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30. Spieltag 1. Bundesliga
Samstag, 20.04.2024, 15:30 Uhr
Ort: Voith-Arena
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XXL-FAN-INTERVIEW MIT JULIAN NAGELSMANN – TEIL 3

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Leipzig - (10.10.2019) Der Beginn einer neuen Ära. Wir haben uns mit unserem neuen Chefcoach getroffen und Julian Nagelsmann vor der englischen Woche am Cottaweg mit Fragen gelöchert. Der letzte Teil der Serie dreht sich um Fragen rund um die Fanszene, Hatespeech, Stadion und Nachwuchs.

Vor der englischen Woche trafen sich unsere Redakteure Rumpelstilzchen und Justgroovy am Cottaweg zu einem Interview mit unserem Neutrainer Julian Nagelsmann. In drei Teilen wurden persönliche Fragen genauso gestellt wie Fragen zur Taktik, Spielsystem und den Neuzugängen. Auch Themen wie Fanszene, Stadion und Nachwuchs kamen zur Sprache. Im ersten Teil unserer dreiteiligen Reihe ging es privat zu, während der zweite Teil ganz taktischen Fragen gewidmet war, stand Nagelsmann uns im Finale Rede und Antwort was Fanszene, Stadion und Nachwuchs betrifft.


Du sprachst zu Beginn davon, was es alles braucht, um eine große Gruppe zu führen. Eine große Gruppe ist natürlich ein schönes Stichwort, wenn wir von der Leipziger Fanszene reden. Was sind denn deine Erwartungen an die RBL Fans?

Die plakativste Erwartung ist natürlich, dass ich mir wünsche, dass das Stadion ausverkauft ist. Es ist einfach schöner, wenn du in einem ausverkauften Stadion spielen kannst. Auf jeden Fall gefällt mir die familiäre Art im Stadion, insbesondere mit den vielen Kindern. Ich finde, dass wir als ganzer Verein ein sehr gutes und positives Bild abgeben und viel Zuspruch erfahren. Und dahingehend spielen unsere Fans natürlich auch eine große und wichtige Rolle.

Was ich mir auch wünsche, dass es weiterhin keine Aggressivität gegen andere Klubs gibt. Wir bekommen selbst hin und wieder noch von einigen wenigen Fans Aggressivität zu spüren bzw. müssen sie lesen. Aber ich finde es eigentlich sehr sympathisch, wenn man sowas von sich abprallen lässt und über den Dingen steht.

Da erwarte ich von unseren Fans nach wie vor, dass wir derartige Aggressivität nicht zeigen und wenn die Gegenseite „Bullenschweine“ ruft, wir nicht mit irgendwelchen Schimpfwörtern kontern, sondern stattdessen wie auch zuletzt gegen Schalke ebenfalls „Bullenschweine“ singen. Wir konzentrieren uns auf uns und die anderen sollen machen, was sie wollen, um ihre Mannschaft zu unterstützen.

Diese Aggressivität ist grundsätzlich einfach furchtbar in unserer Gesellschaft. Neben der Umweltthematik halte ich diese Entwicklung aktuell für am gefährlichsten. Gerade wenn wir jetzt schon im Sport damit anfangen uns verbal oder im Netz zu beleidigen.

Was man da teilweise erlebt, da gehst du an der Haupttribüne vorbei und ein Familienvater, vor sich die zwei Kinder, wirft dir erstmal ein paar „Nettigkeiten“ an den Kopf. Und da fragt man sich dann schon, in was für einer Welt leben wir eigentlich. Der Mann hat noch nie ein Wort mit mir gewechselt, der weiß nichts von mir, wie gehe ich mit Menschen um, wie gehe ich mit meinem Kind um, oder mit meiner Frau, aber er stellt sich hin und schreit Dinge, die ganz weit unter die Gürtellinie gehen. Und das ist, was ich von unseren Fans erwarte, dass solche Dinge weiterhin nicht vorkommen.

