wie schon mal gesagt: diese Mannschaft ist auf praktisch allen Ebenen des Fußballs komplett lost. Mir egal wie, aber das kannst du so nicht (nun schon Wochen und Monate) laufen lassen. #tsgrbl
— rotebrauseblogger (@rotebrauseblog) November 23, 2024
Marco Rose nach dem Spiel: „Neben dem Ergebnisproblem ist das auch ein Leistungsproblem. Zu wenig Zweikampf, zu wenig Schärfe, zu wenig Wehren, zu wenig Feuer. Qualität ist da. Den Schuh muss ich mir als Trainer anziehen. Wenn ich es nicht schaffe, meiner Mannschaft vor dem Spiel genug Feuer und Schärfe zu verleihen, haben wir eine unruhige Zeit vor uns. Das ist meine Verantwortung. Es wäre heute hier wichtig gewesen, Signale auszusenden, und das haben wir nicht geschafft. Vier nicht gewonnene Spiele bedeuten etwas, das schafft Unruhe.”
Aufgefallen
1) The trend is not your friend – Da ist sie nun, die erste Ergebniskrise in der Bundesligasaison, während man diese schon in der Champions League hautnah erfahren durfte. Seit dem 32. Spieltag der vergangenen Saison können unsere Rasenballer an die zuvor oft besseren Spiele nicht mehr anknüpfen. Drei Remis am Ende der letzten Saison, vier Niederlagen in der Champions League, zwischendurch zwei Nullnummern und nun drei sieglose Spiele in der Bundesliga hintereinander. 20 Pflichtspiele sind das bei einem Punkteschnitt von nur 1,5. Zudem stehen Ø11,4 eigene Torschüsse zu 16 gegnerischen Torschüssen pro Spiel gegenüber sowie Ø1,52 zu erwartende Tore (xG) zu 1,75 erwartbare Gegentreffer (xGA). Das sind die markantesten Anzeichen, wohin die Tendenz seit Längerem sich unübersehbar hinbewegt hat und nur durch teils glücklich zustande gekommene Siege kaschiert werden konnte.
2) schwache Laufarbeit - Nur 111,05 gelaufene Kilometer (Quelle: Kicker) = 6 Kilometer weniger als Hoffenheim. Und dass trotz weniger Ballbesitz! Die Bayern liefen an diesem Spieltag mit 71% Ballbesitzanteilen ganze 13,85 Kilometer mehr als Team (124,9 km). Bayer 04 Leverkusen machte es noch besser und lief bei 73% Ballbesitz 126,4 Kilometer als Team und somit 15,35 km mehr als unsere Rasenballer. Das sind WELTEN! Sowohl Leverkusen als auch Bayern zeigen, wie man über Ballbesitz läuferisch überzeugen, Spielzüge kreieren und somit den Ballführenden stets unterstützen kann. All das wird bei uns schmerzlich vermisst, der Ballführende bleibt eine arme Sau.
Was soll man noch sagen?
— Niklas (@gNiklas43) November 23, 2024
Die Probleme sind klar und Rose bekommt sie seit einem Jahr nicht gelöst.
Diese sportliche Zumutung kann man sich eigentlich nicht weiter ansehen.#RBLeipzig #TSGRBL https://t.co/BDE4zySzSM
3) Mangelnde Spielidee - Was schon seit Längerem bekannt und sichtbar ist, ist die fehlende Spielkultur. Offensichtlich wird sie mangelhaft trainiert und kann von den Spielern nicht ausreichend umgesetzt werden. Es fehlt jegliche Laufbereitschaft und somit das Grundfundament im Verbund der Mitspieler, um Spielzüge kreieren zu können. Sieht man bei Top-Mannschaften oft gleich mehrere Spieler, die spielerisch an Offensivaktionen beteiligt sind, so liegt das Hauptaugenmerk bei uns oft in der individuellen Qualität und somit in Einzelaktionen Torchancen herauszuarbeiten. Fehlt einmal diese individuelle Qualität in Person von Dani Olmo und Xavi Simons, so gibt es keine weitere Option mehr unter Marco Rose über (spielerische) Umwege zum Ziel zu kommen.