Das ist beispielsweise auch das Schöne am amerikanischen Sport, der Fußball ist natürlich nicht zu vergleichen mit Europa, aber wenn du da bist, da siehst du vor dem Spiel die Fans wie sie zusammen auf dem Parkplatz grillen. Ganz entspannt, die Fans von Chicago neben denen von Dallas, machen ein Barbecue, dann geht man rein und alle genießen das Event, genießen ihr Leben, ganz egal ob Basketball, Baseball, Football oder Eishockey, das wird in keinster Weise dazu verwendet seinen Aggressionen freien Lauf zu lassen.

Alle die solche Aggressionen in sich tragen, sollten lieber 20 Minuten durch den Wald joggen gehen, dann haben sie die auf konstruktive Art abgebaut, oder sollten sich mit Dingen beschäftigen die sie begeistern und nicht ins Stadion um Leute zu beleidigen.


Im Internet ist das ja teilweise noch schlimmer, liest du da eigentlich mit?

Ich bin in den sozialen Netzwerken ja nicht vertreten. Meine Schwester schickt mir da teilweise etwas, aber das musste ich ihr mittlerweile verbieten, weil es mich traurig gemacht hat.

Ich habe schon den Anspruch ein anständiger Mensch zu sein und ich glaube, dass ich mit meinen Mitmenschen auch anständig umgehe. Ich habe kein Problem damit, wenn mich jemand kennenlernt und sagt, mit dem komme ich nicht klar, das geht mir ja teilweise auch so. Aber das was man im Internet so zu lesen bekommt, das macht einen schon nachdenklich.

Ich glaube, dass ich ein Mensch bin, der freundlich mit seinen Mitmenschen umgeht und wenn man dann sieht, was auf einen einprasselt, weil man vielleicht in einer PK gesagt hat, dass man nicht auf Silvester steht. Die Leute urteilen dann über dich, aber wenn sie mal durchlesen würden, was sie über dich schreiben, dann würden einige vielleicht merken, wie sehr so etwas auf sie zurückfällt. Deswegen ist es besser, das gar nicht erst zu lesen.


Oder man liest nur vernünftige Artikel. Deswegen die Frage, hast du schon mal einen Artikel auf RB-Fans.de gelesen?

Das habe ich natürlich, keine Frage. Ich habe auf der Seite schon den einen oder anderen Artikel gelesen. Du kannst dich natürlich nicht komplett freimachen, etwas zu lesen, aber die Anonymität im Internet hat mehr Gefahren als Chancen und es wird einfach auch sehr viel Mist geschrieben.


Zur Fanszene noch eine Frage. Es gab die Idee nach dem Spiel zuerst in die Kabine zu gehen, das wurde bisher sehr zur Freude der Fans nicht so praktiziert. Gab es da ein Umdenken, oder wie kam das?

Wir entscheiden das relativ spontan. Ich halte nichts davon eine Sache vorzugeben und dann Leute zu enttäuschen. Ich stelle lieber diesen Vorschlag in den Raum und die Vorteile für uns als Team. Ich kann aber auch die Fanseite total verstehen, dass ihnen das dann zu lange dauert. Aber meine Kabinenansprachen sind meist auch nicht sehr lang.

Du hast einfach aufgrund von Übertragungs- und Interviewrechten teilweise nach dem Spiel sonst keinen Zugriff mehr auf die Mannschaft. Besonders wenn du alle drei Tage spielst. Gehen die Spieler ihre Runde dauert das 8-10 Minuten, danach kann es sein, dass ich schon zum Interview muss und wenn ich dann zurück bin, ist die Kabine leer. Am nächsten Tag haben die Spieler vielleicht frei und dann steht schon die nächste Spielvorbereitung an. Da hast du tatsächlich manchmal keinen Zugriff mehr, um die Dinge anzusprechen, die gut oder schlecht liefen, was dann verpasste Chancen für eine Weiterentwicklung des Teams sind.

Meinem Gefühl nach sind am Ende des Tages die Fans vielleicht noch glücklicher über gewonnene Spiele und eine positive Mannschaftsentwicklung als über ein Mal in die Kurve kommen und winken, aber wie gesagt, ich kann das nachvollziehen und wir versuchen dem auch möglichst immer gerecht zu werden. Nur für mich als Trainer und für die Mannschaft ist es am Ende noch wichtiger, die Spiele zu gewinnen. Wenn wir beides hinbekommen, ist es super, wenn es mal nicht so sein sollte, bitte ich die Fans um Verständnis, weil es natürlich nicht darum geht, dass wir nicht dankbar wären, dass sie da sind, denn das sind wir ganz gewiss, sondern um die Entwicklung und die Mannschaft.


Das kann ein goldener Mittelweg sein, zumal es innerhalb der Fanszene schon ein heikles Thema war. Zum Thema Stadion haben wir auch noch eine Frage. Was sagst du zur Schwimmbadoptik im Stadion – hast du schon einmal das Bedürfnis gehabt, in Badekappe zu kommen?

Es gibt sicher schönere Sitzplatzfarben, und auch welche, die noch besser zu unserem Klub passen würden. Doch man sollte auch nicht vergessen, dass die Red Bull Arena in erster Linie für die WM 2006 gebaut wurde – und zum damaligen Zeitpunkt gab es auch keinen Erstligisten. Und ob ein Austausch nun wirklich umweltverträglich oder finanziell angebracht wäre, muss man natürlich auch bedenken. Die Sitze sind ja aus Plastik und aktuell noch gut in Schuss. Ich habe mir das mal von Oliver Mintzlaff vorrechnen lassen, was ein Austausch kosten würde, da geht es um Millionensummen. Und umweltschonend wäre das auch nicht.


Es muss einfach überall ein RB-Fan draufsitzen dann geht es natürlich. Wie nimmst du die Stimmung im Stadion wahr. Es gibt ja deutlich engere Stadien, wir haben mit dem Wall und dem großen Abstand zum Feld auch Probleme echte Fannähe und eine Hexenkesselstimmung zu erzeugen.

Grundsätzlich ist es natürlich schöner für die Fans, wenn sie noch näher am Feld sind. Damit man die Reihen effektiv bis zum Spielfeld runterziehen kann, müsste vielleicht sogar der Platz tiefer gelegt werden. Sonst ist nach vier weiteren Reihen wohl Schluss.

Zur Stimmung, ich hatte ja jetzt noch nicht so viele Heimspiele, aber bisher fand ich die Stimmung immer gut. Es gibt natürlich Stadien in denen es noch lauter ist, aber das liegt meist auch an den baulichen Voraussetzungen. Bis jetzt war die Atmosphäre immer gut und auch besser als bei vielen anderen Klubs.


Eine kurze Frage zum Nachwuchs: Gibt es aktuell Spieler, die sofort, mittel- oder langfristig für die erste Mannschaft infrage kommen bzw. kommen könnten?

Tom Krauß ist da aktuell der interessanteste, der auch ab und zu bei uns mittrainiert und den ich mit am Weitesten sehe. Es gibt schon den ein oder anderen interessanten Spieler. Trotzdem müssen wir auch im Nachwuchs weitere Schritte gehen. Wir haben natürlich im Jugendbereich schon jahrelang die komplett identische Philosophie wie oben. Und trotzdem ist es so, dass du gerade im Nachwuchs schon viel auf die fußballerische Qualität achten musst. Denn das sind am Ende die, die auch oben rauskommen. Du musst hier in meinen Augen Spieler finden, die erstmal gut kicken können und dann die aussortieren, die die Mentalität nicht haben. Und nicht schauen wer die beste Mentalität hat und dann die aussortieren, die nicht kicken können. Das wäre der falsche Weg.

Ich habe zwar schon 6/7 Spiele von der U17 und von der U19 gesehen, aber ich bin da jetzt noch nicht so drin. Daher will ich mir noch nicht anmaßen, dass alles bewerten zu können, weil ich noch keine Trainingseinheit, noch kein Philosophievideo gesehen und noch kein einziges Gespräch mit den Trainern oder Nachwuchsleiter geführt habe. Ich habe aber eine Grundidee davon, wie eine Nachwuchsförderung auszusehen hat, um Profis zu entwickeln und nicht unbedingt nur erfolgreiche Mannschaften.