4) Die beste Abwehr der Liga? – Viele Statistiker und Berichterstatter hielten sich bisher permanent nur an den wenigen Gegentreffern fest und gingen nicht auf die eigentlichen Ursachen ein. Ein Péter Gulácsi, der uns schon ein ums andere Mal die Zähler mit Glanzparaden rettete, individuelle Rettungsaktionen durch Castello Lukeba und Willi Orban oder das Unvermögen der gegnerischen Mannschaften, die ihre Torchancen nicht nutzen konnten, wurden verkannt und nicht einbezogen. Dieses Mal traf der Gegner Hoffenheim, der insgesamt 20 Mal auf unser Kasten schießen durfte und durchaus auch noch mehr Tore hätte erzielen können. Ja das hätten auch Union Berlin und St. Pauli zuvor schon erreichen können oder auch ein VfL Bochum gegen uns. Vier Gegentreffer gab es seit Jahresbeginn nicht mehr und damals war es der VfB Stuttgart, der uns fünf Tore einschenkte beim 2:5.
5) Kampl & Vermeeren - kein gutes Tandem. Ein defensives Mittelfeldtandem, welches zusammen nur 8 Zweikämpfe im Spiel bestritt und dabei lediglich 2 Zweikämpfe gewinnen konnte (25%) ist kein guter „Staubsauger“ vor der Abwehr, zumal auch die Geschwindigkeit beider Spieler grundlegend keine Gute ist. Auch Nicolas Seiwald konnte nach seiner Einwechslung nur einen von drei seiner Zweikämpfen gewinnen. Schmerzlich vermisst wird das Tandem Schlager/Haidara, unverletzt und in Höchstform. In positiver Erinnerung blieben die Abläufe durch Xaver Schlager, der mit Geschwindigkeit dem Gegenspieler Paroli bot und ihn beim Offensivspiel stören konnte.
Damit hat sich auch das letzte Märchen einer funktionierenden Abwehr verabschiedet #tsgrbl
— GordonShumway™ (@bumbumbastisch) November 23, 2024
6) Was ist mit Benjamin Sesko los? - Wir alle wissen, wie stark er eigentlich ist und Spiele entscheiden kann. Seine Qualität ist unumstritten und höchstwahrscheinlich ist er mit Loïs Openda einer der Leidtragenden unter der aktuellen mangelhaft vorgetragenen Spielweise unter Trainer Marco Rose. Lediglich ein Torschuss steht für ihn zu Buche gegen Hoffenheim und diese Spiele häufen sich in letzter Zeit immer mehr für ihn. Es fehlen spielerische Abläufe sowie Flanken, die auf ihn zugeschnitten sind und ebenso die fehlende individuelle Qualität um ihn herum, die einst ein Dani Olmo oder Xavi Simons ausfüllten und Tore für ihn vorbereiteten. Drei Torschüsse aus den letzten drei Bundesligaspielen ist keine gute Quote für ihn.
7) Fehlende Mentalität und fehlende Kräfte? – Es ist seit einigen Spielen auch schwer zu ertragen, dass unsere Mannschaft aber auch gar nichts mehr zuzusetzen hat, wenn es mal nicht so gut läuft. Es ist schmerzlich anzusehen, wie unsere Spieler still bleiben und sich dem Schicksal hingeben. Viele wirken insbesondere zum Ende des Spiels hin saft- und kraftlos, obwohl der Gegner viel mehr im Spiel investierte. Es ist eine gewisse Ratlosigkeit erkennbar, kein Aufbäumen, keine hohe Laufbereitschaft und auch kein Wille mehr, noch mehr zu kämpfen. Die Spiele werden nur noch unkontrolliert und unkonzentriert zu Ende gespielt, so dass man als Zuschauer und Fan sich verwundert die Augen reibt. Was ist mit der Mannschaft passiert?
8) Lichtblick: Antonio Nusa – 2 Torvorlagen, 2 Torschussvorlagen und 1 erzieltes Tor. Eigentlich der Man oft he Match des Spiels auf RB-Seite. Wie in den Länderspielen zuvor, konnte er auch diesmal mit seiner individuellen Stärke überzeugen und vor allem für Torgefahr sorgen. Ohne seine Kreativität, Dribbel- und Abschlussstärke sehe es noch viel düster aus um unseren Rasenballsport.
Einziger Lichtblick in diesem Spiel: Antonio Nusa mit zwei Assists und einem Tor.
Marco Rose
Stimmen die Ergebnisse nicht mehr, so stellt sich auch schnell die Frage nach dem Trainer, der das schwächste Glied im Verbund ist. Neue Spieler können nicht mehr geholt und bisherige nicht mehr abgegeben werden, sodass der Trainer mit seinem Trainerstab die Hauptverantwortung trägt. Schon seit Langem ist der Spielvortrag nicht mehr von Geschwindigkeit und Pressing geprägt, was die Bosse auf den Plan ruft, aber hauptsächlich auch taktisch, spielerisch sehr limitiert gewesen. Das Spiel unserer Rasenballer ist vorausschaubar und mit wenig Tempo vorgetragen, zudem sehr fehlerbehaftet und instabil, was einst schon einem Jesse Marsch zum Verhängnis wurde.
Es sieht ganz danach aus, dass Marco Rose sein Team immer weniger erreicht, nichts Neues ihm beibringen und vor allem nicht zu mehr Leistungsfähigkeit anstacheln kann. Die Spieler wirken zurzeit immer ideen- und kraftloser. Keiner im Team geht lautstark voran. Eine Zurückhaltung, die mehr Fragen als Antworten zurücklässt. Das Team wirkt in allen Belangen konsterniert, ohne Lösungen parat zu haben, diese umsetzen zu können.
Den Schuh muss sich Marco Rose anziehen, dass sein Team so einen Abwärtstrend vorzuweisen hat, der schon seit 20 Pflichtspielen vorherrscht. Aber nicht nur, denn die Kaderbreite ist auch Sache der sportlichen Vereinsführung.
Pressekonferenz nach dem Spiel
Fazit und Ausblick
Am Dienstag wartet schon die nächste Hürde in Form von Inter Mailand in der Champions League. Inter hatte am Wochenende 5:0 bei Hellas Verona gewonnen, während unsere Rasenballer mit vier Gegentoren eine Niederlage in Hoffenheim hinnehmen mussten. Mit vier Niederlagen und einen sehr schweren Restprogramm in der Königsklasse erwartet kaum noch Jemand einen souveränen und erfolgreichen Auftritt gegen die starken Italiener.
Man muss aufpassen, nicht komplett den Faden zu verlieren und in Mailand unter die Räder zu kommen. In Anbetracht der weiteren Spiele bis zu Weihnachten gegen starke Gegner wie Aston Villa, Sporting Lissabon und zwei Mal Eintracht Frankfurt sowie Bayern München, könnte die derzeitige Unruhe noch größere Ausmaße annehmen.
In der Bundesliga hat man den 2. Platz an Eintracht Frankfurt hergeschenkt und hat nur noch 2 Punkte Vorsprung vor einem Nicht-Championsleagueplatz. Fünf Punkte sind es zu Platz 8 und sechs Zähler zu Platz 10. Es bleibt zu hoffen, dass sich unser Team auf die Grundtugenden berufen kann und die Spiele in den englischen Wochen kämpferisch annimmt.
Kicker – Whoscored – Sofacore – RBL – Bundesliga – FotMob – understat – fbref
TSG 1899 Hoffenheim: Baumann – Kaderabek, Chaves, Nsoki, Prass – Bischof (81. Tohumcu),
Stach, Kramaric (81. Bruun Larsen) – Hložek, Bülter, Tabakovic (61.
Berisha)
RB Leipzig: Gulacsi – Klostermann (46. Geertruida), Orban (C), Castello Jr. –
Henrichs, Vermeeren (60. Seiwald), Kampl (76. Haidara), Nusa –
Baumgartner, Openda (82. Silva), Sesko (60. Ouedraogo)
Bank: Vandevoort (Tor), Zingerle (Tor) – Gebel
Schiedsrichter: Frank Willenborg (Osnabrück)
Tore: 0:1 Willi Orban (16.), 1:1 Adam Hlozek (17.), 1:2 Antonio Nusa (19.),
2:2 Tom Bischof (50.), 2:3 Stanley Nsoki (67.), 3:3 Adam Hlozek (82.),
4:3 Bruun Larsen (87.)
Torschüsse: 20 / 14
Schüsse aufs Tor: 7 / 6
expected Goals: 2,60 / 1,73
Passquote: 84% / 76%
Zweikampfquote: 60% / 40%
Ballbesitz: 60% / 40%
Laufstrecke: 117,90km / 112,29km
Sprints: 243 / 220
Fouls: 14 / 12
Ecken: 4 / 3
Abseits: 1 / 4
Gelbe Karten: Kramaric (75.), Kaderabek (90.)
Zuschauer: 28.023
RBoligei
Permalink:
https://www.rb-fans.de/artikel/20241124-spielbericht-hoffenheim.html
- 1. Bundesliga
- 2024/25
- Antonio Nusa
- Auswärts
- Auswärtsniederlage
- Auswärtsspiel
- Hinrunde
- Krise
- Marco Rose
- TSG 1899 Hoffenheim