Es ist auch ein Trugschluss, wenn du glaubst, dass du gute Profis im Nachwuchs entwickelst und dann automatisch auch eine gute Mannschaft hast. Du brauchst neben den Topstars auch so ein paar „Diener“ in den Nachwuchsmannschaften, um erfolgreich zu sein. Du benötigst aber unbedingt diese Topstars im Jugendbereich. Denn nur die werden Profis. Als Erstligaprofi auf unserem Niveau zu spielen, ist zudem auch noch mal schwieriger. Deswegen ist der Schritt, bei uns Profi zu werden, noch mal ein ganz anderer. Daher brauchst du diese Topspieler im Nachwuchs.

In der E- und D-Jugend ist es bspw. wichtig, dass Spieler: Ball annehmen, Dribbeln, 1 gegen 1-Situationen lösen, unter Druck schnelle Entscheidungen treffen, einen Flugball spielen und Tore schießen können sowie eine gute Ballan- und Ballmitnahme besitzen. Da ist es egal, ob sie wissen, wie eine 4er-Kette funktioniert. Das interessiert keinen Menschen, aber du musst dann in der C-Jugend entscheiden, ob ein Spieler den Charakter, die Mentalität und die Motivation hat, auch den Ball zu jagen. Denn dafür musst du eigentlich nicht allzu viel können. Du musst einfach eine geile Mentalität und Herz haben. Das Entscheidende für mich ist: Sie müssen erstmal kicken können und wenn sie dann noch Mentalität haben, sind sie Spieler für uns. Wenn sie nur kicken können und keine Mentalität zum Jagen haben, wird es eher schwierig bei uns. Dass sollte die Reihenfolge sein.

Aktuell ist es schon noch so, dass ich viele Spieler im Nachwuchs mit super Mentalität sehe, aber die am Ball schon mal Probleme haben. Um Profis zu entwickeln, müssen sie erst einmal besseren Fußball spielen können als andere. Die Mentalität kommt dann oben drauf und nicht andersrum.


Und wie ist das mit der U23? Würdest du sie immer noch als wichtigen Schritt sehen, den man als Nachwuchsspieler gehen kann oder ist es in dem Altersbereich eigentlich schon zu spät heutzutage?

Ich habe mit Hoffenheim eine klare Philosophie gehabt, was das angeht: Zwei Jahre U23 und dann verkaufen oder der Spieler schafft den Schritt. Es macht keinen Sinn einen Spieler über mehrere Jahre dort zu haben. Trotzdem ist die Grundidee, ob eine U23 sinnvoll ist oder nicht, immer auch von der Beantwortung der Frage abhängig; Was bist du für ein Klub? Und wenn du mit vielen jungen Spielern arbeitest, kann eine U23 manchmal bei einem gewissen Niveau sinnvoll sein. Die Regionalligen haben eigentlich kein richtiges Niveau dafür. Die 3. Liga hat fußballerisch auch nicht immer das Niveau, dass man sagen könnte, hier könnte sich bspw. ein Candido fußballerisch entwickeln. Aber er entwickelt natürlich eine gewisse Wettkampfhärte. In der 3. Liga zu spielen, ist immer unangenehm und hart. Und dieser Zwischenschritt kann manchmal hilfreich und ggf. gut für manche Spieler sein. Es bringt aber nichts, wenn er dort bis 22 spielt. Manchmal wünscht man sich eine. Aber es gibt eben auch Klubs, die das nicht brauchen und wo es auch nicht sinnvoll ist.


Und zu guter Letzt: Gibt es Fragen von denen du besonders genervt bist?

Grundsätzlich nerven mich Fragen, die zu persönlich auf einzelne Spieler gehen. Denn jemanden persönlich zu arg zu kritisieren oder andererseits zu sehr hervorzuheben ist im Teamsport nicht sinnvoll.


Vielen Dank Julian für dieses ausführliche Interview und viel Erfolg für die kommenden Aufgaben!

Link: Erster Teil
Link: Zweiter Teil

Das Interview führten Justgroovy und Rumpelstilzchen.


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